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Frauen sind zuverlässiger im Beruf als Männer, aber weniger durchsetzungsstark. Die „typische“ Hochschulabsolventin von heute legt mehr Wert auf „Spaß im Job“ und ethische Aspekte des Berufs als auf Geld oder Macht – und sie eignet sich tendenziell eher als „gute Assistenzkraft“ denn als potenzieller Führungsnachwuchs. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Langzeitstudie unter Leitung von Prof. Dr. Heinrich Wottawa (Fakultät für Psychologie der RUB / eligo GmbH). Damit mehr Frauen in Führungspostionen gelangen, müssen Unternehmen reagieren und noch stärker als bisher auf die Besonderheiten der Frauen Rücksicht nehmen.
Frauen: Gute Assistenzkraft statt Führungsnachwuchs
RUB-Langzeitstudie mit Hochschulabsolventinnen
Was zählt: Spaß im Beruf und ethische Werte
Frauen sind zuverlässiger im Beruf als Männer, aber weniger durchsetzungsstark. Die „typische“ Hochschulabsolventin von heute legt mehr Wert auf „Spaß im Job“ und ethische Aspekte des Berufs als auf Geld oder Macht – und sie eignet sich tendenziell eher als „gute Assistenzkraft“ denn als potenzieller Führungsnachwuchs. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Langzeitstudie unter Leitung von Prof. Dr. Heinrich Wottawa (Fakultät für Psychologie der RUB / eligo GmbH). Damit mehr Frauen in Führungspostionen gelangen, müssen Unternehmen reagieren, zum Beispiel mit regelmäßigen, objektiven Potenzialanalyseverfahren gerade in den ersten Berufsjahren, lautet das Fazit der Studie: „Es wird unverzichtbar sein, noch stärker als bisher auf die Besonderheiten der Frauen Rücksicht zu nehmen.“
21.000 Männer und Frauen befragt
Befragt haben die Bochumer Forscher insgesamt knapp 21.000 Hochschulabsolventen, davon über 8.200 Männer und 12.700 Frauen, in den Jahren 2003 bis 2010. Erhoben wurden acht beruflich relevante „Lebensziele“ bzw. Werte (Image, ethische Werte, Macht, Geld, Spaß im Beruf, Familie, Freundschaften und Hobbys) sowie 15 Leistungsdimensionen – von der Problemlösungsbereitschaft und Leistungsmotivation bis zur Stressresistenz und Teamorientierung. Dafür haben die Befragten psychologische Testverfahren aus der Internetplattform „Perls“ (eligo GmbH) absolviert, die viele Unternehmen in ähnlicher Form auch für die Auswahl von Bewerbern einsetzen.
Frauen ist Image und Ethik wichtig, Männern Geld und Macht
Bei allen Befragten steht der „Spaß im Beruf“ mit weitem Abstand an erster Stelle, gefolgt von „Familie“, „Kontakt zu Freunden“ und „ethischen Werten“. Die größten Unterschiede zwischen Frauen und Männern zeigen sich bei der deutlich höheren Bedeutung von „Geld“ und „Macht“ bei den Männern sowie „Image“, „ethische Werte“ und „Kontakt zu Freunden“ bei Frauen. Im zeitlichen Verlauf seit 2003 veränderten sich einige Werte. So nahm die Wichtigkeit des beruflichen Images bei Frauen von 58 auf 67 Prozent deutlich zu und liegt heute weit über dem entsprechenden Stellenwert für die Männer (33%). Beim Aspekt „ethische Werte“ ist es ähnlich: Hier stieg die Zahl von 60 auf 69 Prozent, bei den männlichen Befragten zeigt sich der umgekehrte Trend von 40 auf nur noch 31 Prozent.
Leistungsdimensionen: Frauen sind zuverlässig
Auch die Untersuchung von Leistungsdimensionen ergibt einige „bemerkenswerte Unterscheide zwischen den Geschlechtern“, so die Studie. Höher als bei Männern ist bei den Frauen die Tendenz ausgeprägt, Misserfolge zu vermeiden (59 zu 45%); Frauen streben eher nach sozialer Akzeptanz (51 zu 42), sind zuverlässiger (54 zu 45) und legen mehr Wert auf das Selbstmanagement (53 zu 46). Niedrigere Werte erreichen die Frauen hingegen in den Bereichen Gelassenheit (44 gegenüber 58% bei den Männern), Durchsetzungsvermögen (46 zu 56), Stressresistenz (48 zu 53) und Teamorientierung (48 zu 53).
Die Frau: die gute Assistenzkraft
Aus den Daten der Langzeitbefragung haben die Forscher eine Clusteranalyse der Personen erstellt und die Ergebnisse in vier unterschiedliche „Typen“ eingeteilt: potenzieller Führungsnachwuchs, leistungsstarke Assistenzkraft, „Spezialist/Sachbearbeiter“ sowie „weniger belastbare Sachbearbeiter“. Und die Forscher schlagen Alarm: Der Anteil der Befragten, Männer wie Frauen, die als potenzieller Führungsnachwuchs in Frage kommen, ist inzwischen deutlich gesunken: von 32 auf nur noch 23 Prozent bei den Männern, von 23 auf 18 Prozent bei den Frauen. Besonders auffallend ist der überwiegende Anteil der Frauen beim Typ „gute Assistenzkraft“, der im Erhebungszeitraum von 28 auf 30 Prozent stieg (bei den Männern: von 17 auf 18 Prozent).
Starke Frauen meiden Wirtschaftswissenschaften
Ein weiterer bedenklicher Trend laut Studie: Frauen mit Führungspotenzial wandern ab. Immer weniger Frauen vom Typ potenzieller Führungsnachwuchs studieren Wirtschaftswissenschaften, die für eine Führungslaufbahn in der Wirtschaft besonders wichtig sind. Stattdessen steigt der prozentuale Anteil dieser Frauen in Naturwissenschaften, Jura und im Lehramt. Tendenziell führt ihr Weg damit in andere Berufsfelder, vor allem in den Öffentlichen Dienst. Der Anteil der Männer vom Potenzial-Typ „Führungsnachwuchs“ ist in den Wirtschaftswissenschaften deutlich höher, er liegt bei 32 Prozent im Vergleich zu 22 bei den Frauen.
Gefährlich: die selbsterfüllende Prophezeiung
Anhand der Ergebnisse und angesichts der aktuellen Debatte um den Frauenanteil in Führungspositionen und um Fachkräftemangel warnen die Autoren der Studie vor der „selbsterfüllenden Prophezeiung“: Frauen könnten von vornherein auf den Typ „Assistenzkraft“ festgelegt und abgestempelt werden, ohne vorhandenes oder schlummerndes Potenzial richtig zu fördern. „Die bei Frauen deutlich andere Schwerpunktsetzung in ihren beruflichen Befriedigungspotenzialen – Ethik und Image statt Macht – kann leicht dazu führen, dass Frauen von Führungskräften nicht der Kategorie ‚Aufstiegskandidaten für spätere Führungsaufgaben‘ zugeordnet werden“, so Prof. Wottawa. „Die dann einsetzenden Mechanismen können den Aufstieg so eingeordneter Personen behindern, obwohl sich deren berufliche Motivation und Kompetenz inzwischen völlig geändert haben könnte.“ Als Lösung für die Personalentwicklung schlagen die Forscher vor, geeignete Verfahren zur Potenzialanalyse wiederholt, zum Beispiel jährlich einzusetzen – speziell in den ersten Berufsjahren. „Damit kann man auch Veränderungen in den angestrebten Berufszielen messen und vorhandenes Potenzial besser erkennen und nutzen“, sagt Prof. Wottawa.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Heinrich Wottawa, Arbeitseinheit Methodenlehre, Diagnostik und Evaluation, Fakultät für Psychologie der RUB, Tel. 0234/32-22676, E-Mail: heinrich.wottawa@rub.de
Redaktion: Jens Wylkop
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists
Economics / business administration, Psychology
transregional, national
Research results
German
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