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06/28/2010 16:33

Nach dem Vorbild von Muscheln und Schmetterlingsflügeln

Klaus P. Prem Presse - Öffentlichkeitsarbeit - Information
Universität Augsburg

    Des neue Inhaber des Augsburger Lehrstuhls für Festkörperchemie, Prof. Dr. Dirk Volkmer, ist Spezialist für Biomimetische Strategien.

    Augsburg - Der durch den Wechsel von Prof. Dr. Armin Reller auf einen neu geschaffenen Lehrstuhl für Ressourcenstrategie vakant gewordene Lehrstuhl für Festkörperchemie am Institut für Physik der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät ist zu Beginn des laufenden Sommersemesters mit Prof. Dr. Dirk Volkmer neu besetzt worden. Volkmers Spezialgebiet ist die Entwicklung funktionaler Materialien nach biologischem Vorbild. "Mich interessiert in erster Linie die Biomineralisation, also die Übertragung biologischer Struktur- und Synthesestrategien auf technische Systeme, und ganz speziell bin ich in diesem Zusammenhang der Biosynthese von Perlmutt auf der Spur", erläutert der Chemiker. Bereits als Habilitant wurde er für seine Forschungen mehrfach ausgezeichnet. 2002 erhielt er den Travel Award des German-American Frontiers of Chemistry Symposium und den Young Investigator Award der Gordon Research Conference. 2008 folgte der Merckle-Forschungspreis. Die Anwendungsnähe seiner Forschung wird durch Volkmers Zusammenarbeit mit namhaften Industrieunternehmen belegt.

    Dirk Volkmer, Jahrgang 1965, studierte 1984 bis 1991 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und wurde 1994 dort auch promoviert. In seiner Habilitationsphase war er in den Jahren 1995 bis 2004 Stipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, des Fonds der Chemischen Industrie, der Minervastiftung sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Er arbeitete in dieser Zeit an der Universität Louis Pasteur in Straßburg, am Weizmann Institute of Science in Rehovot (Israel) und an der Universität Bielefeld, an der er Anfang 2004 die venia legend für Anorganische Chemie erhielt. Im selben Jahr vertrat er Professuren zunächst in Paderborn, dann in Ulm, daran anschließend folgte er einem Ruf auf eine Professur für Anorganische Chemie an der Universität Ulm. Über drei Jahre leitete Volkmer in Ulm kommissarisch überdies das "Institut für Materialien und Katalyse" an der Universität Ulm. Mit Beginn des Sommersemesters 2010 wechselte Volkmer auf den Augsburger Lehrstuhl für Festkörperchemie.

    Übertragung biologischer Struktur- und Synthesestrategien auf technische Systeme

    Volkmer befasst sich mit der Übertragung biologischer Struktur- und Synthesestrategien auf technische Systeme. "Biologische Organismen", so Volkmer, "haben im Laufe der Evolution eine Fülle von Materialien entwickelt, die als Vorlage für innovative Konstruktionswerkstoffe, aber auch für Anwendungen im Bereich der Medizin interessant sind." Ein anschauliches Beispiel für derartige Strategien liefert die Biomineralisation. Mineralisierte Hartgewebe sind im Tierreich weit verbreitet. Beispiele dafür sind die Knochen der Wirbeltiere oder Schalen der Weichtiere (Mollusken). "Speziell die auffällig irisierende Perlmut-Innenseite der Muschelschalen hat es in sich", erläutert Volkmer: "Perlmutt ist ein Kompositmaterial aus Calciumcarbonat, aus Kalk also, und einem sehr geringen, aber entscheidenden Anteil spezialisierter organischer Moleküle. Diese Moleküle übernehmen verschiedene Aufgaben: Sie gliedern den Raum, in dem die Mineralisation der Schale erfolgt, sie prägen die Form der mikroskopischen Kristalle und verkleben diese untereinander zu einem äußerst zähen und korrosionsbeständigen Kompositwerkstoff, der mit dem brüchigen Mineralbaustoff Kalk nur wenig gemein hat." Trotz langjähriger und intensiver Bemühungen ist es bisher noch nicht gelungen, das Geheimnis der Biosynthese von Perlmutt vollständig zu erforschen. Allerdings haben neuere Untersuchungen - auch aus Volkmers Labor - entscheidende neue Erkenntnisse geliefert.

    Bisher ging man allgemein davon aus, dass sich die geordnete Perlmuttstruktur durch gerichteten Aufwuchs von Calciumcarbonat-Kristallen auf eine präorganisierte organische Matrix ergibt, die dafür eine Art Blaupause liefert. Diese Lehrmeinung ist nach den genannten neueren Erkenntnissen nicht mehr haltbar: Volkmers Arbeitsgruppe gelang vor einiger Zeit der Nachweis, dass die spezielle Kristallform der Aragonitkristalle im Perlmutt durch einen Transformationsprozess nachgebildet werden kann, bei dem "flüssiges", durch geringe Zusätze organischer Makromoleküle an der Kristallisation gehindertes Calciumcarbonat eine entscheidende Rolle spielt. Der Vorteil gegenüber dem Aufwuchs von Kristallen besteht darin, dass sich das "flüssige" Calciumcarbonat in jede beliebige Form bringen und sich dann wieder in formgeprägtes kristallines Material umwandeln lässt.

    Breites Anwendungsspektrum

    In einfachen Modellsystemen konnte Volkmers Arbeitsgruppe bereits zeigen, dass sich mit solchen biomimetische Strategien perlmuttartige Oberflächen herstellen lassen. Diese Modellstudien werden derzeit in Pilotprojekten weiterentwickelt mit dem Ziel, biomimetische Verarbeitungs- und Prozesstechnologien für technisch relevante Systeme nutzbar zu machen. Das Spektrum potenzieller Anwendungen reicht von korrosionsbeständigen Beschichtungen über kratzfeste Autolacke und Leichtbauwerkstoffe bis hin zu neuartigen Knochenersatzwerkstoffen. Dementsprechend intensiv ist Volkmers Kooperation mit namhaften Industrieunternehmen.

    "Die Entwicklung innovativer Materialien nach dem Vorbild von Muschelschalen ist aber nur ein Beispiel für biomimetische Verfahrensstrategien", so Volkmer. Seine Arbeitsgruppe verfolgt derzeit verschiedene vergleichbare Projekte, unter anderem die Entwicklung künstlicher Blätter zur Nachahmung der Photosynthese von Blattpflanzen oder die Herstellung mikrostrukturierter Oberflächen nach dem Vorbild von Schmetterlingsflügeln.
    ___________________________________________

    Kontakt und weitere Informationen:

    Prof. Dr. Dirk Volkmer
    Lehrstuhl für Festkörperchemie
    Institut für Physik der Universität Augsburg
    Universitätsstraße 1
    86159 Augsburg
    Tel.: +49 (821) 598-3006
    dirk.volkmer@physik.uni-augsburg.de


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    Spezialist für Biomimetische Strategien: Prof. Dr. Dirk Volkmer, neuer Inhaber des Augsburger Lehrstuhls für Festkörperphysik.
    Spezialist für Biomimetische Strategien: Prof. Dr. Dirk Volkmer, neuer Inhaber des Augsburger Lehrst ...

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    Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Bruchkante aus der Perlmuttschicht von Haliotis iris (ca. 4000-fache Vergrößerung). Die gleichförmige Ausrichtung der tafelförmigen Aragonitkristalle bewirkt den irisierenden Glanz der Perlmuttschicht, ist aber auch für deren außergewöhnliche Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit verantwortlich.
    Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Bruchkante aus der Perlmuttschicht von Haliotis iris ( ...

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    Criteria of this press release:
    Chemistry, Materials sciences, Physics / astronomy
    transregional, national
    Personnel announcements, Research projects
    German


     

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