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Wissenschaft
Wer Afrika hört, denkt Katastrophen, Krisen, Kriege, Krankheiten – eben ein Kontinent der vier „K“. Dass dieses Bild viel zu einseitig und undifferenziert ist, zeigt sich auf der diesjährigen Lindauer Nobelpreisträgertagung. 35 der insgesamt 650 teilnehmenden Nachwuchswissenschaftler stammen aus Afrika – mehr als auf jeder bisherigen Tagung. Sie kommen aus 14 der 54 afrikanischen Länder. Wer mit den Forschenden spricht entdeckt schnell: Es gibt vieles zu entdecken, manches Bild zu revidieren.
Wer Afrika hört, denkt Katastrophen, Krisen, Kriege, Krankheiten – eben ein Kontinent der vier „K“. Dass dieses Bild viel zu einseitig und undifferenziert ist, zeigt sich auf der diesjährigen Lindauer Nobelpreisträgertagung. 35 der insgesamt 650 teilnehmenden Nachwuchswissenschaftler stammen aus Afrika – mehr als auf jeder bisherigen Tagung. Sie kommen aus 14 der 54 afrikanischen Länder. Wer mit den Forschenden spricht entdeckt schnell: Es gibt vieles zu entdecken, manches Bild zu revidieren.
In den vergangenen zehn Jahren verdreifachte sich die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen. Vor fünf Jahren, so das renommierte Wissenschaftsjournal Nature, publizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Afrika etwa genauso viel wie die Forschenden in den Niederlanden. Inzwischen kommen etwa 1,5 Prozent aller wissenschaftlichen Publikationen aus Afrika, einem Kontinent, der größer ist als die USA, China, Indien, Japan und Europa zusammen. Und der ebenso unterschiedlich wie die genannten Länder ist. Dies betonen die afrikanischen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler ebenso wie beispielsweise die französische Nobelpreisträgerin Françoise Barré-Sinoussi. „Man kann nicht einfach einen Forschungsschwerpunkt für ganz Afrika festlegen“, weiß die Wissenschaftlerin, die in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus zahlreichen afrikanischen Staaten forscht. Es gäbe nicht das eine, richtige Programm für Afrika. Auch das AESA-Programm (Alliance for Accelerating Excellence in Science in Africa), das kürzlich startete und vom Welcome Trust (London, UK), dem britischen Ministerium für Internationale Entwicklung und der Bill&Melinda Gates Foundation (Seattle, Washington, USA) mit 4,5 Millionen Dollar ausgestattet wird, müsse sich regional ausrichten. „Ich würde spezielle Programme für Süd-, West-, Nord- und Ostafrika erstellen“, sagt Serge Alain Fobofou Tanemossu, ein junger Chemiker aus Kamerun. In diesen Regionen gäbe es ähnliche wissenschaftliche Herausforderungen.
Das AESA-Programm soll die Arbeitsbedingungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Afrika verbessern, die Entscheidung über Forschung vermehrt in ihre Hände legen und die Abwanderung von Wissenschaftlern bremsen. „Wir brauchen zunächst einmal eine zuverlässige Stromversorgung, damit wir nicht immer um unsere Laborproben fürchten müssen“, sagt Melinda Barkhuizen mit einem Lachen. Die Neurowissenschaftlerin arbeitet in Südafrika. „Und dann eine wettbewerbsfähige Forschungsinfrastruktur wie High-Tech-Labore.“ Afrika habe viele talentierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, „aber es mangelt an Möglichkeiten, wissenschaftliche Forschung ausreichend finanziert und auf internationalem Niveau zu betreiben“, sagt Prosper Ngabonziza, der in Ruanda seinen Bachelor und in Südafrika seinen Master machte und nun in den Niederlanden in Experimentalphysik promoviert.
Die Forschungslandschaft Afrikas ist vor allem auf Gesundheitsforschung und Landwirtschaft ausgerichtet. Dabei brauche man gerade auch die Grundlagenforschung in den unterschiedlichen Disziplinen, um die Basis für Innovationen „Made in Africa“ zu legen, darin ist sich der Nachwuchs einig. Auch deshalb seien faire Partnerschaften zwischen afrikanischen und europäischen oder amerikanischen Forschungseinrichtungen unbedingt nötig. Zusammenarbeit auf Augenhöhe, wie sie beispielsweise der US-Nobelpreisträger Peter Arge mit seiner Malaria-Forschung in unterschiedlichen afrikanischen Staaten wie Simbabwe, Sambia, Malawi, Kongo und Mosambik leistet, müsse selbstverständlich sein.
In Lindau knüpfen 35 afrikanische Nachwuchswissenschaftler noch bis Freitag neue internationale Kontakte. Neun sind aus Südafrika, je vier aus Ägypten und Kamerun, je drei aus Ghana und Mauritius, je zwei aus Botswana, Nigeria und Simbabwe sowie je einer aus Äthiopien, Burkina Faso, Madagaskar, Ruanda, Sudan und Uganda. Die Teilnahme von sechs von ihnen finanzieren wie in den Vorjahren die akademischen Partner der Lindauer Tagung, wie der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD), das Department of Science and Technology of South Africa sowie die World Academy of Science und auch der Nobelpreisträger Peter Arge. 29 Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen konnten aufgrund einer neuen Initiative zur Lindauer Tagung eingeladen werden. Diese wird von der Robert-Bosch-Stiftung finanziert und steht unter der Schirmherrschaft des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler. Das „Horst-Köhler-Fellowship-Programm“ soll in den kommenden Jahren mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) deutlich ausgebaut werden. Vielleicht wird damit auch die Vision des deutschen Nobelpreisträgers Hartmut Michel Wirklichkeit, die er am Rande der Tagung äußerte: 2025, anlässlich der 75. Lindauer Nobelpreisträgertagung, einen afrikanischen Wissenschaftler begrüßen zu können, der mit dem Nobelpreis für seine Forschungsleistungen in Afrika ausgezeichnet worden ist.
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