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08/19/1998 00:00

Zunehmende Belastung der Weltkonjunktur durch Asienkrise

Ina Hormuth Öffentlichkeitsarbeit
HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg

    Zunehmende Belastung der Weltkonjunktur durch Asienkrise

    Die merklich langsamere Expansion der Weltwirtschaft in der ersten Hälfte dieses Jahres spiegelt vor allem die Entwicklung in Ostasien wider, schreibt das HWWA in der jüngsten Ausgabe des WIRTSCHAFTSDIENST. Die Krise in den südostasiatischen Schwellenländern zieht sich länger hin und der Einbruch der Nachfrage in einigen südostasiatischen Schwellenländern ist erheblich tiefer als vielfach erwartet. Zugleich ist die Ausstrahlung auf andere Länder der Region stärker geworden. Darüber hinaus ist Japan in eine schwere Rezession geraten, und der Yen hat gegenüber dem Dollar in den letzten Monaten nochmals erheblich an Wert verloren. Zu dieser Entwicklung haben der Einbruch der Nachfrage aus den südostasiatischen Krisenländern sowie die beträchtlichen Ausfälle von Forderungen gegenüber diesen Ländern beigetragen. Sie trafen indes auf eine ohnehin labile Konjunktur bei grundlegender, seit Jahren anhaltender Wachstumsschwäche in Japan, deren Ursachen weitgehend hausgemacht sind.

    Die Auswirkungen der Krise in Ostasien für die übrige Welt hielten sich indes in Grenzen. Für die einzelnen Regionen waren sie aber unterschiedlich. So verlangsamte sich die Expansion in den USA in den letzten Monaten vor allem infolge eines Rückgangs der Ausfuhr erheblich, und auch in Lateinamerika flachte sich die Aufwärtstendenz merklich ab. Dagegen stieg die Produktion in Westeuropa in der Grundtendenz unverändert deutlich, weil die nachlassenden Impulse von seiten der Ausfuhr durch eine anhaltende Erholung der Inlandsnachfrage aufgewogen wurden. Auch in den mitteleuropäischen Reformländern hat die Produktion nur wenig verlangsamt zugenommen.

    Die Wirtschaftskrise in Ostasien hat zugleich zu einer Änderung des Preisklimas in der Welt geführt. Mit der Dämpfung der Weltnachfrage hat sich der internationale Wettbewerb verschärft; zudem sind die internationalen Rohstoffpreise, auf Dollarbasis, weiter gesunken. All dies hat dazu beigetragen, daß sich die Preise in den Industrieländern nur wenig erhöhten und die Löhne verhalten angehoben wurden.

    Nicht zuletzt deshalb sind die langfristigen Zinsen in den Industrieländern insgesamt deutlich gesunken, und die Wirtschaftspolitik ist weiter expansiv angelegt. Ob Nachfrage und Produktion aber entsprechend zügig zunehmen werden, erscheint aufgrund gravierender Risiken zweifelhaft. Dies gilt insbesondere für Japan. Die Transmissions und Multiplikatoreffekte der eindeutig expansiven Geld und Finanzpolitik werden dort nämlich, wie schon bisher, geringer sein als bei Überwindung einer "normalen" Rezession. Nach der langjährigen Wachstumsschwäche bei anhaltenden strukturellen Problemen, insbesondere des Bankensystems, gilt es nämlich, die Vertrauenskrise zu überwinden. Unter diesen Umständen sind weitaus größere Anstrengungen als normalerweise erforderlich, um das Land wieder nachhaltig auf Expansionskurs zu bringen. Gleichermaßen bedeutsam ist ein ausgewogenes wirtschaftliches Konzept, um die Zweifel an der Fähigkeit der Politik zur Bewältigung der Krise abzubauen. Gelingt es mit den bisher ergriffenen bzw. angekündigten Maßnahmen nicht, die Investitions- und Konsumneigung zu stabilisieren, wird die gesamtwirtschaftliche Produktion sich noch ungünstiger entwickeln als hier prognostiziert. Eine ungünstigere Konjunktur in Japan erschwert zugleich eine Stabilisierung in den ostasiatischen Krisenländern. Damit erhöhte sich das Risiko, daß sich die Krise noch ausweitet und auch China schließlich seine Währung abwertet. Dies könnte zu einer weiteren Abwertungsrunde in der Region und zu einem weiteren deutlichen Rückgang von Nachfrage und Produktion führen. Neuerliche Turbulenzen auf den Finanzmärkten Ostasiens hätten aber wohl auch nachhaltigere Rückwirkungen auf andere Regionen, nicht zuletzt auf Lateinamerika und auf Mittelosteuropa, mit realwirtschaftlichen Konsequenzen auch für die jeweiligen wirtschaftlichen Zentren USA und Westeuropa.

    Schon bei den gegenwärtigen Wechselkursen liegt die Chance für eine rasche Milderung des Produktionseinbruchs in Ostasien vor allem im Export. Die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsposition der Anbieter in diesen Ländern infolge der kräftigen realen Abwertung dürfte allmählich zum Tragen kommen, auch weil die Finanzierungsschwierigkeiten mehr und mehr überwunden und Absatzwege nach den USA und Westeuropa wohl verstärkt erschlossen werden. Insbesondere Japan dürfte die Verbesserung der Wettbewerbssituation relativ kurzfristig nutzen können, da es über die erforderliche "Infrastruktur" im Export verfügt. Rascher steigende Ausfuhren bei sinkenden Einfuhren bedeuten aber eine Verbesserung der Leistungsbilanzen in diesen Ländern. Zu einer entsprechenden Passivierung wird es vornehmlich in den USA und in Westeuropa kommen. Diese sollte hier im Hinblick auf die weltwirtschaftlichen Vorteile einer Überwindung der Asienkrise hingenommen werden. Namentlich in den USA könnte dies aber angesichts des ohnehin hohen, chronischen Leistungsbilanzdefizits zu Abwehrmaßnahmen führen.

    Das Bewußtsein um all diese für die weitere weltwirtschaftliche Entwicklung erheblichen Risiken hat aber auch zu einer entschlosseneren wirtschaftspolitischen Therapie in den Krisenländern und einem globalen Denken in der Wirtschaftspolitik der für die Weltwirtschaft besonders wichtigen Länder geführt. Deshalb wird hier davon ausgegangen, daß diese Risiken nicht eintreten.

    Unter diesen Annahmen und Bedingungen wird die Produktion in der Welt weiter zunehmen, wenn auch vorerst noch etwas langsamer als bisher. Nachfrage und Produktion haben in den ostasiatischen Schwellenländern den Tiefpunkt noch nicht erreicht. Die Chancen im Exportbereich verbessern sich hier angesichts der Finanzierungs- und Infrastrukturprobleme nur allmählich. Dies gilt um so mehr, als die Konjunkturschwäche in Japan wohl nur langsam überwunden wird. Zwar setzt sich die Rezession dort kaum noch fort. Aber die massiven fiskalischen Anregungen werden sich trotz der unverändert expansiv ausgerichteten Geldpolitik in engen Grenzen halten. Das reale Bruttoinlandsprodukt wird dort im weiteren Jahresverlauf erst leicht zunehmen und auch im kommenden Jahr verhalten steigen. Im Jahresergebnis wird es in diesem Jahr um 1œ % niedriger sein als 1997, und im kommenden Jahr wird es sich mit 1œ % (vgl. Tabelle) nur moderat erhöhen.

    In den USA wird sich die Konjunktur deutlich abflachen. Da von der Außenwirtschaft bei anhaltendem Stabilitätsimport weiter erhebliche dämpfende Wirkungen auf Nachfrage und Produktion ausgehen, wird es wohl kaum zu einer Anhebung der Leitzinsen kommen. Infolge des verschärften Wettbewerbs von außen und schon von daher ungünstigerer Ertragsaussichten wird namentlich die Investitionsneigung sinken; zugleich steigt die Importquote wohl besonders rasch. Relativ stetig wird das reale Bruttoinlandsprodukt hingegen in Westeuropa infolge der weiteren Festigung der Inlandsnachfrage steigen. Angesichts einer deutlich langsameren Zunahme der Ausfuhr wird sich die Expansion insgesamt jedoch kaum noch beschleunigen. Alles in allem wird die Produktion in den Industrieländern in diesem und im nächsten Jahr mit 2 und 2Œ % merklich weniger als in den beiden vergangenen Jahren zunehmen.

    Hamburg, 18.08.1998 Telefon 040 35 62 354


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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