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Wissenschaft
Medizinpsychologen des Universitätsklinikums Jena untersuchen gemeinsam mit Dresdner Kollegen verschiedene Messmethoden, mit denen die Bindungserfahrungen und die Fähigkeit zum Aufbau einer engen Beziehung erfasst werden. Sie testen vorhandene Interview- und Beurteilungsmethoden auf ihre Aussagekraft und Vergleichbarkeit, denn die sichere Diagnose individueller Bindungsmuster ist eine wichtige Grundlage für die Psychotherapie. Die Studie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 250 000 Euro gefördert.
Der Eigenbrötler, die klammernde Freundin, oder jemand mit langer Facebook-Freundeliste – in ganz unterschiedlicher Weise bauen Menschen Bindungen zu anderen auf, erwarten Nähe, Fürsorge, Schutz und Trost von einem Bindungspartner und fühlen sich selbst der Liebe, Zuwendung und Aufmerksamkeit anderer wert. Die ersten und zugleich wichtigsten Bindungserfahrungen vermittelt die Beziehung zwischen Mutter und Kind, die die Fähigkeit prägt, sich auf andere einzulassen. Doch auch im Erwachsenenalter hängt das Bindungsmuster mit dem Erleben und Verhalten in nahen Beziehungen zusammen.
„Aus zwei verschiedenen Forschungstraditionen heraus haben sich unterschiedliche bindungsdiagnostische Methoden entwickelt. Ob diese das gleiche messen und wo sie eventuell gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sind, ist bisher kaum untersucht“, beschreibt Studienleiter Prof. Dr. Bernhard Strauß den Ausgangspunkt des Projektes, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 250 000 Euro gefördert wird. Der Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena hat einen Interview-Typ, das „Erwachsenen-Bindungsprototypen-Rating“, selbst mitentwickelt.
Standardisierte Interviews und Selbsteinschätzungen
Dabei werden in standardisierten Interviews die Bindungserfahrungen von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter erfragt, zwei Wissenschaftler werten dann die Antworten und die Videoaufzeichnung der Interviews unabhängig voneinander sprachanalytisch aus. Ähnlich laufen die „Adult Attachment Interviews“ ab, allerdings erfragen diese nur die Kindheitserfahrungen. „Für diese sprachbasierten Fremdeinschätzungsverfahren werden die Interviewer speziell geschult, denn sie müssen sich den Befragten gegenüber sehr neutral verhalten“, so die Psychologin Sashi Singh, die in dem Projekt mitarbeitet.
Die Probanden sollen ihre Bindungsmuster aber auch anhand spezieller Fragebögen, die in der sozial- und persönlichkeitspsychologischen Forschung entwickelt wurden, selbst einschätzen. Zusätzlich absolvieren sie computerbasierte Assoziationstests, die die eher unbewusste Reaktion auf Bindungsfragen erfassen und auswerten.
Befragt wird eine Gruppe von 175 Angstpatienten mit einer Panikstörung, die von Dr. Katja Petrowski im Angstzentrum der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Dresdner Universitätsklinikum betreut werden. Als Vergleichsgruppe interviewen die Psychologen ebenso viele gesunde Probanden. In Auswertung der Interviews und Einschätzungen können sie verschiedene Bindungsstile ableiten, die sich, ganz grob, in den sicheren und den unsicheren Bindungstyp unterteilen lassen.
Weiterentwicklung der Methoden und der Bindungstypisierung
Mit der Auswertung der verschiedenen bindungsdiagnostischen Methoden verfolgen die Psychologen gleich mehrere Ziele. „Zum einen wollen wir ermitteln, inwieweit die Tests zum selben Ergebnis führen, wo sie sich widersprechen und warum das so ist“, sagt Professor Strauß. „So können wir diese Messinstrumente empirisch fundiert weiterentwickeln, um die Bindungstypen verlässlicher, genauer und ökonomischer zu charakterisieren.“
Darüber hinaus ermöglicht der direkte Vergleich der beiden Probandengruppen, etwas über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Bindungsmustern von Angstpatienten und Personen ohne psychologische Störung auszusagen. Die Erfassung von Auffälligkeiten im Bindungsverhalten gehört zur psychologischen Diagnostik und hat Konsequenzen für die Therapie. „Schon allein, weil ja zwischen Patient und Therapeut auch eine Art von Bindung entstehen muss“, erklärt Sashi Singh.
Gemeinsam mit den Projektmitarbeitern in Jena und Dresden und studentischen Hilfskräften, die im Projekt ihre Master- oder Diplomarbeit anfertigen, führt sie seit Ende des vergangenen Jahres Interviews. Mehrere Hundert einzelne Tests werden in den kommenden zwei Jahren auszuwerten sein. Für die richtige Bindung innerhalb der Arbeitsgruppe sorgen regelmäßige Projekttreffen.
Kontakt:
Dipl.-Psych. Sashi Singh
Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/9 35490
E-Mail: Sashi.Singh[at]med.uni-jena.de
Eine Kamera zeichnet das Interview auf, das die Psychologin Sashi Singh (li.) mit einer Studienteiln ...
Foto: M. Szabo/UKJ
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Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine, Psychology
transregional, national
Research projects
German
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