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Wissenschaft
Mediziner treffen sich in Berlin, um vor der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag das kontroverse Thema aus fachlicher Sicht zu diskutieren
Im November 2015 soll vom Deutschen Bundestag ein Gesetz verabschiedet werden, das für Rechtssicherheit sorgen soll in einer Frage, die in der Bevölkerung, aber auch innerhalb der Ärzteschaft sehr kontrovers diskutiert wird: „Dürfen, sollen Ärzte Hilfe leisten, wenn sie in Situationen unerträglichen Leidens um Lebensbeendigung gebeten werden?“ Um sich zuvor ein eigenes Bild zu machen und die Thematik zu diskutieren, veranstaltet das Dialogforum Pluralismus in der Medizin (DPM) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin im Haus der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Berlin am 28. Oktober 2015 eine Tagung zum Thema: „Ärztlich assistierter Suizid in Deutschland? Menschenbild und kommunikative Herausforderungen“.
Nach zwei einführenden Impulsvorträgen werden im Rahmen einer Podiumsdiskussion besonders folgende Themen behandelt: Kann ärztlich assistierter Suizid eine Option sein? Welches Menschenbild begleitet Palliativmedizin und Suizidwünsche? Menschliche Entwicklung in der Sterbephase? Kommunikative Herausforderungen im Umgang mit Wünschen zum Sterben? Ist die Regelung der Suizidbeihilfe ein Einstieg zur Tötung auf Verlangen? „Die Frage: ‚Hilfst Du mir zum Tode, wenn ich nicht mehr leben möchte?‘ ist immer eine moralische, kommunikative und praktische Herausforderung, die – bei allem Respekt vor dem Anderen – individuelle Überzeugungen und Wertvorstellungen berührt und das eigene Ethos im sozialen Miteinander hinterfragt“, sagt Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen, Mitbegründer der Universität Witten/Herdecke (UW/H) und Leiter des Arbeitsbereichs Methodenpluralität in der Medizin, der auch Vorsitzender des Sprecherkreises des DPM ist.
Aus Sicht des Dialogforums lassen sich diese existenziellen Fragen nicht allein aus naturwissenschaftlicher Sicht angemessen beantworten, sondern erfordern eine anthropologische Perspektivenvielfalt, der zufolge neben sozialwissenschaftlichen und humanistischen Aspekten auch spirituelle und religiöse Gesichtspunkte Berücksichtigung finden sollten.
Prof. Matthiessen: „Um den Menschen nicht nur hinsichtlich seiner materiellen und biologischen Beschaffenheit zu untersuchen, sondern ihn auch in seiner geistigen sowie seelischen Dimension zu begreifen, brauchen wir eine Medizinanthropologie, in die neben biologischen, psychologischen, soziologischen Aspekten auch geisteswissenschaftlich-spirituelle Erkenntnisansätze gleichrangig einfließen.“ In der aktuellen Debatte plädiert Matthiessen für eine „an den Erkenntnissen der Palliativmedizin und der Hospizbewegung gewachsenen Sterbebegleitung, die sich an der Würde des sterbenden Menschen bemisst und den Sterbenden kompetent, aufrichtig und hingebungsvoll, also mit Kopf, Herz und Hand, auf seinem Weg begleitet. Was die aktuellen Vorlagen für eine Gesetzgebung zur Sterbebegleitung für den Deutschen Bundestag betrifft, so präferiere ich unter den vier Gesetzesentwürfen zur Sterbebegleitung, von denen einer ein vollständiges Verbot der Hilfe zur Selbsttötung fordert, ein weiterer Entwurf die positivrechtliche Festschreibung der Straffreiheit von Beihilfe zum Suizid vorschlägt, während ein dritter Entwurf darauf abzielt, die Suizidbeihilfe für Ärzte durch eine Änderung im Bürgerlichen Gesetzbuch zu ermöglichen, denjenigen Entwurf, der sich auf die „Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ beschränkt, während Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahe stehende Personen, die sich lediglich als nicht geschäftsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligen, von der Strafandrohung ausgenommen werden.
Das Dialogforum Pluralismus in der Medizin wurde im Jahr 2000 mit Unterstützung des damaligen Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg-Dietrich Hoppe gegründet und bekundet den Willen einer Gruppe renommierter Ärzte, Wissenschaftler und Akteure im Gesundheitswesen, die traditionellen Parteilichkeiten zwischen Schulmedizin und Komplementärmedizin durch einen zwar kritischen, aber unvoreingenommenen Dialog zu überwinden. Anliegen und Ziel des Dialogoforums ist die Erarbeitung einer Integrativen Medizin durch einen auf Augenhöhe betriebenen Dialog zwischen unterschiedlichen Denk- und Praxisansätzen, um mittels einer vollorchestrierten Gesundheitsversorgung den individuell unterschiedlichen Bedürfnissen der Bürger beziehungsweise Kranken besser gerecht werden zu können. „Die Mitglieder des Dialogforums haben es sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zu leisten zur Weiterentwicklung einer Medizin mit menschlichem Antlitz. Als Dialogforum interessieren uns die Gesichtspunkte, die Perspektiven der anderen Fachrichtungen. Demzufolge sind unsere Veranstaltungen nicht nur dialogorientiert, sondern auch ergebnisoffen“, erläutert Prof. Matthiessen den Ansatz des DPM.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Peter Matthiessen, 02330 / 62-3935 oder Peter.Matthiessen@uni-wh.de
Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 2.100 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.
Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.
Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen
Source: UW/H
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
transregional, national
Advanced scientific education, Scientific conferences
German
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