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11/18/1997 00:00

Anschläge in Ägypten

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Jenaer Orientexperte warnt vor Aegypten-Hysterie: Anschlaege sind Folge sozialer Umbrueche

    Jena (18.11.97). Vor einer AEgyptenhysterie warnt der Islamwissenschaftler Prof. Dr. Tilman Seidensticker von der Universitaet Jena. Wenn die Touristen das Land am Nil nun mieden, haetten die fundamentalistischen Terroristen ihr Ziel erreicht, den Staat wirtschaftlich zu schwaechen und die Regierung zu destabilisieren. "Bei aller verstaendlichen Beunruhigung: Das Ausmass der Bedrohung ist subjektiv unter dem Eindruck der Anschlaege viel groesser als objektiv", so Seidensticker. "Aber das Risiko muss selbstverstaendlich jeder Reisende fuer sich selbst abwaegen."

    Der "Dschihad", der "heilige Krieg", diene den radikal-religioesen Gruppierungen in AEgypten letztlich nur als Vorwand, um Politik auf dem Hintergrund Industrialisierung und Modernisierung zu machen. "Dass saekulare Regierungen als heidnisch diffamiert werden, erleben wir erst etwa seit der Mitte dieses Jahrhunderts", erlaeutert Seidensticker, der in Jena u. a. ein Forschungs-projekt ueber islamisch motivierte Selbstmordattentate betreibt. Im Koran selbst lasse sich fuer diese "Hilfskonstruktion" keine hinreichende Basis erkennen. Der Dschihad sei nach heute vorherrschender Ansicht als Verteidigungskrieg gerechtfertigt, nicht aber als Attacke auf Unglaeubige. Nach dem Verstaendnis der klassischen Mystik, das weithin akzeptiert ist wird er in erster Linie als persoenlicher Kampf gegen niedere, unmoralische Triebe verstanden.

    Formal werfen die Fundamentalisten der aegyptischen Regierung Verletzungen von traditionellen Kultus- und Rechtsnormen vor. Aber auch wenn religioeser Fundamentalismus zu einem Regierungswechsel fuehre, liessen sich - wie das Beispiel Iran zeige - die gesellschaftlichen Umbrueche im Lande nicht aufhalten. Es sei daher vor allem Aufgabe der westlichen Aussenpolitik, den aufgeschlossenen Staaten im Orient bei einer vertraeglicheren Gestaltung der sozialen Umbrueche zu helfen, fordert Seidensticker. "Mit wirtschaftlich oder politisch motiviertem Opportunismus hingegen kommen wir nicht weiter."

    Ansprechpartner Prof. Dr. Tilman Seidensticker, Institut fuer Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients der Universitaet Jena, Tel.: 03641/944865


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    Social studies
    transregional, national
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