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Wissenschaft
Horror vor dem Sprung über den Bock
Chemnitzer Wissenschaftler nimmt Angst im Sportunterricht unter die Lupe
Das schaffe ich doch nie! Mit feuchten Händen und einem flauen Gefühl im Magen stehen die Schüler ängstlich vor dem Bock, über den sie springen sollen. Angst - ein ständiger Begleiter des Sportunterrichts. Der Sportwissenschaftler Thomas Schack von der Chemnitzer Uni hat die Ängste der Kinder vor dem Sport jetzt genauer unter die Lupe genommen. Dabei fand er heraus: Je sicherer sie sich fühlen und je besser sie ihre eigenen Bewegungen kontrollieren können, desto weniger fürchten sie sich.
Für seine Doktorarbeit wählte sich Schack drei Klassen mit neun und zehn Jahre alten Schülern aus. Mit ihnen sprach er über ihre Sportangst, setzte ein psychologisches Training ein, gab Ratschläge und half ihnen so, ihre Ängste zu überwinden. Angst, so der Sportwissenschaftler, kann nämlich ganz verschiedene Ursachen haben: der eine fürchtet sich zu blamieren, der nächste sich zu verletzen, der dritte die Konkurrenz und der vierte schließlich den Mißerfolg. So hält Angst etwa oft davon ab, in der Freizeit oder im späteren Leben Sport zu treiben. Solcherart ängstliche Kinder sind auch seltener Mitglied in einem Verein. Ist die Angst erst einmal da, steigert sich das Kind immer mehr in sie hinein. Es ist nicht mehr so aufmerksam und kann seine Bewegungen nicht ausreichend kontrollieren. Dadurch kann es sich auch leichter verletzen.
Angst hat aber noch eine andere Seite: Sie schützt uns davor, uns zu überschätzen. Es wäre nämlich gefährlich, hätten die Kinder überhaupt keine Angst. Hier setzt Schack mit seinen Untersuchungen an. Wenn die Kinder ihre Ängste selbst erkennen und lernen, sich damit auseinanderzusetzen, so vermutete er, könnten sie auch besser damit umgehen. Also schlug er ihnen vor, sich selbst kleine Zwischenziele zu stecken. Wer die schaffe, traue sich auch an schwierigere Übungen heran. Beim Bockspringen etwa könne man den Bock anfangs niedriger einstellen.
Aber auch "lautes Denken" und eine Veränderung der "inneren Sprache" könne helfen, mit Mißerfolgen besser klarzukommen. Gehe man eine Aufgabe zunächst in Gedanken durch, so werde es leichter, sie dann praktisch umzusetzen. Wesentlich, so Schack, ist, daß wir uns über eine Art inneres Selbstgespräch verändern. Bei Kindern sollte man dies besonders positiv beeinflussen. So lernen sie, sich gezielt zu entspannen und bekommen ein besseres Gefühl für ihren Körper. Je erfolgreicher sie auf diese Weise werden, desto weniger bedrohlich empfinden sie eine Übung.
Ein weiterer Gesichtspunkt: Von einem Vorbild lernen Kinder am liebsten. Zeigt der Lehrer oder auch ein Schüler, wie es gemacht wird, fällt es den Mitschülern leichter, die Übung selbst zu machen. Später sollte der Lehrer dann auf Fehler hinweisen und den Schüler auch mal loben. Und auch das sollte nicht vergessen werden: Die Andern haben ebenfalls Angst. Wer offen über seine Befürchtungen spricht, merkt schnell, daß er mit seiner Angst nicht allein ist.
Die Erfolge dieses Vorgehens blieben nicht aus. So konnte Schack mit seinen Untersuchungen zeigen, daß die Schüler nach Ende des Programms selbstbewußter wurden und mutiger an eine sportliche Übung herangingen. Außerdem lernten sie, ihre Gefühle besser zu kontrollieren. Auch kommen die Kinder insgesamt in der Schule besser zurecht und trauen sich jetzt mehr zu.
Mittlerweile sind die Ergebnisse der Doktorarbeit Schacks auch als Buch erschienen, und zwar unter dem Titel "Ängstliche Schüler im Sport: Interventionsverfahren zur Entwicklung der Handlungskontrolle". Nicht nur unter Sportlehrern und Trainern in Deutschland, sondern auch im Ausland findet es Beachtung. Selbst in einer amerikanischen Sportzeitschrift wurde es positiv besprochen. Damit konnte der Wissenschaftler eine wichtige Lücke in der Sportforschung verkleinern. Schack erhielt für seine Doktorarbeit sogar den renommierten "Karl Hofmann Publikationspreis" für die beste Veröffentlichung auf dem Gebiet des Sports.
Immer öfter auch wird Schack in der letzten Zeit gebeten, Vorträge über dieses Thema zu halten. Der Chemnitzer Absolvent, der inzwischen als Assistent an der Sporthochschule Köln tätig ist, hat bereits ein neues Forschungsvorhaben ins Auge gefaßt: Angst und mentale Kontrolle beim Bergsteigen.
(Autorin: Ivonne Seifert, Praktikantin in der Pressestelle der TU Chemnitz)
Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Philosophische Fakultät, Fachgebiet Sport, Thüringer Weg 11, 09107 Chemnitz, Prof. Dr. Albrecht Hummel, Tel. (03 71) 5 31-45 26, Fax (03 71) 5 31-29 25, E-mail:doritt.haugk@phil.tu-chemnitz.de, oder Dr. Thomas Schack, Tel. (02 21) 49 82 553, Fax (02 21) 49 82 817
Criteria of this press release:
Psychology, Sport science, Teaching / education
transregional, national
Research projects, Scientific Publications
German
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