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Wissenschaft
Kooperation von Münchner Polizei und Ludwig-Maximilians-Universität
München, 21. Oktober 2002 - Wo Menschenwürde verletzt wird, ist Zivilcourage gefragt. Doch die Appelle von Politikern und Führungskräften aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft verhallen allzu oft ohne Wirkung. Die Münchner Polizei hat nun mit einem ganz besonderen Projekt Erfolg: Unter dem Namen "zammgrauft" hat das Kommissariat 314 - Verhaltensprävention und Opferschutz - in München einen Kurs von A wie Antigewalt bis Z wie Zivilcourage konzipiert. Das Training richtet sich an Multiplikatoren in Schulen und Gefängnissen und wurde am Lehrstuhl für Sozialpsychologie der LMU München, Professor Dieter Frey, wissenschaftlich begleitet. "Nach einem Jahr Erfahrung sind die Ergebnisse sehr ermutigend", zieht Professor Frey Bilanz.
Die meisten Menschen machen bereits als Kinder und Jugendliche Gewalterfahrungen unterschiedlicher Ausprägung. Daher kann davon ausgegangen werden, dass in entsprechend großen Gruppen, wie etwa in Schulklassen oder Freizeittreffs, sowohl Täter wie Opfer und auch Zeugen vertreten sind. Das Präventionskommissariat K 314 und die Jugendbeamten des Polizeipräsidiums München haben nach dem Vorbild des Polizeipräsidiums Dortmund den POLIZEI-Kurs "zammgrauft" entwickelt und seit September 2001 angeboten.
Kooperationspartner waren zum einen der Kreisjugendring München Stadt und zum anderen der LIONS-Club München Würmtal als Sponsor. Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren, die präventiv geschult werden.
Das Projekt "zammgrauft" ist als Multiplikatorenausbildung angelegt, um so möglichst viele Kinder und Jugendliche zu erreichen. Inzwischen wurden 450 Lehrer/innen, Erzieher/innen, Sozialpädagogen/innen und Leiter/innen von Wohngruppen als Multiplikatoren/innen durch das K 314 ausgebildet. Auch 60 Polizeibeamte/innen des Polizeipräsidiums München und etwa 30 Polizeibeamte/innen aus ganz Bayern haben das Training absolviert. Die ausgebildeten Multiplikatoren sollen ihr Know-how in Schulen, Jugendzentren und Gefängnissen umsetzen. Dort sollen Schüler, Jugendliche und Gefängnisinsassen so ausgebildet werden, dass diese sich ihrerseits stärker selbst behaupten können in Konfliktsituationen, lernen "Nein" zu sagen und sich gegen Gruppen, die z.B. Gewalt verherrlichen, durchzusetzen.
Es fehle oft, so Professor Frey, an den richtigen Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen, was man genau tun sollte und was man besser nicht tun sollte. Dies ist der Ausgangspunkt der Trainings. Den Teilnehmern werden in einem Zwei-Tages-Kurs Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten vermittelt, wie sie sich in bestimmten Situationen, die Hilfe und Zivilcourage erfordern, konkret verhalten sollen. z.B. bei Bedrohungen im Bus, bei Tätlichkeiten in der U-Bahn, bei ausländerfeindlichen Witzen, bei Handgreiflichkeiten usw. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, fertige Rezepte zu vermitteln. Vielmehr sollen die Teilnehmer lernen, Situationen sensitiver einzuschätzen und sich je nach den Umständen zu verhalten. Die Frage ist: Was sollte man in bestimmten Situationen auf keinen Fall tun und welche Handlungsmöglichkeiten bleiben übrig wie z.B. laut schreien, Hilfe holen, Notruf anrufen oder widersprechen.
Die Trainings haben auch die Funktion, Einfühlungsvermögen gegenüber Opfern zu erhöhen, das Verantwortungsbewusstsein zu schärfen sowie Selbstwert zu stärken.
Ergebnisse
Die bisherigen Trainings-Ergebnisse zeigen, dass die Kurse effektiv sind:
a) tatsächliches Wissen erhöht sich
b) das subjektive Kompetenzgefühl, einschreiten zu können, erhöht sich
c) die Sicherheit einzuschreiten, erhöht sich
d) die wahrgenommene Verantwortung, selbst zuständig zu sein, erhöht sich
Neben Profesor Frey sind Privatdozentin Dr. Veronika Brandstätter und Diplom Psychologe Peter Fischer am Lehrstuhl in das Projekt eingebunden. Zudem werden derzeit mehrere Diplomarbeiten und Doktorarbeiten zur Thematik "Zivilcourage" geschrieben. Über die Ergebnisse wurde auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie im September 2002 in Berlin berichtet.
Das Polizei-Projekt ist als langfristige Maßnahme angelegt und wird analog und zur Ergänzung des bereits seit 1998 bestehenden "POLIZEI-Kurses" als ständiges Angebot offeriert. Der POLIZEI-Kurs ist ein Projekt zur Förderung der Zivilcourage und zur Steigerung des subjektiven Sicherheitsempfindens. Das Projekt ist grundsätzlich als so genannte primär- und sekundärpräventive Maßnahme zu sehen. In abgewandelter Form kommt die Idee auch in Jugendarrestanstalten oder in Einrichtungen des betreuten Wohnens (tertiärpräventiv) zum Zuge.
Ansprechpartner:
Kriminalhauptkommissar Dieter Mutz, Stellvertretender Leiter des
Polizei-Kommissariats 314 - Verhaltensprävention und Opferschutz -
Tel.: 089/2910-4461
E-mail: pp-mue.muenchen.k314@baypol.bayern.de
Professor Dr. Dieter Frey, Lehrstuhlinhaber für Sozialpsychologie und
Geschäftsführender Direktor des Departments Psychologie, LMU
Tel. 089 / 2180-5181
Criteria of this press release:
Psychology
transregional, national
Research projects
German
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