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02/22/2003 10:26

Ein Pathologe als Darmkrebs-Patient

Dipl.Pol. Justin Westhoff MWM-Vermittlung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Prof. Manfred Stolte schildert am eigenen Beispiel die wichtige Rolle der Pathologie für die Darmkrebs-Früherkennung.

    Weitere Texte zur Pressekonferenz der Pathologen (IAP) in Bonn unter:
    http://www.mwm-vermittlung.de/aktuiap.html

    "Jeder von Ihnen, der eines Tages an einem fortgeschrittenen Krebs im Dick- und Enddarm erkrankt, sollte sich heute schon schämen!"
    So beginne ich häufig meine Vorträge auf Ärzte-Kongressen. Und ich weiß, wovon ich spreche - ich selbst habe hier Erfahrung als Patient. Und so gilt meine an die Kollegen gerichtete Ermahnung für alle Menschen in Deutschland. Denn: Wenn es einen Krebs gibt, den man verhindern kann, dann ist es dieser, der in den Krebs-Todesursachenstatistiken bei Männern und Frauen leider immer noch an zweiter Stelle steht. Zwischen 30.000 und 50.000 Todesfälle gehen pro Jahr auf das Konto dieses "Killers".

    Ich habe mich mit 58 Jahren vorbeugend einer Darmspiegelung (Koloskopie) unterzogen, obwohl ich vorher keine Beschwerden hatte.
    Die Koloskopie war für mich in keiner Weise belastend. Die Vorbereitung zur Reinigung des Darms war völlig unproblematisch, ohne jegliche Beschwerden, und die Koloskopie selbst habe ich nach einer harmlosen Beruhigungs-Spritze überhaupt nicht bemerkt.
    Das Ergebnis: Drei kleine Polypen von bis zu sechs Millimetern Durchmesser, die gleich abgetragen wurden. Die feingewebliche Untersuchung zeigte, dass es sich um gutartige Polypen handelte, die aber Vorstufen des Krebses sind. Da wir durch eine langfristige Untersuchung wissen, dass der Nachweis solcher gutartiger Polypen ein Signal für die potentielle neue Entstehung von Polypen oder Krebsen an anderer Stelle ist, habe ich mich nach drei Jahren erneut endoskopieren lassen. Das Ergebnis: keine neu entstandenen Polypen, kein Krebs. Die Konsequenz: in drei bis fünf Jahren lasse ich mich wieder koloskopieren.
    Mit dieser "Strategie" bin ich sicher, dass ich nicht am Krebs im Dick- und Enddarm sterben werde. Selbst wenn bei der nächsten Untersuchung ein Krebs entdeckt werden sollte, dürfte dies dann einer im Frühstadium sein, der durch endoskopische Abtragung ohne große Operation geheilt werden kann.

    Zu wenig bekannt: Auch kleine Polypen können gefährlich sein

    Lange Zeit glaubte man, dass Krebs im Dick- und Enddarm nur in großen Polypen entsteht und kleine Polypen harmlos sind. Durch Forschungen in Japan ist aber schon Ende der 80er Jahre klar geworden, dass es auch gefährliche kleine Neubildungen in der Schleimhaut des Dick- und Enddarms gibt. Pathologen haben diese neuen Erkenntnisse geradezu "missionarisch" in Deutschland verbreitet. Das Ergebnis: Auch bei uns werden diese "mini de novo-Karzinome" heute häufiger erkannt und erfolgreich endoskopisch behandelt. Allerdings: Es besteht noch ein erheblicher Nachholbedarf in der Diagnostik dieser kleinen Krebsformen. Die Rate dieser bestimmten ("mini de novo") frühen Karzinome beträgt bei uns zur Zeit nur 15 Prozent unter allen Frühkarzinomen, während sie in Japan bei rund 30 Prozent liegt. Hier haben Pathologen also noch mehr Aufklärungsarbeit auch in Richtung der koloskopierenden Ärzte zu betreiben.

    Grundsätzliche Rolle des Pathologen als "Aufklärer"

    Es waren Pathologen wir Professor Dr. K. Elster und Professor Dr. B. Morson, die erstmals in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gezeigt haben, dass Krebs zumeist aus gutartigen Vorläufern, den Adenomen, entsteht. Damit war klar, dass die Entfernung dieser Vorläufer den Krebs verhindern können. Die endoskopische Abtragung dieser Vorstufen des Krebses wurde erstmals im Jahr 1973 in Erlangen durchgeführt. Dass diese Polypektomie die Rate der kolorektalen (Dick- und Enddarm-)Karzinome um 70 bis 90 Prozent senken kann, ist dann in den 90er Jahren in einer großen amerikanischen Studie eindeutig gezeigt worden.
    Bis heute ist es generell die Aufgabe der Pathologen, in vorderster Front für die Krebsprophylaxe zu kämpfen. Wir tun dies durch ständige Fortbildung von Ärzten und auch Nicht-Ärzten.

    Der Pathologe stellt die Weichen für Diagnostik und Therapie

    Jeder Polyp wird von einem Pathologen untersucht. Er stellt fest, ob es sich um einen gutartigen Polypen, um eine Polypen mit Krebs-Vorstufen oder schon um ein Karzinom handelt. Seine Diagnose entscheidet über das weitere Vorgehen: wird nur ein gutartiges Adenom diagnostiziert, reicht es aus, die nächste Kontrollkoloskopie in drei Jahren durchzuführen. Werden aber im Adenom schon Krebsvorstufen entdeckt, muss die nächste Kontrolle spätestens in einem Jahr erfolgen. Findet der Pathologe im Adenom schon ein Frühkarzinom, entscheidet die histologische Aufarbeitung über die Frage: Operation oder nicht. Wenn ein Frühkarzinom mit geringgradigem Risiko einer möglichen Metastasierung in die umgebenden Lymphknoten vorliegt, kann auf eine große Operation verzichtet werden. Wenn aber histologisch ein erhöhtes Risiko einer derartigen Absiedlung von Tochtergeschwülsten in die umgebenden regionalen Lymphknoten vorliegt, muss die operative Therapie folgen, denn dann besteht ein Risiko von 17 bis 27 Prozent der lymphogenen Metastasierung.

    Die Rolle des Pathologen bei und nach einer Operation

    Wenn ein fortgeschrittenes Karzinom vorliegt, ist das Ergebnis der Untersuchung dieses Präparates durch den Pathologen für das weitere therapeutisch-operative Vorgehen entscheidend. Dazu muss der Pathologe nicht nur den Tumor, sondern auch sämtliche Lymphknoten untersuchen. Somit ist der Pathologe der entscheidende "Qualitätskontrolleur" des Chirurgen. Eine Studie unseres Instituts hat gezeigt, dass die Prognose der Patienten ganz entscheidend vom Operateur abhängig ist. Ein Chirurg, der nur den Tumor ohne alle umgebenden Lymphknoten entfernt, hat sehr viel schlechtere Ergebnisse als ein Chirurg, der sich an die Regeln der onkologischen Chirurgie hält.
    Der Pathologe ist auch der Lotse für die Therapie nach dem Eingriff. Nur wenn er das Operationspräparat optimal aufarbeitet, nach Einbrüchen in Lymph- und Blutgefäße fahndet und sämtliche Lymphknoten am Operationspräparat untersucht, lässt sich das Stadium des Tumors exakt bestimmen. Dies ist dann die Basis für die Entscheidungen darüber, ob eine zusätzliche Chemotherapie angezeigt ist.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr.med. Manfred Stolte
    Vorstandsmitglied Deutsche Gesellschaft für Pathologie
    Universität Bayreuth, Institut für Pathologie
    Preuschwitzer Straße 101, 95445 Bayreuth
    Tel.: (0921) 400-5602, Fax: -5609
    E-Mail: Pathologie.Klinikum-Bayreuth@t-online.de

    Pressekontakt:
    MWM-Vermittlung
    Kirchweg 3 B, 14129 Berlin
    Tel.: (030) 803 96-86, Fax: -87
    E-Mail: mwm@mwm-vermittlung.de


    More information:

    http://www.mwm-vermittlung.de/aktuiap.html


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results
    German


     

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