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Wissenschaft
Zum Jahreswechsel werden sie wieder aktuell: Die guten Vorsätze. Ob wir den nötigen Durchhaltewillen aufbringen, sie auch umzusetzen, hängt wesentlich davon ab, wie wir über die Willenskraft denken. Die Chancen, erfolgreich zu sein, steigen, wenn wir in ihr eine unversiegbare Quelle sehen. Die neuen Forschungsergebnisse von Veronika Job, Motivationspsychologin der Universität Zürich, widerlegen bisher gültige Annahmen und können den Menschen auch bei der Umsetzung ihrer guten Vorsätze helfen.
Eine Diät halten, sich von unliebsamen Gewohnheiten verabschieden oder weniger fernsehen – immer, wenn es darum geht, Impulse oder Wünsche zu unterdrücken, um ein Vorhaben umsetzen zu können, braucht der Mensch Willenskraft, respektive – präziser – Selbstkontrolle. Dabei scheint die Selbstkontrolle umso schwieriger zu werden, je mehr man davon bereits aufgewendet hat. Nach einem anstrengenden Arbeitstag auf Erholung und Fernsehen zu verzichten, um beispielsweise die Steuererklärung auszufüllen, ist deshalb für viele Menschen besonders schwierig.
Die Theorie, dass es sich bei der Selbstkontrolle um eine limitierte Ressource handelt, die sich aufbraucht, dominierte auch die Forschung zur Selbstkontrolle der letzten fünfzehn Jahre. Experimente hatten entsprechend gezeigt, dass bei Personen, die aufeinanderfolgende Aufgaben zu lösen hatten, die Selbstkontrolle erforderten, Leistungseinbussen auftreten.
Zu neuen Erkenntnissen gelangt nun Veronika Job, Psychologin der Universität Zürich: Zusammen mit Kollegen der Stanford University konnte sie zeigen, dass eine entscheidende Rolle spielt, was Menschen über Willenskraft denken: Menschen, die glauben, dass Willenskraft eine limitierte Ressource ist, haben bei kontinuierlicher Beanspruchung auch tatsächlich Schwierigkeiten. Personen hingegen, die davon überzeugt sind, dass Willenskraft unlimitiert verfügbar ist, können sich auch bei wiederholter Beanspruchung gut selbst kontrollieren. Diesen Einfluss des Denkens auf die Fähigkeit zur Selbstkontrolle zeigen eine Reihe von drei Experimenten sowie eine Längsschnittstudie.
Willenskraft erschöpft sich nicht
In einem ersten Experiment wurde mittels Fragebogen erhoben, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Willenskraft denken. Sie gaben an, ob sie Aussagen zustimmten wie: «Nach einer anstrengenden mentalen Tätigkeit ist meine Energie erschöpft und ich muss mich erholen, um sie wieder aufzutanken.» Anschliessend hatten sie eine Reihe von Aufgaben zu lösen, die Selbstkontrolle erfordern. Unter anderem mussten sie in einem Text den Buchstaben «e» durchstreichen oder die Farbe von Wörtern benennen, wobei die Bedeutung des Wortes häufig nicht mit der Farbe der Schrift übereinstimmte (z.B. war das Wort «rot» in grüner Farbe geschrieben).
Das Experiment zeigte, dass in den jeweiligen Folgeaufgaben ausschliesslich jene Personen schlechter abschnitten, die glauben, dass Willenskraft durch ihren Einsatz verbraucht wird, dass sie durch Anstrengung weniger wird. Personen hingegen, die davon überzeugt sind, dass Willenskraft nicht verbraucht wird, zeigten keine Leistungseinbussen.
In zwei weiteren Experimenten wurde diese Versuchsanordnung wiederholt, mit dem Unterschied, dass den Teilnehmenden eine der beiden Sichtweisen suggeriert wurde. Hierzu wurden Fragebogen konstruiert, die eine der zwei Grundhaltungen (Willenskraft ist limitiert versus nicht limitiert) stark hervorhoben und eine Zustimmung nahelegten. Auch hier zeigte sich, dass bei den aufeinanderfolgenden Selbstkontrollaufgaben nur jene Personen schlechtere Leistungen erbrachten, die dahingehend beeinflusst wurden, zu glauben, dass Willenskraft eine limitierte Ressource ist.
In einer letzten Studie wurden Theorien über Willenskraft in ihrer Bedeutung für das alltägliche Leben von Studierenden untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Glaube, Willenskraft sei keine limitierte Ressource, Studierenden in besonders stressreichen Zeiten – in der Woche der Abschlussprüfungen – hilft, ihre Selbstkontrolle aufrecht zu erhalten, und beispielswiese beim Lernen durchzuhalten und gesund zu essen.
Wer daran glaubt, hält besser durch
«Die Ergebnisse dieser Studie», resümiert Veronika Job, «sind besonders wichtig für Menschen, die mit vielen Ansprüchen an Selbstkontrolle konfrontiert sind. Menschen etwa, die ihren Lebenswandel durch Sport oder Diät nachhaltig verändern möchten oder Menschen, die während bestimmter Phasen an ihrem Arbeitsplatz viel Konzentration und Ausdauer benötigen. In diesen Situationen kann es wichtig sein, zu wissen, dass Selbstkontrolle viel weniger limitiert ist, als dies bisher angenommen wurde.»
Das sind gute Nachrichten auch für alle, die sich zum Jahreswechsel viele gute Vorsätze machen wollen: Zu verändern, was Menschen bezüglich ihrer Willenskraft erwarten, kann ihre tatsächliche Fähigkeit zur Selbstkontrolle verändern.
Literatur:
Veronika Job, Carol S. Dweck, and Gregory M. Walton: Ego Depletion – Is It All in Your Head? Implicit Theories About Willpower Affect Self-Regulation, Psychological Science, Vol. 21, No. 11, 1686 – 1693 (2010), DOI: 10.1177/0956797610384745
Kontakte:
Dr. phil. Veronika Job
Psychologisches Institut
Fachrichtung Motivationspsychologie
Universität Zürich
Tel.: +41 (0) 44 635 75 18
E-Mail: v.job@psychologie.uzh.ch
http://www.mediadesk.uzh.ch/articles/2010/neujahrsvorsaetze.html – Medienmitteilung der Universität Zürich
http://www.mediadesk.uzh.ch/articles.html – Die 20 neusten Medienmitteilungen der Universität Zürich
Möglich
Bild: Universität Zürich; Beat Müller
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Criteria of this press release:
Journalists
Cultural sciences, Philosophy / ethics, Psychology, Religion, Social studies
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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