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Wissenschaft
Antike Gerichtsrede von Altertumswissenschaftler der Universität Jena neu übersetzt
Jena (15.10.02) Auf Liebeszauber lautet die Anklage, gegen die sich der römische Dichter Apuleius im Jahr 158 n.Chr. vor Gericht verteidigen muss: Mit Hilfe der Magie soll er sich die reiche Pudentilla geangelt haben. Apuleius redet um sein Leben - Zauberei wird im Römischen Reich mit dem Tod bestraft. Sein Plädoyer in eigener Sache ist die einzige Gerichtsrede, die aus der römischen Kaiserzeit überliefert ist. Der Altphilologe Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat den lateinischen Text jetzt neu übersetzt. Das wertvolle historische Dokument ist damit zum ersten Mal seit Jahren wieder auf Deutsch im Buchhandel erhältlich (Apuleius, Über die Magie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002. 376 Seiten, ISBN 3-534-14946-7, 25,90 Euro).
Die drohende Hinrichtung vor Augen, zieht Apuleius alle Register seines Redetalents. Ein geistiger Mensch mit vielseitigen Interessen, der von den ungebildeten Verwandten seiner eigenen Frau verleumdet wird - so stellt er sich dar. "Apuleius wollte die Angelegenheit wie einen Familienstreit aussehen lassen, bei dem es statt um Magie in Wahrheit um Pudentillas Geld ging", erklärt Prof. Hammerstaedt. Verbotene Hilfsmittel will der Angeklagte gar nicht nötig gehabt haben, um Pudentilla zu erobern. Merkwürdig, wie gut er trotzdem über die Zauberei Bescheid weiß ... - "Wahrscheinlich hatte Apuleius tatsächlich mit magischen Praktiken experimentiert", meint Hammerstaedt, "allerdings nicht aus erotischen Gründen, sondern um zu philosophischen Erkenntnissen zu kommen - und um diesen heißen Brei musste er vor Gericht so elegant wie möglich herumreden."
Als Intellektueller mit einem Hang zum Übersinnlichen stand Apuleius zu seiner Zeit nicht allein. Um 150 n.Chr. boomte im Römischen Reich die Spiritualität. Wissenschaft und Religion vermischten sich, Philosophen beschworen dunkle Mächte, und neue Kulte wie das Christentum zogen die Menschen in ihren Bann. "In Apuleius' Verteidigungsrede spiegeln sich die widersprüchlichen geistigen Strömungen seines Jahrhunderts", macht Hammerstaedt den Wert der Rede als historische Quelle deutlich. Um ihre Hintergründe einem möglichst breiten Publikum verständlich zu machen, hat der Jenaer Spezialist für griechische und römische Literatur ein interdisziplinäres Team von Mitautoren zusammengestellt. Die Forscher aus verschiedenen Fachgebieten erläutern z.B. die juristische Basis der Anklage, Apuleius' Argumentation oder die Rolle der Magie im frühen Christentum. Das neue Apuleius-Buch, hofft Hammerstaedt, wird auch über die Altphilologie hinaus Leser finden, die sich für Rechtsgeschichte, Religionswissenschaft und Philosophie interessieren - oder auch einfach nur wissen wollen, wie es der angebliche Liebes-Magier geschafft hat, seinen Kopf am Ende doch noch einmal aus der Schlinge zu ziehen.
Die Apologie des Apuleius ist jetzt in neuer Übersetzung erschienen.
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Criteria of this press release:
History / archaeology, Language / literature, Law, Philosophy / ethics, Politics, Religion
transregional, national
Scientific Publications
German
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