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04/09/2002 10:35

TA-Akademie feiert zehnjähriges Bestehen (Korrigierte Fassung)

Dr. Birgit Spaeth Pressestelle
Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg

    Erfolgreiche Politikberatung bei technologischen Entwicklungen

    Die Folgen von Wissenschaft und Technik im Voraus zu erforschen und den daraus resultierenden Handlungsbedarf mit den von den Folgen betroffenen Menschen und Gruppen im Dialog abzustimmen, ist das Grundanliegen der Akademie für Technikfol-genabschätzung in Baden-Württemberg, die am Dienstag, den 9. April (Nicht 9. November, wie fälschlich ind er ersten Version stand!) auf eine zehnjährige erfolgreiche Tätigkeit zurückblickt. ,,Diese zehn Jahre'', so der Leitende Direktor der TA-Akademie, Ortwin Renn, ,,sind uns Ansporn für die Zukunft, die heißen Themen wie Klonen, Nanotechnologien, Innovationen bei den Kommunikationstechnologien und neue Risiken wie den globalen Terrorismus verstärkt aufzugreifen und für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufzubereiten''.
    Ein ,,Frühwarnsystem'' für die Chancen und Risiken neuer Technologien zu schaffen - das war die Idee hinter dem Vorstoß des früheren Mannheimer CDU-Bundestagsabge-ordneten Josef Bugl, der im November 1985 erstmals die Einrichtung eines unabhän-gigen Institutes zur Erforschung der Auswirkungen neuer Technologien beim Deut-schen Bundestag forderte. Bugls Vorbild war das Office of Technology Assessment (OTA) in Washington, das seit 1972 den Mitgliedern des US-Kongresses Informatio-nen über die Auswirkungen technischer Großprojekte lieferte.
    Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth erkannte früh-zeitig die Notwendigkeit einer solchen Institution auch in Deutschland und forcierte deren Gründung in Baden-Württemberg, nachdem eine Lösung auf Bundesebene zu-nächst scheiterte. Am 24. Juni 1991 gab die Landesregierung unter Ministerpräsident

    Erwin Teufel ihren Beschluss über die Errichtung der Stiftung ,,Akademie für Tech-nikfolgenabschätzung in Baden-Würt-tem-berg'' (TA-Akademie) bekannt, die am
    1. April 1992 ihre Arbeit aufnahm und heute in Stuttgart-Vaihingen ihren Sitz hat. Als Initiator der TA-Akademie ist Lothar Späth gemeinsam mit dem verantwortlichen Ressortminister Peter Frankenberg Festredner beim Jubiläums-Kolloquium am 9. 4. 2002 im Haus der Wirtschaft in Stuttgart.

    Diskurs als Markenzeichen

    ,,Die Stiftung verfolgt wissenschaftliche Zwecke. Sie hat die Aufgabe, Technikfolgen zu erforschen, diese Folgen zu bewerten und den gesellschaftlichen Diskurs über die Technikfolgen zu initiieren und zu koordinieren''. Mit diesen Worten schreibt die Sat-zung der TA-Akademie dem Diskurs eine zentrale Rolle in der Arbeit der mittlerweile fast 100 Mitarbeiter umfassenden Stiftung zu. Diese ist damit keine Forschungsein-richtung im klassischen Sinn sondern soll Forschung in enger Anbindung der gesell-schaftlichen Kräfte betreiben. Die dafür entwickelten Bürgerbeteiligungsverfahren bilden inzwischen ein Markenzeichen der Stiftung. Dazu gehören Bürgerforen, in de-nen nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Betroffene über die Bewertung bestimmter Fragen debattieren und am Ende ein gemeinsames Gutachten verfassen ebenso wie zahlreiche andere Diskursformen, die von der TA-Akademie angewandt und weiter-entwickelt werden.
    Der Erfolg dieser Methoden spricht für sich. So wurden 1995 beispielsweise 220 Bür-ger in fünf Städten darüber befragt, wie sie das Klimaschutzziel der Landesregierung von 25 Prozent weniger CO2-Ausstoß umsetzen würden. Ergebnis der jeweils viertägi-gen Veranstaltungen waren 50 unterschiedliche Energieszenarien. Sie empfehlen einen langsamen Ausstieg aus der Atomenergie, den Ausbau erneuerbarer Energien und se-hen Einschränkungen im Individualverkehr vor. ,,Ein gutes Beispiel dafür, dass die TA-Akademie ihrem Anspruch durchaus gerecht wird, künftige Entwicklungen abzu-schätzen,'' so Diethard Schade, langjähriger Vorstandssprecher der TA-Akademie nach deren Gründung.
    Längst erfreut sich die TA-Akademie einer hohen Wertschätzung auch über die Gren-zen des Landes hinaus. Die von ihr entwickelte Klassifikation von globalen Risiken wurde beispielsweise weitgehend vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltfragen (WBGU) übernommen und in vielen Regulierungsbehörden der OECD intensiv diskutiert. Auch die Analysen der TA-Akademie zu regionalen Innovationsnetzwerken sind inzwischen zu einem der Klassiker in der wissenschaftli-chen Literatur geworden. ,,Die Herausforderungen an eine diskursive Technikfolgen-abschätzung werden künftig noch zunehmen'', so Leitender Direktor Ortwin Renn,

    mit Blick auf das 6. Rahmenprogramm der EU. In dessen interdisziplinären For-schungs-vorhaben zu Fragen des Verhältnisses von Technik, Wissenschaft und Gesell-schaft tauchen Schlüsselworte wie ,,Dialog'' und ,,Partizipation'' an zentraler Stelle auf.

    Unverzichtbare Ergänzung zu den Hochschulen

    Die TA-Akademie hat inzwischen in ihren vier wissenschaftlichen Bereichen 280 Projekte zu einer Fülle von Themen bearbeitet. Die Auswirkungen der Gentechnik und deren Akzeptanz in der Bevölkerung gehören ebenso dazu wie Schadstoffemissionen, künftige Anforderungen an moderne Infrastruktursysteme (Verkehr, Energie, Abfall und Gesundheitswesen), der Umgang mit Risiken, die weit über den physischen Scha-densbereich hinausragen (BSE, Terrorismus) die Nachhaltigkeit mit allen ihren As-pekten und die Auswirkungen der modernen Informationstechnologien auf Gesell-schaft und Arbeitswelt (z.B. E-Commerce).
    Anders als die Hochschulen begnügt sich die TA-Akademie allerdings nicht mit einer reinen Veröffentlichung ihrer Ergebnisse. Sie pflegt stattdessen einen intensiven Dia-log mit Entscheidungsträgern in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die sie entspre-chend ihrem Auftrag berät, und vermittelt Orientierungshilfen für anstehende Ent-scheidungen.
    Eine wichtige Funktion im Konzept der Politikberatung bilden regelmäßige Umfragen zur Risiko- und Technikakzeptanz im Land. Sie liefern ein verlässliches Stimmungs-barometer darüber, wie die Bürger neue Technologien bewerten und wie viel Vertrau-en sie ihren politischen Institutionen entgegen bringen. So offenbart der neueste Risi-ko-Survey, für den im Frühjahr 2001 1500 Baden-Württemberger nach ihrer persönli-chen Klassifizierung von Risiken befragt wurden, dass die Angst vor einem Klima-wandel offenbar größer ist, als die, Opfer eines Verbrechens zu werden. Dagegen wa-ren die Befürchtungen vor einer gesundheitlichen Gefährdung durch die Nutzung von Handys eher gering.
    Auch die Statusberichte zur Nachhaltigkeit in Baden-Württemberg geben Rückmel-dung darüber, wie es um die Ressourcen des Landes und dessen Zukunftsfähigkeit bestellt ist. Analog einer Verkehrsampel werden wichtige Indikatoren je nach Ergebnis mit rot (kritisch), gelb (tolerierbar) oder grün (nachhaltig) bewertet; dadurch verfügen die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft über verlässliche Orientierungspunkte für ihre Entscheidungen. Z.B. beim Energieverbrauch oder beim Lärm musste im Jahr 2000 eine rote Ampel vergeben werden. Speziell in diesen Themenfeldern engagiert

    sich parallel zum Rio plus zehn-Gipfel in Johannesburg die Zukunftswerkstatt ,,Wis-senschaft und Technik'' in Mannheim, an der die TA-Akademie als Partner beteiligt ist. Bei dieser Initiative werden sich regionale Unternehmen, Verbände und Bildungs-einrichtungen in der sogenannten Mannheimer Erklärung dazu verpflichten, ihre um-weltpolitischen Bemühungen auf diesen Gebieten zu verstärken. Gleichzeitig soll eine Aktionswoche in Mannheim vom 20. bis 26. 11.2002 der Bevölkerung Anregungen zu einem nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen geben.
    Dass das Thema Nachhaltigkeit zu den Kernkompetenzen der TA-Akademie gehört, dokumentiert auch ihre beratende Mitwirkung bei der Erstellung des Umweltplans Baden-Württemberg sowie die Berufung des Leitenden Direktors in den neuen Nach-haltigkeitsbeirat der Landesregierung, der Mitte April seine Arbeit aufnehmen wird.
    Untersucht werden auch die Auswirkungen neuer Technologien auf Wirtschaft und Arbeitswelt und regelmäßig in Workshops diskutiert. Beim Forschungsprojekt ,,Elect-ronic Commerce'' hat die TA-Akademie drei Jahre lang in insgesamt elf wissenschaft-lichen Studien die neuesten Forschungsergebnisse zur Nutzung und Akzeptanz des internetgestützten Handels aufbereitet. Bereits im Herbst 2000, also lange vor dem Börseneinbruch des Neuen Marktes, haben die Wissenschaftler vor einer Euphorie im Hinblick auf die erwarteten Arbeitsmarkteffekte der New Economy gewarnt, und sind damit der Intention ihrer Gründer gerecht geworden, als ,,Frühwarnsystem'' für die Politik zu fungieren.
    Die Arbeiten der TA-Akademie sind dabei interdisziplinär angelegt. Ingenieurwissen-schaftler, Wirtschaftswissenschaftler, Natur- und Sozialwissenschaftler arbeiten Tür an Tür und bringen ihre spezifischen Sichtweisen in die Projekte ein. Gleichzeitig erfolgte eine intensive Rückkopplung mit gesellschaftlichen Gruppen und eine Vermittlung an Entscheidungsträger sowie die allgemeine Öffentlichkeit. Geschäftsführer Ulrich Mack: ,,Durch diese Merkmale ist die TA-Akademie eine unverzichtbare Ergänzung zur Arbeit der Hochschulen im Land''.
    Für die Zukunft sieht der Leitende Direktor Ortwin Renn neben einer stärkeren Inter-nationalisierung der TA-Akademie sowie einer intensiveren Einwerbung von Dritt-mitteln insbesondere eine thematische Konzentration als unverzichtbar an. ,,Die TA-Aka-demie muss im Übrigen bei topaktuellen Themen wie den Lebenswissenschaften und der Nanotechnologie am Ball bleiben, dann ist sie auch für die nächsten 10 Jahre gut gerüstet'', so Ortwin Renn.

    Ansprechpartner: Dr. Birgit Spaeth, Tel: 0711/9063-226
    Birgit.spaeth@ta-akademie.de
    Markus Geckeler, Tel: 0711/9063-222
    Markus.geckeler@ta-akademie.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Economics / business administration, Environment / ecology, Information technology, Law, Oceanology / climate, Politics, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Science policy, Scientific conferences
    German


     

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