idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Bei Epilepsie weist das Gehirn eine erhöhte Erregung auf. Diese Grunderregung des Gehirns ohne vorherige Stimulation zu messen, ist jetzt erstmals einem Forscherteam unter Beteiligung des Universitätsklinikums Freiburg gelungen. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Proceedings of the National Society (PNAS) präsentieren sie die neue mathematische Analyse für EEG-Messungen der Hirnströme. Das Verfahren macht die Epilepsie-Messung sicherer, ermöglicht Langzeit-Untersuchungen und stellt eine objektive Therapiekontrolle in Aussicht. Außerdem zeigen die Forscher, dass die Erregbarkeit des Gehirns stark vom Schlaf-Wach-Rhythmus abhängt.
Rund 600.000 Menschen in Deutschland leiden an Epilepsie, der häufigsten neurologischen Erkrankung. Insbesondere für Patienten mit starker Epilepsie stellen die Krampfanfälle eine starke Einschränkung und Gefährdung im Alltag dar. Eine zuverlässige Vorhersagetechnik konnte bislang nicht entwickelt werden.
Ausgefeilte Mathematik macht riskante Hirn-Stimulation überflüssig
Als Maß für die Grunderregung untersuchten die Forscher, wie stark verschiedene Bereiche des Gehirns im Gleichtakt arbeiten. Diese synchrone Aktivität ist bekanntermaßen bei Epilepsie erhöht. Bisher wurde dafür mit Hilfe der Elektroenzephalografie (EEG) gemessen, wie sich die Hirnströme nach einer direkten Stimulation des Gehirns verändern. Nun gelang es den Forschern diese Grunderregung in den EEG-Daten auch ohne Stimulation zu zeigen. Im direkten Vergleich mit der bisherigen Methode wiesen sie nach, dass die neue Methode bereits sehr zuverlässig funktioniert.
„Es ist uns erstmals gelungen, die Erregbarkeit des Gehirns ohne vorherige Stimulation zu messen“, sagt der Ko-Autor der Studie Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des Epilepsiezentrums an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg und Mitglied des Exzellenzclusters BrainLinks-BrainTools der Universität Freiburg. „Damit ist eine wichtige Grundlage geschaffen, um auch längerfristige Messungen, etwa zur Sicherung einer guten Anfallskontrolle, zu ermöglichen“, so Prof. Schulze-Bonhage.
Bedeutung für Therapiekontrolle und Anfallsprävention
Die Forscher zeigten außerdem, dass die Erregbarkeit des Gehirns unter anti-epileptischen Medikamenten zurückging. In Zukunft ließe sich damit der Erfolg von Therapien in Echtzeit kontrollieren. Auch für die Anfallsvorhersage könnte die Methode von Bedeutung werden. „Wir haben die Hoffnung, anhand des Erregungsmusters Phasen besonders hoher Anfallswahrscheinlichkeit identifizieren zu können“, sagt Prof. Schulze-Bonhage. Die Patienten könnten sich in diesen Phasen besonders vorsichtig verhalten und etwa Autofahrten unterlassen. Zudem würde dies zeitlich gezielte Behandlungen ermöglichen.
Ohne Schlaf wird das Gehirn besonders leicht erregbar
Auch der Schlaf-Wach-Rhythmus hat nach Erkenntnissen der Forscher Einfluss auf den Erregungszustand des Gehirns. Die Messungen zeigten starke Schwankungen im Tagesverlauf. Zudem wurde bei acht gesunden Probanden während eines 40-stündigen Schlafentzugs die Erregbarkeit gemessen. Je länger die Probanden wach waren, desto höher war auch der gemessene Erregungszustand des Gehirns. „Das passt zu der Beobachtung, dass epileptische Anfälle gehäuft bei Schlafmangel auftreten“, sagt Prof. Schulze-Bonhage. „Außerdem gibt es einen wichtigen Hinweis auf eine ganz grundlegende Funktion des Schlafes: nämlich eine Normalisierung der Hirnerregbarkeit.“
Messung der Hirnaktivität
Für seine Studie wertete das Wissenschaftler-Konsortium aus Deutschland, USA und Australien Daten von zwölf Epilepsie-Patienten aus. Alle Patienten waren medikamentös nur mangelhaft behandelbar. In Vorbereitung auf eine deshalb notwendige operative Epilepsie-Therapie wurde die Hirnaktivität mit EEG-Elektroden gemessen. Die Elektroden wurden dafür neurochirurgisch auf oder in die Gehirnoberfläche implantiert. Bei den gesunden Probanden wurden die EEG-Elektroden auf der Kopfhaut platziert.
Weitere Untersuchungen müssen nun prüfen, ob unterschiedliche Formen der Epilepsie im Erregungsmuster voneinander abweichen und wie gut die Vorhersagekraft bei einzelnen Patienten ist. Diese Informationen sind eine Grundvoraussetzung für mögliche Verfahren zur Anfallsvorhersage.
Original-Titel der Arbeit: Intrinsic excitability measures track antiepileptic drug action and uncover increasing/decreasing excitability over the wake/sleep cycle.
DOI: 10.1073/pnas.1513716112
Link zum Online-Artikel: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26554021
Kontakt:
Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage
Abteilungsleiter
Abteilung Prächirurgische Epilepsiediagnostik
Klinik für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: +49 761 270 54250
andreas.schulze-bonhage@uniklinik-freiburg.de
Johannes Faber
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-84610
johannes.faber@uniklinik-freiburg.de
http://www.uniklinik-freiburg.de/epilepsie.html Epilepsiezentrum Freiburg
http://www.brainlinks-braintools.uni-freiburg.de Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools
http://www.uniklinik-freiburg.de/nc/presse/pressemitteilungen/detailansicht/pres... Pressemitteilung (21.4.2015): Schnitt gegen Krämpfe: Sehr gute Langzeit-Erfolge durch Gehirn-Operation bei Epilepsie
Sensoren auf dem Gehirn messen dessen Aktivität. Pathologische Veränderungen führen zu einer Stimula ...
Source: BrainLinks-BrainTools / Universität Freiburg
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Biology, Mathematics, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).