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04/10/2002 14:42

Stadt ehrt LMU-Mathematiker

Cornelia Glees-zur Bonsen Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Carl Lindemann löste das Problem der Quadratur des Kreises

    München, 10. April 2002 - Er klärte ein 2300 Jahre altes Problem und fand dadurch weltweit Anerkennung: Carl Louis Ferdinand Lindemann wies 1882 nach, dass das Problem der Quadratur des Kreises schlicht unlösbar ist. Der spätere LMU-Mathematiker belegte in genialer Weise, dass es nicht möglich ist, einen Kreis nur unter Anwendung der üblichen Konstruktionen mit Zirkel und Lineal in ein flächengleiches Quadrat zu verwandeln. Am morgigen Donnerstag, den 12. April, wäre Lindemann 150 Jahre alt geworden. Zu Ehren des berühmten Wissenschaftlers wird CSU-Stadträtin Marianne Brunner um 11.00 Uhr einen Kranz an seinem Grab auf dem Münchner Waldfriedhof niederlegen lassen (s.u.).

    Lindemann wurde 1852 in Hannover geboren, studierte Mathematik in Göttingen, Erlangen sowie an der Polytechnischen Schule in München. Bevor er 1893 die Nachfolge Philipp Ludwig von Seidels, des Lehrstuhlinhabers für Mathematik an der Ludwig-Maximilians-Universität München antreten konnte, führte ihn seine wissenschaftliche Laufbahn noch über mehrer Stationen: Ein Reisestipendium führte ihn nach London und Paris, er habilitierte sich in Würzburg, wurde Professor in Freiburg und erhielt schließlich 1883 einen Ruf nach Königsberg.
    Für seinen Lebensweg entscheidend waren die beeindruckenden geometrischen Vorlesungen von Alfred Clebsch in Göttingen. Nach Clebschs frühem Tod 1872 wurde Lindemann mit der Herausgabe dieser Vorlesungen beauftragt. Das 1876 erschienene Buch bildete die Grundlage für Lindemanns Habilitation: Der so genannte Clebsch-Lindemann bildete über Jahrzehnte ein Standardwerk der Geometrie.

    Der Wechsel nach Würzburg war übrigens notwendig, weil sich für Lindemann in München, wohin er im Sommer 1875 seinem Lehrer Felix Klein gefolgt war, keine akademische Zukunft bot. Er konnte seinerzeit an der Polytechnischen Schule keine allgemein gültige venia legendi erwerben und an der Ludwig-Maximilians-Universität lehnte der dort bestimmende Ordinarius von Seidel Privatdozenten aus dieser "Kleinschen Schule" ab.

    Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit übte er an der LMU zahlreiche Leitungsfunktionen innerhalb der Universität aus, unter anderem als Rektor 1904/05 und als Dekan der Philosophischen Fakultät II. Seine Rektoratsrede, in der er sich mit Problemen des Mathematikunterrichts an Schule und Universität auseinander setzte, erregte weites Aufsehen, einerseits, weil er sich kritisch zu den Verhältnissen an den allgemeinbildenden Schulen äußerte, andererseits, weil er den Wert der humanistischen Bildung gegenüber einer reinen Technikgläubigkeit betonte. Seine für die Universität überaus erfolgreiche Amtsführung während des 1. Weltkrieges und in der Zeit der Räterepublik insbesondere als "Kompatibilitätsreferent" - zuständig für Haushaltsangelegenheiten - wurde belohnt: Man würdigte seine Verdienste mit der Erhebung in den persönlichen Adelsstand und der damit verbundenen Verleihung des Ritterkreuzes des Verdienstordens der bayerischen Krone und verlieh ihm den Dr. rer. pol. e. h. der Staatswirtschaftlichen Fakultät der LMU. Aus Ärger über ein Berufungsverfahren ließ sich Lindemann jedoch 1923 emeritieren, war aber auf dringende Bitten bereit, im Verwaltungsausschuss weiter mitzuarbeiten.

    Die wissenschaftlichen Verdienste Lindemanns spiegeln sich wieder in der Wahl in die mathematisch-physikalische Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und etliche andere wissenschaftliche Gesellschaften, sowie in der Verleihung des Verdienstordens vom Heiligen Michael III. Klasse und des Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst, des Steiner-Preises der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften (1900), der Ehrendoktorwürde (LL.D. = Dr. jur. utriusque) der University of St. Andrews, der ältesten schottischen Universität (1912) und der Ehrenmitgliedschaft der Universität Würzburg (1932). Aus der Münchener Zeit sind vor allem die späteren Ordinarien Oskar Perron, Alfred Löwy, Wilhelm Kutta, Emil Hilb, Max Lagally, Arthur Rosenthal, Fritz Lettenmeyer, Otto Volk, sowie der Extraordinarius für Versicherungsmathematik an der LMU Friedrich Böhm und der Mathematikhistoriker Heinrich Wieleitner zu nennen. Zahlreiche Auszeichnungen wie zum Beispiel die Prinzregent-Luitpold-Medaille in Silber wurden ihm im Lauf seiner Karriere zuteil.

    Lindemanns sonstige Arbeiten liefern außer einem vergeblichen, ja tragischen Bemühen um den so genannten "Großen Fermatschen Satz" wichtige Beiträge zur Mathematik, wie die Weiterführung der Hermiteschen Resultate zur Auflösung algebraischer Gleichungen durch transzendente Funktionen, konforme Abbildung, Differentialgeometrie der Flächen, sowie zur Geschichte der Mathematik und zur Theoretischen Physik.

    Die Grabstätte Lindemanns befindet sich im alten Teil des Waldfriedhofs, Gräberfeld 43, Waldgrab 9.


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    Criteria of this press release:
    Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Personnel announcements
    German


     

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