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04/28/1998 00:00

'Massenunfälle im Nebel' - preiswürdig

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 28.041998 Nr. 86

    Die Rücklichter als Wegweiser

    Ursachen für ,Massenunfälle bei Nebel"

    2. Fritz Thyssen Preis für Bochumer Sozialpsychologen

    Für seine wegweisende sozialpsychologische Studie ,Massenunfälle im Nebel" (Zeitschrift für Sozialpsychologie, 1996) wurde Prof. em. Dr. Peter Schönbach (Sozialpsychologie, Fakultät für Psychologie der RUB) kürzlich der 2. Preis der Fritz Thyssen Stiftung für Sozialwissenschaftliche Aufsätze zuerkannt. Prof. Schönbach beleuchtet darin anhand einer empirischen Befragung die komplexen psychologischen Zusammenhänge von Massenunfällen bei Nebel.

    Komplexe kognitive Prozesse

    Es soll schon vorgekommen sein, daß sich Autofahrer während einer langen Nebelfahrt an die Rücklichter des Vordermannes" hefteten" und irgenwann in einer fremden Garage aus dem Auto steigen mußten. Weniger lustig sieht es oft in praxi aus: Von Massenunfällen bei Nebel, ineinander verkeilten Autos und unverantwortlicher Raserei ist gerade im Herbst immer wieder die Rede. Doch Prof. em. Dr. Peter Schönbach läßt die populäre Meinung von den ,stur und unbekümmert durch den Nebel Rasenden" nicht mehr gelten. Zwar zweifle er nicht daran, daß zu schnelles Fahren mit zu geringem Abstand die Unfallursache sei, doch sei dies die Folge komplexer kognitiver Prozesse und keine bewußte Raserei. Seine Interpretation des ,Massenunfalls bei Nebel" basiert auf einer sozialpsychologischen Analyse, die durch eine Befragung von 1773 Fahrerinnen und Fahrern aus dem gesamten Bundesgebiet gestützt wird.

    Männer fahren riskanter als Frauen

    Für jeden Fahrer üben die Rücklichter des Vorausfahrenden einen Sog und die Scheinwerfer des Nachfolgers einen Druck zur Beschleunigung aus. So schaukelt sich die Geschwindigkeit in der Auto-Kolonne in die Höhe. Da die Fahrer in der Anspannung der Nebelfahrt offensichtlich nicht mehr in der Lage sind, sich die eigene riskante Fahrweise bewußt zu machen - ändert sich auch ihr Verhalten nicht. Selbst bei einem Unfall ist man sich häufig keiner Schuld bewußt. Wie die Studie zeigt, sind Fahrer mit Unfallerfahrung sogar eher der Meinung, daß es besser sei, im Nebel mitzufahren als anzuhalten. Weitere Ergebnisse: Männer neigen im Durchschnitt mehr als Frauen zu riskanten Handlungsalternativen und es gibt Anhaltspunkte für eine höhere Risikobereitschaft bei jungen Männern.

    Nebelschlußleuchten für alle Fahrzeuge notwendig

    Den Autofahrern müsse der Mechanismus ihres unbewußten Verhaltens verdeutlicht werden, so Prof. Schönbach. Möglicherweise könnten wiederholte Fahrversuche im Simulator, einschließlich der Erfahrung eines Auffahrunfalls, und die Erörterung riskanter Fahrweisen helfen. Gegebenenfalls sollte ein entsprechendes Training Bestandteil des Fahrschulunterrichts und der Fahrlehrerausbildung werden. Prof. Schönbach empfiehlt, alle motorisierten Straßenfahrzeuge obligatorisch mit Nebelschlußleuchten auszustatten, um den Anreiz für ein dichteres Auffahren bei schwächeren Rücklichtern zu mindern. Er plädiert außerden dafür, die ,unsinnige" Verordnung, die das Einschalten der Nebelschlußleuchten erst bei Sichtweiten unter 50 Metern erlaubt, aufzuheben. Das Argument, daß Nebelschlußleuchten bei besserer Sicht den nachfolgenden Fahrer blenden könnten, hält er für verfehlt. Ansonsten gilt, mehr Vertrauen in den eigenen Tacho und dann raus aus der Kolonne!

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Schönbach, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie, 44780, Tel. 0234/700-3170


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    Psychology
    transregional, national
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