idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/10/2013 16:55

Gemeinsame Fischereipolitik: EU bleibt in der richtigen Richtung stehen

Sebastian Tilch Pressearbeit
Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung

    Als "an sich guten Ansatz, der jedoch durch Unmengen an Ausnahmen wirkungslos gemacht wurde" bezeichnen Forscher die nun finalen Beschlüsse zur Beifangregelung der gemeinsamen europäischen Fischereipolitik. Die EU sieht ihre Reform, die Abgesandte von Parlament, Rat und Kommission am 30. Mai in einer Dreierkonferenz beschlossen haben, gerade in diesem Punkt als großen Schritt zu mehr Nachhaltigkeit an. Forscher bemängeln, dass die Fischereiindustrie durch die vielen Ausnahmen nichts Wesentliches ändern müsse und attestieren eine weitere Verzögerung beim Erreichen der Ziele zum guten Zustand der Fischbestände und der biologischen Vielfalt. Außerdem verlöre man so mögliche höhere Erträge.

    Grundsätzlich sind Christopher Zimmermann und Rainer Froese nicht unzufrieden mit den nun als abschließend geltenden Beschlüssen der EU zur Fischereireform. Auch wenn sie die Euphorie der offiziellen Repräsentanten über die nachhaltige Ausrichtung der Fischerei so nicht teilen wollen. Beide Fischereiexperten beobachten die Entwicklung der Fischbestände in unseren Breiten und der Welt seit Jahrzehnten und sind beraten die Politik.

    Als tatsächliche Durchbrüche sehen beide Experten die Ausrichtung der Quoten an dem so genannten „Maximaler nachhaltiger Dauerertrag". Galt bisher, dass Befischung nicht zum Zusammenbruch der Bestände führen durfte, so müssen bis 2020 alle Fischbestände in EU-Gewässern so genutzt werden, dass sie nicht weniger produktiv werden oder sogar Schaden nehmen. Eigentlich hatte die EU schon vor elf Jahren auf internationaler Ebene verbindlich versprochen, dieses Ziel bis 2015 zu erreichen. „Gut ist auch, dass man endlich eingesehen hat, dass Fischereimanagement nicht pauschal für alle Bestände in der EU funktioniert“, sagt Zimmermann. Nun wurde einer regionalen Planung der Fischerei zugestimmt.

    Besonders enttäuscht sind die Forscher jedoch über die Rückwurfregelung. Bisher müssen Fischer alles im Netz, was nicht in die Quotenregelung passt, wieder über Bord werfen, seien es Arten ohne Quote oder Individuen, die zu klein sind. Die wenigsten überleben den Fang jedoch und gehen sowohl für die Erholung des Bestandes also auch der Nutzung verloren. Weltweit beträgt der Anteil des Beifangs geschätzte sieben Prozent, wobei eine tatsächliche Kontrolle unmöglich ist, da nicht darüber Buch geführt wird. Nach Vorschlägen der Forschung und Vorbild von Ländern wie Norwegen und Island soll nun ein alles angelandet werden, was gefangen wird, und auf die Quote angerechnet werden. Auf diese Weise müssten die Fischer dafür sorgen, dass der Beifang so klein wie möglich gehalten würde. Technische Möglichkeiten gebe es.

    Die Forscher kritisieren jedoch, dass dieser Schritt in die richtige Richtung von viel zu vielen Ausnahmen wirkungslos gemacht wurde. Statt die Rückwürfe ganz zu verbieten, dürfen weiterhin fünf Prozent gemessen an der Quote ins Meer entsorgt werden. „Keiner kann den Fischern nachweisen, dass sie nicht bereits diese Menge überschritten haben“, meint Zimmermann.
    Besonders enttäuschend ist für Rainer Froese, dass diese Erhaltungsmaßnahmen sich nur auf kommerziell genutzte Arten mit Quote beschränken. „Gerade die besonders bedrohten Arten wie Dornhai und Aal können weiter uneingeschränkt gefischt werden. Das kann, wenn der Fangdruck nicht sinkt, zum Aussterben der Bestände wenn nicht sogar der Art führen.“

    Eine Reduzierung des Fangdrucks über einen bestimmten Zeitraum gäbe den Fischbeständen die Möglichkeit, sich besser zu vermehren. Dies könnte die Fangmengen wesentlich erhöhen. Das würde die Fischerei in Europa auch wieder in die Wirtschaftlichkeit führen, denn laut Froese könnten die Fischer nur deshalb so viel fahren, weil der Diesel massiv subventioniert werde.

    Trotz Enttäuschung über die jetzige Rückwurfregelung sieht Christopher Zimmermann das Vorhaben „Politikberatung“ nicht als gescheitert. „In der Politik geht es leider noch immer viel zu oft um kurzfristige Überlegungen als um das Erreichen oder wenigstens die Definition langfristiger Ziele“, erzählt Zimmermann im NeFo-Interview.

    Den vollständigen Artikel zum Themenschwerpunkt sowie das Interview mit Christopher Zimmermann lesen Sie unter http://www.biodiversity.de/index.php/de/fuer-presse-medien/top-themen-biodiversi...

    Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland (NEFO) ist eine Kommunikationsplattform für Wissenschaftler und Anwender von Wissen zur biologischen Vielfalt. Das Projekt wird im Rahmen von DIVERSITAS-Deutschland e.V. durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Projektpartner sind das Museum für Naturkunde Berlin, Universität Potsdam und Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ.


    Images

    Mit solchen Abfanggittern im Netz könnten Fischer bestimmten Beifang vermeiden. Doch die Politik muss die nötigen Anreize dazu schaffen.
    Mit solchen Abfanggittern im Netz könnten Fischer bestimmten Beifang vermeiden. Doch die Politik mus ...
    Source: Foto: Havforskningsinstituttet

    Dr. Christopher Zimmermann, Thüneninstitut für Ostseefischerei
    Dr. Christopher Zimmermann, Thüneninstitut für Ostseefischerei
    Source: Foto: J. Knaus


    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils
    Biology, Environment / ecology, Nutrition / healthcare / nursing, Oceanology / climate, Politics
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).