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In Deutschland leiden Patienten mit entzündlichem Gelenkrheuma (rheumatoider Arthritis) häufiger unter starken Schmerzen als in anderen Industrienationen. Dies belegt eine Studie, die auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt präsentiert wird. Um mehr über das Management und die Therapie der Erkrankung aus der Perspektive von Patienten zu erfahren, hatte ein deutsch-schottisches Forscherteam um den Rheumatologen Professor Gerd Burmester von der Berliner Charité Universitätsmedizin im Jahr 2008 586 Patienten in neun Ländern befragt.
Die Studie zeigt, dass nur 16 Prozent der Patienten zum Zeitpunkt der Befragung keine Schmerzen hatten. Mehr als die Hälfte gab hingegen an, unter leichten bis mittelschweren Schmerzen zu leiden, 22 Prozent berichteten über starke Schmerzen. „Diese Ergebnisse haben uns überrascht“, sagt Professor Gerd Burmester. „Die Beeinträchtigung der Lebensqualität und die Schmerzen sind bei den Patienten deutlich stärker ausgeprägt als wir vermutet hatten.“
Dies gilt insbesondere für die Patienten in Deutschland. Mit 39 Prozent war der Anteil von Patienten mit starken Schmerzen hier am höchsten. In den Niederlanden, Groß Britannien oder Kanada berichteten hingegen nur 15 bzw. 14 Prozent der Patienten über starke Schmerzen. Befragt hatten die Forscher Patienten in Kanada, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Spanien, Schweden und Groß Britannien.
Über die Gründe für diese nationalen Unterschiede können die Wissenschaftler nur spekulieren. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich hierzulande manche Patienten scheuen, mit ihren Fachärzten über ihre Lebensumstände sprechen“, so Burmester. So könnte einerseits die Zurückhaltung der Patienten die Ärzte zu falschen Schlussfolgerungen über das Ausmaß der Beeinträchtigung veranlassen – mit Folgen für die Therapie. Doch ebenso gut ist denkbar, dass die Ärzte die Leiden ihrer Patienten unterschätzen. Doch dies ist nicht nur in Deutschland ein Problem: Mehr als die Hälfte der Patienten in allen Ländern gibt an, dass die Krankheit ihr Leben kontrolliert.
FRÜHE UND KONSEQUENTE THERAPIE IST WICHTIG.
Dabei stehen für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis heute wirksame Therapien zur Verfügung, die Entzündung und Schmerz lindern. „Wir setzen diese Therapien inzwischen aber sehr viel früher und konsequenter ein als dies noch zum Zeitpunkt der Umfrage der Fall war“, betont Burmester. Denn eine frühe und aggressive Behandlung der Erkrankung kann die Langzeitfolgen und damit Gelenkzerstörungen besser verhindern. Burmester: „Innerhalb der ersten Monate nach Krankheitsbeginn besteht ein besonders sensibles Zeitfenster, das für eine effektive Behandlung genutzt werden kann, um die Prognose zu beeinflussen.“
Darum werden die Patienten mittlerweile sehr schnell auf entzündungshemmende Arzneimittel (Glukokortikoide) und Basistherapeutika wie Methotrexat eingestellt, welche der Zerstörung der Gelenke entgegenwirken. „Ein gut eingestellter Rheumapatient benötigt beispielsweise kaum noch Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), die insbesondere bei älteren Patienten erhebliche Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt verursachen können und bei Herz-Kreislauferkrankungen oder Nierenleiden sogar kontraindiziert sind“, sagt Burmester. Hinzu kommt, dass die NSAR die Gelenkzerstörung langfristig nicht aufhalten können.
Wenn die Standardarzneien versagen, stehen seit einigen Jahren Medikamente zur Verfügung, die direkt in das Immunsystem des Körpers eingreifen: Antikörper, welche die Wirkung von Entzündungsbotenstoffen unterdrücken. Diese werden meistens in Kombination mit den herkömmlichen Basistherapeutika eingesetzt.
Wie wichtig die frühzeitige und konsequente Behandlung von Entzündung und Schmerz ist, belegt inzwischen auch eine Vielzahl von Untersuchungen, die zeigen, dass Patienten mit chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen im Laufe der Zeit auf Schmerzreize zunehmend empfindlicher reagieren. Das Bombardement der Schmerzreize verändert die Schmerzverarbeitung im Zentralnervensystem und macht es sensibler – es bildet sich ein Schmerzgedächtnis.
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