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Wissenschaft
"Genes Were Easy" - wie ein Seufzer stand dieses Motto unter der Ankündigung der ersten Tagung der "Human Proteome Organisation" (HUPO) Anfang April vergangenen Jahres in McLean/Virginia, USA. Zwei Monate zuvor, genau am 8. Februar 2001, war diese Organisation von Proteinforschern gegründet worden. 1990, als die Wissenschaft sich daran machte, sämtliche drei Milliarden Buchstaben des Genoms des Menschen mit seinen damals geschätzten 100 000 Genen zu entziffern, verglichen Beobachter diese Anstrengung mit der der Mondlandung. Die Genomforschung war nicht ganz so kostspielig, kostete aber immerhin umgerechnet nahezu drei Milliarden Euro. Bereits nach zehn Jahren, fünf Jahre früher als erwartet, präsentierten die Protagonisten der Genomforschung im Sommer 2000 ihre Ergebnisse im Weißen Haus in Washington. Ermöglicht hatte diesen Erfolg die rasante Entwicklung in der Sequenziertechnik. Zwei hervorstechende Erkenntnisse des Genomprojekts: Die 100 000 Gene des Menschen sind auf etwa 30 000 bis 40 000 Gene zusammengeschrumpft. Und das bis dato geltende Dogma "Ein Gen - ein Protein" haben die Wissenschaftler ad acta gelegt. Sie gehen davon aus, dass ein einzelnes Gen die Baupläne für bis zu zehn verschiedene Proteine enthält. Das heißt, es gibt etwa 300 000 bis 400 000 Proteine im menschlichen Körper. Ein unendlich komplexes Netz von Interaktionen. Nicht umsonst sprechen viele Forscher auch vom "Universum der Proteine". Vor diesem Hintergrund mutet die Entzifferung des Alphabets der Gene geradezu wie ein Spaziergang an. Es macht den Seufzer über die "Leichtigkeit der Genomforschung", denn nichts anderes bedeutet der Satz "Genes were easy", verständlich.
Seit über 40 Jahren erforschen Wissenschaftler die Struktur und Funktion von Proteinen. In den vergangenen Jahren wurden weltweit riesige Proteindatenbanken aufgebaut, die den Forschern helfen, ihre Daten zu speichern, zu sortieren und zu vergleichen. Durch die Genomforschung gewinnt die Proteinforschung zunehmend an Bedeutung. Denn über die Erforschung der Struktur und Funktion der Proteine wollen die Forscher auch der Funktion der Gene auf die Spur kommen. Ein Ziel dabei ist neben der Erkenntnis über die Struktur und biologische Funktion von Proteinen die gezielte Entwicklung von Medikamenten gegen schwere Krankheiten.
Seit wenigen Jahren gibt es weltweit einige Forschungsprogramme für die systematische Struktur- und Funktionsanalyse von Proteinen vor allem in den USA, Asien und Europa - darunter in Deutschland die Berliner Proteinstrukturfabrik. Sie haben sich zum Teil unterschiedliche Aufgaben gestellt. Ergebnisse dieser Projekte aus dem In- und Ausland werden jetzt erstmals im Oktober dieses Jahres auf der Internationalen Konferenz der "International Structural Genomics Organisation" (ISGO) im Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch vorgestellt.
Human Proteome Organisation - HUPO
Um bei dieser gewaltigen Aufgabe nicht den Überblick zu verlieren, haben die Proteinforscher, ähnlich wie über zehn Jahre zuvor die Genomforscher, eine Organisation gegründet, die Human Proteome Organisation, kurz HUPO genannt. Ziel von HUPO ist es, insbesondere die Erforschung der Struktur und Funktion aller Proteine (Proteom) des Menschen zu fördern und die weltweiten Aktivitäten zu bündeln. HUPO ist von Beginn an ein internationales Projekt. Gründungsmitglieder sind Proteinforscher aus Japan, mehreren europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Niederlande, Schweden, Schweiz) und den USA.
Human Genome Organisation - HUGO
Vorgänger von HUPO ist, wenn man so will, eine andere Wissenschaftlerorganisation, HUGO genannt. Die Abkürzung steht für Human Genome Organisation. Sie wurde im September 1988 in Montreux/Schweiz von Wissenschaftlern aus 17 Ländern gegründet, HUGO koordiniert die Genomforschung in mehr als 18 Ländern der Erde.
"International Structural Genomics Organisation" - ISGO
In den Bereich der Proteomforschung gehört auch die "International Structural Genomics Organisation" (ISGO), zu der sich Proteinforscher ebenfalls im vergangenen Jahr zusammengeschlossen haben. Noch vor fünf Jahren gab es den Begriff "Structural Genomics" in der Wissenschaft gar nicht, wie Prof. Udo Heinemann, Proteinkristallograph am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, sagt. Heute markiert dieser Begriff den Aufbruch in eine neue Ära: Dabei geht es bei diesem hochaktuellen Forschungsgebiet nicht um die Struktur des Genoms, wie die Bezeichnung vermuten lassen könnte, sondern um die Entzifferung der Struktur von Proteinen.
Den Unterschied zwischen der HUPO und der ISGO erläutert Prof. Heinemann wie folgt: "HUPO kümmert sich umfassend um alle Aspekte aller Proteome (Proteomics) - etwa um Proteinsequenzen, Modifikationen, Gewebsverteilung, Lokalisation in Zellen, Protein-Protein-Wechselwirkungen und vieles mehr. 'Structural Genomics' hingegen, oder 'Structural Proteomics' wie manche Wissenschaftler sagen, erforscht in erster Linie die dreidimensionale Struktur von Proteinen".
Dabei hat sich die ISGO unter anderem zur Aufgabe gemacht, Standards in der Strukturanalyse zu erarbeiten sowie Fragen zur Veröffentlichung der Strukturen (Zeitpunkt) und Patentierung zu diskutieren. Die Vorläuferkonferenz zu dem Berliner Kongress fand im November 2000 in Yokohama/Japan statt.
Drei Sektionen - Asien, Europa, USA
Die ISGO hat drei Sektionen mit drei Sprechern. Prof. Heinemann, der auch an der Freien Universität Berlin lehrt, ist Sprecher der europäischen ISGO-Sektion, daneben auch der Berliner Proteinstrukturfabrik. Prof. Thomas C. Terwilliger (Los Alamos National Laboratory, Los Alamos/USA) vertritt die nordamerikanische Sektion der ISGO. Prof. Shigeyuki Yokomaya vom Riken Genomic Sciences Center, Yokohama/Japan ist ISGO-Sprecher der asiatischen Sektion.
Die Proteomforschung ist noch ein ganz junges Forschungsgebiet. Im November dieses Jahres wird HUPO seinen ersten Weltkongress veranstalten. In Frankreich, in Versailles. Ein wahrhaft angemessener Tagungsort für solch eine gigantische Herausforderung.
Weitere Informationen erhalten Sie von
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
Robert-Rössle-Str.10
D-13125 Berlin
Tel.: +49/30/9406-38 96; Fax.:+49/30/9406-38 33
e-mail:presse@mdc-berlin.de; http://www.mdc-berlin.de
Criteria of this press release:
Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research projects, Scientific conferences
German
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