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Wissenschaft
Feuchte Makuladegeneration
Wenn die Aderhaut altersbedingt an Spannkraft verliert
Die nationale Qualifikation glich einer Mischung aus Rigorosum und Assessment Center: Nachwuchsforscher aus fünf augenheilkundlichen Fachgebieten waren auf der Tagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft am 19. September 1997 in Berlin angetreten, um unter sich jene fünf auszumachen, die vom 21. bis 26. Juni 1998 in Amsterdam im Rahmen des XXVIII. Internationalen Kongresses für Ophthalmologie an der Endausscheidung des Chibret International Award teilnehmen. Diese Auszeichnung, seit 1982 aller zwei Jahre ausgeschrieben, zählt zu den renommiertesten und lukrativsten des Faches. Beim diesjährigen Finale wurden insgesamt 35.000 Dollar an Preisgeldern verteilt.
In Berlin hatte jeder Aspirant einen eigenen wissenschaftlichen Beitrag vorzustellen und ihn anschließend gegenüber Mitbewerbern und der Jury zu verteidigen. Das Auswahlgremium bewertete sowohl die vorgelegte Arbeit als auch Vortrag und Diskussionsbeiträge. Als einer der Erstplazierten aus diesem Härtetest hervorgegangen ist Privatdozent Dr. Christoph W. Spraul, Oberarzt an der Ulmer Universitäts-Augenklinik (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Gerhard K. Lang).
An 1000 Spenderaugen
Spraul hatte über die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) referiert und damit über eine der wichtigsten Erblindungsursachen in den westlichen Industrieländern, die mit der zunehmenden Überalterung unserer Gesellschaft in Zukunft voraussichtlich noch an Bedeutung gewinnen wird. Medizinisch unterscheidet man zwei Formen der AMD: die - häufigere - trockene (nicht exsudative bzw. nicht neovaskuläre) und die seltenere feuchte (exsudative bzw. neovaskuläre) Form. An der letzteren leiden nur 12 Prozent der AMD-Patienten - aus diesen aber rekrutieren sich 88 Prozent der Erblindungsfälle.
Vor diesem Hintergrund leuchtet ein, daß den Ophthalmologen eine sichere Abgrenzung und genaue Charakterisierung der beiden Formen sehr zustatten käme. Spraul hat sich dieser Aufgabe eingehend angenommen. Seine Arbeit über »Histologische, morphogenetische, ultrastrukturelle sowie therapeutische Aspekte der altersbezogenen Makuladegeneration« ist das Ergebnis mehrjähriger Studien, deren klinischer Teil in der Ulmer Sektion für konservative Retinologie (Leiterin Prof. Dr. Gabriele Lang) entstand, der morphologische im Rahmen eines Ausbildungsstipendiums in den USA am ophthalmologischen Institut der Emory Universität Atlanta, Georgia. Für Atlanta hatte Spraul sich entschieden, weil das dortige augenheilkundliche Labor (Leiter Prof. Dr. Hans E. Grossniklaus) bekanntermaßen über einen reichen Bestand an Augäpfeln und damit über die unabdingbare Grundlage einer systematischen Untersuchung des altersdegenerierten Bulbus oculi in unterschiedlichen Stadien der Erkrankung verfügt.
Rund 1000 Spenderaugen von Emory-Patienten hatte Spraul am Ende zerlegt, die AMD-Expemplare darunter sowohl histologisch als auch elektronenmikroskopisch untersucht, außerdem die Neovaskularisationsmembranen, die den AMD-Patienten im Rahmen einer Pilotstudie chirurgisch entfernt worden waren, morphologisch analysiert. Herausgekommen war, daß sich auf dem altersschwachen Gelben Fleck in der Regel nicht nur feinste Ablagerungen unterhalb der Netzhaut gebildet hatten, die »basal laminar deposit«, die bei der klinischen Untersuchung so gut wie nicht zu erkennen ist, sondern daß sich auch die Aderhaut verändert, an Spannkraft verloren hatte. Vor allem dieser Vitalitätsverlust, vermutet Spraul, dürfte für die Entwicklung der AMD verantwortlich sein. Im ophthalmologischen und im Zellkulturlabor der Ulmer Universitätsaugenklinik sucht er nun nach Wegen, auf denen sich dem Alterungsprozeß gegensteuern läßt.
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research projects
German
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