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Wissenschaft
Wie das „dreidimensionale“ Sehen funktioniert
Spätestens seit dem Erfolg von James Camerons Kinofilm Avatar im Jahr 2009 ist 3D im Kino und in den Köpfen angekommen. Die breite Etablierung von 3D wurde über die parallele Vermarktung von 3D-fähigen TV-Geräten und Displaysystemen für die Heimanwendung vorangetrieben.
Die Erzeugung eines künstlichen 3D-Effektes über ein zweidimensionales Display ist dabei grundsätzlich über verschiedene Methoden realisierbar, erfolgt nach heutigem Stand jedoch meist über das Prinzip der Stereoskopie (vgl. Holliman et al., 2011). Dabei werden die geometrischen Zusammenhänge der realen räumlichen Wahrnehmung möglichst genau nachempfunden, indem dem Betrachter der Nachbau eines realen räumlichen Reizes über eine zweidimensionale Oberfläche präsentiert wird. Über kortikale Verarbeitungsprozesse wird eine Räumlichkeit interpretiert, welche real nicht gegeben ist.
Dabei müssen zunächst zwei grundlegende Bedingungen erfüllt sein: Eine Bedingung zur Erzeugung eines 3D-Effektes ist die separate Darstellung jeweils eines Seheindruckes für das rechte und linke Auge (vgl. Tauer, 2010). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Halbbildern (siehe Abb., HB). Abhängig von der Wiedergabemethode geschieht die Separation der Halbbilder über verschiedene, technologische Ansätze zur Bildtrennung (vgl. Pastoor & Wopking, 1997), realisiert z.B. über Polarisationsfilter in der getragenen 3D-Brille. Eine weitere Bedingung ist die Positionierung und die perspektivische Variation der Halbbilder (vgl. ebd.). Dabei werden die Halbbilder, horizontal zueinander versetzt, nebeneinander auf dem Display dargeboten. Der horizontale Versatz wird als stereoskopische Parallaxe (siehe Abb., SP) bezeichnet (vgl. Longhi, 2010).
Sind beide Bedingungen erfüllt, so setzen sich die beiden Halbbilder über kortikale Verarbeitung zu einem dreidimensionalen Gemeinschaftsbild (siehe Abb., GB) vor oder hinter der Displayebene zusammen. Ob der 3D-Effekt vor oder hinter der darstellenden Oberfläche wahrgenommen wird, hängt von der Zuordnung der Halbbilder zum jeweiligen Auge ab (vgl. ebd.). Ist das rechte Halbbild dem rechten Auge und das linke Halbbild dem linken Auge zuzuordnen, so wird das Gemeinschaftsbild hinter der darstellenden Oberfläche wahrgenommen (siehe Abb., links). Bei umgekehrter Zuordnung der Halbbilder wird der 3D-Effekt vor der Displayebene wahrgenommen (siehe Abb., rechts).
Durch die Art und Weise der Generierung des stereoskopischen 3D-Effektes kann es zu Problemen in der visuellen Verarbeitung des 3D-Effektes durch den Betrachter kommen. Der sogenannte Vergenz-Akkommodation-Konflikt tritt in Erscheinung (vgl. Hoffman et al., 2008; Shibata et al., 2011; Ukai & Howarth 2008; Lambooij et al., 2009; Howarth, 2011), d.h. die Ebenen der Fokussierung und Fixation – gesteuert durch das visuelle System des Betrachters – fallen unnatürlicherweise nicht zusammen, sondern sind räumlich getrennt. Hierdurch wird das visuelle System übermäßig belastet, was in manchen Fällen zu 3D-induzierten Beschwerden, wie etwa zur Wahrnehmung von unscharfen Bildern, Doppelbildern, ermüdeten Augen, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindelgefühl führt (vgl. Urvoy et al., 2013).
Markus Leicht
markus.leicht@fh-jena.de
Das Literaturverzeichnis sowie weitere Informationen zu den Hintergründen 3D-induzierter Beschwerden und zu Lösungsansätzen lesen Sie unter: http://www.sehen-am-bildschirm.de
Abb.: Wahrnehmung des 3D-Effektes in Abhängigkeit von der Zuordnung der Halbbilder zum jeweiligen Au ...
Abbildung: M. Leicht
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