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Die neuen Steuerungsmodelle irritieren die Politik - Bundesweite Repräsentativbefragung des Instituts Arbeit und Technik zur Verwaltungsmodernisierung
Die Modernisierungseuphorie in den deutschen Rathäusern ist ins Stocken geraten.In vielen Kommunen, die mit dem "Neuen Steuerungsmodell" begonnen haben, ihre Rathäuser zu bürgerorientierten Dienstleistungsunternehmen umzugestalten, die - befreit von verkrusteten bürokratischen Strukturen - die Leistungen für Bürger besser und billiger erbringen sollen, setzt Ernüchterung ein. Nur ein Teil der Beschäftigten trägt die Reformen mit, viele Führungskräfte üben hinhaltenden Widerstand zwecks Wahrung von Besitzständen, die Finanzkrise gewinnt oft derart die Oberhand, daß Effektivität und Effizienz gegenüber kurzfristigen Einsparversuchen ins Hintertreffen geraten und Modernisierung mit Leistungskürzung für die Bürger und Arbeitsverdichtung für die Mitarbeiter gleichgesetzt wird. Vollends irritiert sind die Ratsvertreter: sie können der Forderung, das Tagesgeschäft der Verwaltung zu überlassen, um mehr Zeit für ihre strategische Steuerungsfunktion zu haben, wenig abgewinnen.
Im Rahmen des Projektes "Implementation der neuen Steuerungsmodelle: Die Ausgestaltung der Schnittstellen zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern" hat das Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) erstmals eine bundesweite Repräsentativbefragung von Politikern durchgeführt, um einen Überblick über deren Einschätzungen der Verwaltungsmodernisierung zu gewinnen. "Offensichtlich kommt die Beteiligung der Ratsmitglieder während des Reformprozesses zu kurz" stellen die IAT-Wissenschaftler Rolf Brandel und Dr. Sybille Stöbe anhand der Auswertung der Ergebnisse fest. Nur ein Drittel der befragten Kommunalpolitiker fühlt sich über die Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung in ihrer Stadt gut informiert, ihre Einbeziehung in die Modernisierung schätzt mehr als die Hälfte als zu gering ein. Beklagt wird, daß die Politik aus der näheren Ausgestaltung der Verwaltungsmodernisierung hinausgedrängt werde. In einigen Fällen verfolgt die Verwaltung tatsächlich diese Strategie - und zielt dabei meist auf Konfliktvermeidung: die Politik könnte ja blockieren, wenn sie informiert und beteiligt ist.
Ob es für Ratmitglieder künftig einfacher oder schwieriger wird, die Kommunalverwaltung sachgerecht zu steuern, wird sehr unterschiedlich eingeschätzt. Ein Drittel geht davon aus, daß die Steuerungsaufgabe eher leichter zu erfüllen sein wird, knapp 40 Prozent vermuten das Gegenteil, die übrigen sind unentschieden oder erwarten keine Änderungen. Die Forderung nach einer Abstinenz der Ratsmitglieder von "Wie"-Fragen des Tagesgeschäfts wird meist als unrealistisch und für den Modernisierungserfolg letztlich kontraproduktiv eingeschätzt. Viele "Wie"-Fragen und Einzelfallentscheidungen enthalten politischen Zündstoff - Politiker sind gezwungen, sich damit zu befassen. Zur Lösung dieser Probleme wurde in einigen Städten ein Beschwerdemangement eingerichtet, in anderen Kommunen wurde versucht, das Berichtswesen zwischen Verwaltung und Politik zu verbessern.
Auch die Rats- und Fraktionsarbeit muß sich neu orientieren. Zwar wird vermutet, daß sich durch eine Verminderung der Ratsausschüsse die Arbeitsmöglichkeiten verbessern könnten, dieser Schritt wird aber kaum umgesetzt. Oft will man während der laufenden Ratsperiode den fraktionsintern wie fraktionsübergreifend mühsam austarierten Proporz bei der Besetzung von Ausschüssen und der Verteilung von Ausschußvorsitzen nicht antasten. Die Position des Rates zwischen einer "Co-Verwaltung" und einem "Absegnungsgremium" muß geklärt werden. Bürgerschaftliches Engagement soll gefördert werden, die Politiker suchen nach finanziellen Fördermöglichkeiten - mit dem Fazit: "Wir müssen zwar, aber wir können nicht mehr tun".
Die IAT-Wissenschaftler propagieren hier den Modell-Pragmatismus: "Bei den Problemkreisen, die sich durch die Modernisierungsbestrebungen im Verhältnis zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern herauskristallisiert haben, handelt es sich keineswegs um vergängliche Anpassungs- und Übergangsphänomene". Einerseits gilt die Politik vielfach als Störfaktor, vom Machtstreben, persönlichen Profilierungsinteressen, parteipolitischem Kalkül und der Konkurrenz zwischen Mehrheit und Opposition geprägt. Andererseits sollten die Politiker die neuen Steuerungsmodelle nicht in Bausch und Bogen verdammen. Immerhin ist die Aussicht, sich nicht in Kleinigkeiten zu verlieren, sondern die Entwicklung der Kommune strategisch zu gestalten, gerade für Politiker mit einem hohen inhaltlichen Anspruch von Interesse. So werden sich Einzeleingriffe der Politik in das Tagesgeschäft der Verwaltung auch bei weiter verbesserten Instrumenten nicht vermeiden lassen.
Nach Auffassung der Wissenschaftler müssen Politik und Verwaltung die Modellkomponenten der "Neuen Steuerung" gemeinsam pragmatisch weiterentwickeln. Angesichts der weit verbreiteten Kritik der Politik an der Intransparenz der Verwaltung dürfte es sich beispielsweise durchaus lohnen, in die Entwicklung von verbesserten Berichts- und Informationssystemen zu investieren.
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Rolf Brandel
Durchwahl: 1707-169
Dr. Sybille Stöbe
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Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen
Tel.: +49-209/1707-176
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WWW: http://iat-info.iatge.de
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Social studies
transregional, national
Research projects
German
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