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Wissenschaft
Minneapolis/ Halle/Saale. Auch in US-amerikanischen Städten wachsen mehr Pflanzenarten als auf dem Land. Die Pflanzenarten in der Stadt sind jedoch stärker untereinander verwandt und übernehmen oft ähnliche Funktionen. Dadurch sind Ökosysteme in der Stadt empfindlicher gegenüber Umwelteinflüssen. Zu diesem Ergebnis kommen deutsche und US-amerikanische Ökologen durch eine Feldstudie in Minneapolis (Minnesota), die von Jeannine Cavender-Bares, Professorin an der Universität Minnesota geleitet wurde. Damit bestätigen sich Ergebnisse, die ein Team um Dr. Sonja Knapp vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) bereits 2008 in Deutschland aus statistischen Daten gewonnen hatte.
Die Ergebnisse sind jetzt als Vorabdruck im Fachblatt ECOLOGY erschienen und in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins NATURE zitiert worden.
Die jüngste Studie verglich die Vielfalt der Vegetation in den Gärten der Metropolregion Minneapolis-St. Paul im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten mit der Vegetation in dem benachbarten Naturschutzgebiet Cedar Creek, das Teil eines ökologischen Langzeit-Beobachtungsnetzwerkes ist, das von der U.S. National Science Foundation (NSF) gefördert wird. Weltweit wächst die Fläche, die Städte inzwischen einnehmen. Damit wird es immer wichtiger, die Auswirkungen der Gärten auf die Biodiversität und die Ökosystemdienstleistungen zu verstehen. Die Forscher des UFZ in Halle, der Universitäten Minnesota und California, des Whittier Colleges in California und des Max-Planck-Institutes für Biogeochemie in Jena wollten daher herausbekommen, was die städtische Artenvielfalt in Privatgärten von der natürlichen unterscheidet. Dabei zeigte sich mithilfe der neuen globalen Datenbank zu Pflanzeneigenschaften TRY, dass die typische Gartenpflanze kurzlebig und schnellwachsend ist, kleine Samen produziert, diese vom Menschen verbreiten lässt und gut an hohe Temperaturen angepasst ist.
Kritisch sehen die Wissenschaftler den beobachteten Trend von der Insekten- zur Selbstbestäubung: "Wenn Selbstbestäuber durch die Stadtumwelt unterstützt werden und deshalb in der regionalen Artenzusammensetzung eine zunehmende Rolle einnehmen, dann könnte es zu einem Dominoeffekt kommen: Mehr selbstbestäubende Pflanzen wie der Purpur-Storchschnabel würden für weniger Bestäuber wie Bienen oder Schmetterlinge sorgen", warnt Sonja Knapp. Kritisch sehen viele Forscher inzwischen auch das Potenzial für invasive Arten, die sich von den Gärten aus verbreiten können. Mehr einheimische Pflanzen anzubauen könnte jedoch einen positiven Effekt auf die die verwandtschaftliche Vielfalt der Stadtvegetation haben und die Evolution dort beflügeln, meinen die Forscher. „Die Auswahl, die Stadtbewohner treffen, wenn sie entscheiden, welche Pflanzen in ihren Gärten oder Höfen kultiviert werden, könnte die Funktion und die Vitalität größerer Ökosysteme beeinflussen“, schreibt NATURE in seinem „Research Highlights“ als Begründung, weshalb diese Studie aus Minneapolis über die Stadtgrenzen hinaus wichtig ist. "Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Städter ihre Gärten überprüfen sollten und eine höhere Anzahl an einheimischen Arten beherbergen könnten", sagt Cavender-Bares.
Bei der vorausgegangenen Untersuchung 2008 in Deutschland werteten die Forscher 14 Millionen Einträge der bundesweiten Datenbank FLORKART aus, die mehrere tausend ehrenamtliche Helfer in den letzten Jahren zusammengetragen haben. Der Naturschutz müsse sich wegen der verändernden Umweltbedingungen nicht nur um den Erhalt einer möglichst großen Anzahl an Arten, sondern auch um deren verwandtschaftliche (also phylogenetische) Vielfalt kümmern. Da die Urbanisierung bereits weit fortgeschritten ist und noch weiter fortschreiten werde, sei es nötig, Strategien zum Schutz der Artenvielfalt auch innerhalb von Städten zu entwickeln, schrieben die Wissenschaftler 2008 im Fachblatt Ecology Letters.
Der Verlust an phylogenetischer Information verringert die Chancen von Artengemeinschaften, auf Veränderungen in der Umwelt zu reagieren und könnte langfristig die Funktionen von städtischen Ökosystemen negativ beeinflussen. Diese Vermutung konnte nun anhand der Daten aus Minneapolis bestätigt werden.
Tilo Arnhold
Publikation:
Knapp, S., Dinsmore, L., Fissore, C., Hobbie, S. E., Jakobsdottir, I., Kattge, J., King, J., Klotz, S., McFadden, J. P. & Cavender-Bares, J. (2012): Phylogenetic and functional characteristics of household yard floras and their changes along an urbanization gradient. Ecology, in Press
http://dx.doi.org/10.1890/11-0392.1
A look at backyard biodiversity.
Nature 484, 144 (12 April 2012); doi:10.1038/484144b
http://dx.doi.org/10.1038/484144b
Weitere fachliche Informationen:
Dr. Sonja Knapp
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0345-558-5308
http://www.ufz.de/index.php?de=7278
oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1269
E-mail: presse@ufz.de
Weiterführende Links:
Vegetation der Städte ähnelt sich - Neue Studie zeigt, dass Pflanzen in Städten stärker untereinander verwandt sind als auf dem Land (Pressemitteilung vom 18. September 2008)
http://www.ufz.de/index.php?de=17194
TRY Initiative on Plant Traits:
http://www.try-db.org/pmwiki/index.php
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 1000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
http://www.ufz.de/
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 33.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).
http://www.helmholtz.de
http://www.ufz.de/index.php?de=30376
Die Existenz funktionierender Ökosysteme in Städten fördert die Gesundheit und das Wohlbefinden der ...
Foto: André Künzelmann/UFZ (Nutzungsbeschränkung: kostenfrei bei redaktioneller Nutzung, Verwendung nur unter Angabe der Quelle und nur im Zusammenhang mit dem UFZ)
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Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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