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07/04/2013 13:49

Schutz vor der Flucht in die Einsamkeit: Psychotherapie wirksam bei sozialer Phobie

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Berlin – Die krankhafte Angst davor, von anderen negativ beurteilt zu werden, schränkt Betroffene stark ein. Sie meiden es, Aufmerksamkeit zu erregen, isolieren sich und drohen zu vereinsamen. Rund zwei Prozent der deutschen Bevölkerung leiden an der sogenannten sozialen Phobie. Mit einer der weltweit größten Studien zu diesem Thema haben deutsche Wissenschaftler nun herausgefunden, dass Kurzzeit-Psychotherapie ein wirksames Mittel gegen die Angst vor Menschen ist. Diese Wirkung hält selbst zwei Jahre nach Ende der Psychotherapie noch an, wie ein Experte der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) betont.

    Soziale Phobie ist die häufigste Angststörung in Deutschland. Etwa zwei Prozent der Bevölkerung leiden darunter. Meist ziehen sich die Betroffenen bereits im Jugendalter von Sozialkontakten zurück. Sie haben geradezu panische Angst davor, schlecht beurteilt zu werden oder in peinliche Situationen zu geraten. Deshalb vermeiden sie es, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Das führt oft zu erheblichen privaten und beruflichen Problemen und in extremen Fällen zu Vereinsamung. Als mögliche Behandlungen gelten Medikamente und Psychotherapien. Dass Gespräche in vielen Fällen den Tabletten überlegen sind, hat nun der vom Bundesministerium geförderte Forschungsverbund SOPHO-NET mit einer umfassenden Untersuchung bestätigt. „Dabei handelt es sich um eine der größten Studien zur Psychotherapie weltweit“, sagt Professor Dr. rer. nat. Falk Leichsenring von der DGPM und Leiter der SOPHO-NET-Studie.

    Für die multizentrische Studie, deren erste Ergebnisse vor kurzem im „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht worden sind, hatten die Forscher 495 Patienten zufällig in drei Gruppen eingeteilt. Die Patienten der ersten Gruppe wurden neun Monate lang mit der sogenannten kognitiven Therapie behandelt, die der zweiten neun Monate lang mit der sogenannten psychodynamischen Therapie. Die dritten Gruppe blieb über sechs Monate unbehandelt – entsprechend den durchaus realen Bedingungen einer Warteliste. Im Ergebnis zeigten die beiden Psychotherapiegruppen mit 60 beziehungsweise 52 Prozent der Patienten deutliche Heilungsanzeichen in ähnlichem Umfang. Bei der Wartelistengruppe waren es 15 Prozent. In den ersten beiden Gruppen wiesen 36 beziehungsweise 26 Prozent überhaupt keine klinischen Symptome der sozialen Phobie mehr auf. In beiden Therapiegruppen besserte sich auch die Depressivität. „Damit ist klar, dass beide Psychotherapien wirksam sind. Im Gegensatz zu einer medikamentösen Behandlung hält die Besserung auch noch zwei Jahre nach Ende der Behandlung an“, sagt Professor Leichsenring, Professor für Psychotherapieforschung in der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Gießen.

    Für Leichsenring geht es nun darum, welche Patienten von welcher Form der Psychotherapie am stärksten profitieren können: „Menschen mit sozialer Phobie können sehr verschieden sein“, sagt er. „Möglicherweise kommt für Betroffene, die vor allem handlungsorientiert sind, eher die kognitive Therapie in Frage“, meint Leichsenring. Hier entwickeln Patient und Therapeut zusammen Handlungsmuster, die den Alltag erleichtern. Für Menschen, die darüber hinaus verstehen möchten, was hinter ihren Ängsten steckt, eigne sich die psychodynamische Therapie besser. Sie geht davon aus, dass die Krankheit auf ungelöste Beziehungskonflikte in der Vergangenheit zurückgeht, die es zu verarbeiten gilt.

    Weitere Studien im Rahmen von SOPHO-NET untersuchen derzeit auch, ob Psychotherapie die gesellschaftlichen Kosten der sozialen Phobie reduzieren kann und wie sich bei Jugendlichen die Erkrankung frühzeitig verhindern lässt.

    Literatur:
    Leichsenring et al.: Psychodynamic Therapy and Cognitive-Behavioral Therapy in Social Anxiety Disorder: A Multicenter Randomized Controlled Trial; Am J Psychiatry 2013;170:759-767. 10.1176/appi.ajp.2013.12081125
    Abstract online: http://ajp.psychiatryonline.org/article.aspx?articleid=1688271

    Pressekontakt für Rückfragen:
    Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)
    Pressestelle
    Anne-Katrin Döbler, Christine Schoner
    Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
    Tel: 0711 8931-573; Fax: 0711 8931-167
    schoner@medizinkommunikation.org
    http://www.dgpm.de


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Medicine, Psychology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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