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Wissenschaft
Professoren arbeiten wesentlich länger als 41 Wochenstunden - Darstellung in der Öffentlichkeit irreführend
Scharf kritisierte der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg, der Stuttgarter Rektor Dieter Fritsch, die "offensichtlich herrschende Auffassung, Professoren arbeiteten acht Stunden in der Woche und könnten sich ansonsten ungestört ihrer Forschung widmen." Dies widerspreche eklatant den einschlägigen Erfahrungen.
Ein Professor arbeite im Schnitt etwa 60 Stunden in der Woche, die acht Semesterwochenstunden Lehre seien nur der kleinste Teil der lehrbezogenen Aufgaben. Hinzu kämen umfangreiche Betreuungsaufgaben für Studierende sowie eine hohe Prüfungsverpflichtung. Hier habe das Land durch das Streichen der Prüfungsvergütungen bereits diese Tätigkeit in das Hauptamt der Hochschullehrer verlagert, "ohne dass dies in der Öffentlichkeit überhaupt wahrgenommen wurde", so Dieter Fritsch weiter. Das Management der Universitätsinstitute, die in den Natur- und Ingenieurwissenschaften oft mehrere Dutzend Mitarbeiter beschäftigten, erforderten ebenfalls einen ständig steigenden Anteil der Arbeitszeit.
Eine Untersuchung der juristischen Fakultät der Universität Freiburg habe gezeigt, dass dem einzelnen Hochschullehrer für die reine Forschung lediglich 180 Stunden im Jahr blieben, wenn er keine unbezahlten Überstunden leisten würde. Nehme man eine Arbeitszeit von nur 40 Stunden an, so ergeben sich bei einem 40jährigen Professor etwa 1736 Arbeitsstunden im Jahr. Die Freiburger Untersuchung habe gezeigt, dass schon 1553 Arbeitsstunden für Lehre, Prüfungen und Verwaltung benötigt werden; für die Forschung bliebe nur ein Rest von 180 Stunden, wenn der Professor tatsächlich nur die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit leisten würde. "Ich kenne keinen Professor, der so wenig forscht", erklärte der Freiburger Rektor Wolfgang Jäger, "jeder Kollege leistet für die hervorragende Forschung in Baden-Württemberg Jahr für Jahr einen erheblichen Anteil von unbezahlten Überstunden." In der Praxis könne von einem Gleichgewicht von Forschung und Lehre, wie es im Universitätsgesetz festgehalten sei, nicht die Rede sein. Man müsse darüber nachdenken, ob Universitäten, die den Professoren nur zehn Prozent ihrer Regelarbeitszeit für die Forschung einräumten, auf Dauer noch international konkurrenzfähig bleiben könnten.
Trotz dieser schlechten Rahmenbedingungen schafften die Professoren durch die Einwerbung von Forschungsgeldern von mehreren hundert Millionen Euro im Jahr eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Dies verdeutliche, dass die Professoren keinesfalls nur acht Stunden arbeiteten und sich sonst mit Muße ihren Forschungen widmen, die ohne Mehrwert für das Land bleiben. "Im Gegenteil", sagte Dieter Fritsch, "erst die Forschung bringt Arbeitsplätze, und zwar nicht nur an den Universitäten selbst, sondern durch unsere gut ausgebildeten Absolventen in noch viel höherem Maße für das Bundesland!"
Ob und auf welche Weise dagegen die Lebensarbeitszeit der Professoren erhöht werden könne, müsse erst noch diskutiert werden.
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