idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Praesident Prof. Theodor Berchem: "Auf Hochschulreform in dieser Form verzichten"
Der Gesetzgeber soll auf die vorgesehenen AEnderungen im Zuge der geplanten Hochschulreform in Bayern voellig verzichten oder aber die Realisierung von Teilreformen anstreben. Diese Meinung vertrat Universitaetspraesident Prof. Dr. Theodor Berchem in seinem Jahresbericht, den er jetzt vor der Versammlung der Universitaet vorgetragen hat.
Der Praesident ging in seinem Bericht schwerpunktmaessig auf die geplante Novellierung des Hochschulgesetzes ein. Dabei rueckte er den vorgesehenen Hochschulrat in den Mittelpunkt seiner Ausfuehrungen. Seiner Auffassung nach wird mit diesem Hochschulrat ein zusaetzliches Gremium geschaffen, dessen Sachkompetenzen er bestreite. Er bezweifle nicht, so Prof. Berchem, dass es moeglich sei, honorige, faehige und um das Wohl einer Universitaet bemuehte Leute fuer den Hochschulrat zu finden. Das sei aber eine rein pragmatische Frage: "Mir geht es vielmehr um das Prinzip der Autonomie und Selbstverwaltung der Hochschule, denn mit dem geplanten Hochschulrat geht ein enormer Freiheitsverlust einher", der die Frage aufwerfe, ob dieser noch in Einklang mit der im Grundgesetz und der Bayerischen Verfassung festgelegten Freiheit von Forschung und Lehre zu bringen sei.
Dem geplanten Hochschulrat sollen nach dem Gesetzentwurf neben dem Leiter der Hochschule drei Persoenlichkeiten aus der Wirtschaft angehoeren sowie zwei Wissenschaftler, die nicht der betreffenden Hochschule angehoeren duerfen. Sie werden auf Vorschlag der Leitung der Hochschule vom zustaendigen Staatsminister bestellt. Zu seinen Aufgaben gehoert unter anderem die Zustimmung bei Grundsatzfragen und Schwerpunkten des Haushalts der Universitaet und die Zustimmung bei einer Reihe von Beschluessen im Aufgabenbereich des Senats wie zum Entwicklungsplan, zur Gliederung der Hochschule einschliesslich der Gliederung in Fachbereiche sowie in zentrale und sonstige Einrichtungen und zur Einrichtung von Studiengaengen.
Die Spitzenplaetze der bayerischen Universitaeten in Wissenschaft und Forschung, so der Praesident, waeren nicht erreicht worden, wenn die dafuer notwendigen Strukturen und vor allem der dafuer notwendige Sachverstand nicht bereits an den Hochschulen vorhanden waeren. Diese gewachsenen und allemal erfolgreichen Strukturen liefen Gefahr, "nun durch eine Fremdbestimmung zerschlagen zu werden, die allein von der Wirtschaftlichkeit - wie immer diese auch definiert werden soll - bestimmt zu werden droht." Die Einfuehrung des Hochschulrats sei somit "unbegruendet und aufgrund der speziellen Situation unserer Universitaeten nicht zu rechtfertigen."
Mehr als bedenklich sei weiterhin, dass sich der Hochschulrat nicht gegenueber anderen Instanzen oder einem Gremium der Hochschule verantworten muss. Vor diesem Hintergrund bewegten sich die Mitglieder des geplanten Gremiums "in einem fast rechtsentlassenen Raum, der ihnen zahlreiche und weitreichende Rechte zubilligt, ohne Pflichten und Verantwortlichkeiten konkret festzuschreiben."
Das Ergebnis der Einfuehrung des geplanten Hochschulrates waere, sagte Praesident Prof. Berchem vor der Versammlung, "das genaue Gegenteil von dem, was offiziell angepriesen wird: statt mehr Effizienz, Entbuerokratisierung, Deregulierung, Autonomie und Eigenverantwortung fuer die Hochschulen wird es mehr Buerokratie und Regulierung geben; statt mehr Demokratie zu praktizieren, wird mit dem Hochschulrat ein Gremium eingesetzt, dem jegliche demokratische Legitimation fehlt". Somit muesse man die Kernpunkte der Reform als verfehlt und systemwidrig ansehen; mutwillig wuerden funktionierende Strukturen zerstoert und gegen den eigenen Anspruch der Verschlankung des Staatswesens wuerden kuenftige Entscheidungsprozesse durch ein Gremium wie den Hochschulrat nur erschwert.
Criteria of this press release:
Law, Politics
transregional, national
No categories were selected
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).