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Die Zahl der befristeten Arbeitsverträge ist deutlich gestiegen, vor allem bei jüngeren Beschäftigten und Berufseinsteigern, zeigen neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Wenn die Bundesregierung ihre im Kolalitionsvertrag niedergelegten Pläne zum Arbeitsrecht umsetzt, dürften es künftig noch mehr werden. Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Reingard Zimmer, Arbeitsrechtlerin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans Böckler Stiftung. In Konzernunternehmen mit mehreren rechtlich eigenständigen Töchtern könnten praktisch unbegrenzte "Kettenbefristungen" möglich werden, warnt die WSI-Expertin.
Wer bei einem Arbeitgeber einmal beschäftigt war, kann keinen - ohne Sachgrund -befristeten Vertrag von diesem Unternehmen mehr bekommen. Mit dieser 2001 im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) festgeschriebenen Regelung wollte der Gesetzgeber "Befristungsketten" ausschließen: dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten immer abwechselnd befristete Verträge mit und ohne Sachgrund anbieten, um so das Verbot der unbegrenzten Ausdehnung sachgrundloser Zeitverträge zu umgehen.
Laut Koalitionsvertrag soll es künftig wieder möglich sein, unbegrenzt häufig sachgrundlose, befristete Arbeitsverträge mit demselben Arbeitgeber abzuschließen. Zwischen zwei Arbeitseinsätzen müsste lediglich eine Frist von einem Jahr liegen. Die Begründung der Koalition: Berufsseinsteigern würden unnötig Steine in den Weg gelegt, wenn sie nicht - befristet ohne Sachgrund - bei einer Firma anfangen dürften, in der sie während Schul- oder Unizeit schon einmal beschäftigt waren.
Diese Argumentation ist der WSI-Arbeitsrechtsexpertin Zimmer zufolge jedoch nicht überzeugend. Es sei auch heute kein Problem, jemanden befristet einzustellen, der schon einmal in derselben Firma gearbeitet hat - es muss lediglich einen sachlichen Grund dafür geben, schreibt die Juristin in einer aktuellen Analyse. Ein solcher Grund liegt laut TzBfG (Paragraph 14 Absatz 1 Nr. 2) vor, wenn eine Befristung "im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern". Zimmer folgert: "Der Verweis auf die Berufsanfänger ist nur vorgeschoben". Tatsächlich gehe es um einen "Abbau des Kündigungsschutzes durch die Hintertür".
Die Wissenschaftlerin befürchtet, dass die Pläne der Regierungskoalition es zumindest großen Unternehmen ermöglichen, "befristete Arbeitsverhältnisse unendlich auszudehnen". Das könnte nach diesem Muster geschehen: Ein Arbeitnehmer wird im Konzernunternehmen A für zwei Jahre befristet beschäftigt. Anschließend wird er für ein Jahr in der Tochtergesellschaft B eingestellt. Dann beginnt das Ganze von vorn. So könnten Beschäftigte jahrelang im selben Konzern arbeiten, ohne dass für sie jemals das Kündigungsschutzgesetz gilt.
Die Ausweitung befristeter Beschäftigung habe auch Folgen, die über die konkrete Gestaltung des Arbeitsvertrags hinausgehen, warnt Zimmer: Beschäftigte, die auf eine unbefristete Stelle hoffen, scheuen sich oft, Ihre Rechte wahrzunehmen - "sei es in Bezug auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes, Urlaubsansprüche, tarifliche Lohnansprüche, Krankschreibung oder hinsichtlich der Kandidatur für den Betriebsrat".
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Criteria of this press release:
Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
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