idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Tumore, die eine schlechte Sauerstoffversorgung aufweisen, reagieren kaum auf eine Strahlenbehandlung. Auch nach einer Operation oder Chemotherapie bleiben die Heilungschancen für den Patienten schlecht. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dirk Vordermark und Dr. Matthias Bache an der Universitätsklinik für Strahlentherapie in Halle (Saale) will hier einen Durchbruch schaffen. Im Fokus haben die Forscher das Tumorprotein Osteopontin und seine Varianten. Die Moleküle könnten zum einen als Indiz genutzt werden, um Patienten mit einer Sauerstoffunterversorgung im Tumor zu identifizieren. Zum anderen wären es mögliche Zielmoleküle für Behandlungsansätze, die die Wirkung der Strahlentherapie verbessern.
Große Studien haben gezeigt, dass die Messung der Sauerstoffversorgung des Tumors geeignet ist, um die Heilungschancen nach einer Therapie abzuschätzen. Bisher erfolgte dies durch Einführen einer Sonde in den Tumor, zum Beispiel im Kopf-Hals-Bereich oder im Gebärmutterhals. Neuere Ansätze zur Abschätzung der Sauerstoffversorgung eines Tumors stützen sich auf den Nachweis von Eiweißen im Tumorgewebe. Diese Eiweiße werden als normale Reaktion von Tumorzellen auf die niedrige Sauerstoffkonzentrationen gebildet. Das Protein Osteopontin, das normalerweise eine Rolle im Knochenstoffwechsel hat, nimmt hier eine Sonderstellung ein. Es wird nicht nur im Tumorgewebe gebildet, sondern auch ins Blutplasma freigesetzt. Damit ist es in einer normalen Blutprobe messbar. Untersuchungen aus Dänemark und an der Stanford University (USA) zeigten, dass bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren ein hoher Osteopontin-Wert im Plasma mit einer schlechten Sauerstoffversorgung in der Sondenmessung sowie mit höheren Rückfallraten nach Strahlentherapie verbunden ist.
In der ersten Phase eines von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Forschungsprojektes konnten Professor Vordermark und Dr. Bache zusammen mit ihrem Team in Zellkulturen nachweisen, unter welchen Bedingungen der Sauerstoffversorgung Tumorzellen mit einer verstärkten Freisetzung von Osteopontin reagieren. In Brustkrebszellen konnte die gezielte Störung der Osteopontinbildung die Strahlenempfindlichkeit und das Wachstum der Zellen beeinflussen. Bei Patienten mit Tumoren der Lunge, des Gehirns und der Weichgewebe fand die Forschergruppe erste Hinweise für einen Zusammenhang der Osteopontinmenge im Blut und dem Verlauf der Erkrankung nach Therapie.
In der aktuellen zweiten Forschungsphase stehen die Osteopontin-Varianten a, b und c im Vordergrund. Vorarbeiten an Tumorgewebe von Weichgewebstumoren deuten auf eine unterschiedliche prognostische Bedeutung der Bildung einzelner Varianten im Tumor hin. Daher will das Forscherteam um Prof. Vordermark, spezifische Behandlungsansätze gegen diese Varianten entwickelt und ihren Einfluss auf die Strahlenempfindlichkeit von Tumorzellen untersuchen. „Besonders interessant ist dabei die Frage, ob über die Veränderung der Menge von Osteopontin im Blutplasma während einer Bestrahlungsserie das Ansprechen auf eine Behandlung vorhergesagt werden kann. In bisherigen Untersuchungen wurde das Eiweiß überwiegend vor der Behandlung, nicht aber während und nach der Therapie bestimmt“, erläutert Professor Vordermark.
Ziel der Hallenser Forschergruppe ist es, sowohl diagnostische Verfahren zur Erkennung von Patienten mit sauerstoffunterversorgten Tumoren als auch innovative therapeutische Ansätze zur Verbesserung des Therapieansprechens bei solchen Tumoren zu entwickeln. Die Forscher gehen davon aus, dass nur eine geeignete Kombination von Diagnostik und Therapie dazu führen kann, die Prognose für Patienten mit sauerstoffunterversorgten Tumoren zu verbessern. Wie sich der Tumor mit seinen eigenen Waffen schlagen ließe, verdeutlicht Professor Vordermark: „Die Tatsache, dass sich im menschlichen Körper fast nirgendwo so niedrige Sauerstoffkonzentrationen finden wie in den besonders widerstandsfähigen Teilen des Tumors, muss man sich bei der Entwicklung einer Therapie zunutze machen: Medikamente gegen sauerstoffarme Zellen wären theoretisch vor allem im Tumor wirksam und hätten wenig Nebenwirkungen in gesunden Geweben.“
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert die zweite Phase des Forschungsprojektes mit rund 100.000 Euro, nachdem die erste Projektphase bereits in gleichem Umfang unterstützt wurde.
Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.wilhelm-sander-stiftung.de/
Kontakt (Projektleitung):
Prof. Dr. Dirk Vordermark
Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Strahlentherapie in Halle (Saale)
Tel. +49 (345) 557 4310
e-mail: dirk.vordermark@medizin.uni-halle.de
Immunohistochemische Färbung von Osteopontin (rot) in einem Kopf-Hals-Tumor. Zellkerne erscheinen bl ...
Quelle: Dr. Matthias Bache, Universitätsklinikum Halle (Saale)
None
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine
transregional, national
Research projects
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).