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MERLIN macht Bahnstromversorgung effizienter, nachhaltiger und zuverlässiger
Die Züge fahren, der Strom kommt aus der Oberleitung. Klingt einfach, ist es aber nicht. Schließlich müssen die rollenden Großverbraucher an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt ausreichend mit elektrischer Energie versorgt werden. Dafür wurde über Jahrzehnte ein hochkomplexes System aus vielen Einzellösungen entwickelt, das zwar funktioniert, aber nach heutigen Ansprüchen an eine effiziente, zuverlässige und kostengünstige Stromversorgung alles andere als optimal ist. Im Projekt MERLIN haben 18 Partner aus Wirtschaft und Forschung, darunter das Institut für Automation of Complex Power Systems (ACS) des E.ON Energy Research Centers der RWTH Aachen, Systeme für ein integriertes und optimiertes Energiemanagement im europäischen Eisenbahnsystem entwickelt. Im Verlauf von Demonstrationsfahrten auf einer rund 30 Kilometer langen Strecke wurde gezeigt, dass sich die in MERLIN entwickelten Softwarelösungen im realen Bahnbetrieb bewähren.
Grundsätzlich besteht das vorhandene Stromversorgungssystem der Eisenbahnen aus dem Versorgungsnetz, zahlreichen verteilten Stromerzeugern (zunehmend auf Basis erneuerbarer Energiequellen), stationären Speichern und dem zugehörigen Energiemanagement. Die Idee hinter dem Projekt MERLIN ist es, Erzeugung, Speichermöglichkeiten und Verbrauch so zu koordinieren, dass die Versorgung der E-Loks für jeden Zeitpunkt unter optimalen Rahmenbedingungen erfolgt. Erzeugungskapazitäten können gezielter eingesetzt werden, die Netzbelastung lässt sich einfacher prognostizieren, dank der optimierten Nutzung vorhandener Speicherkapazitäten werden erneuerbare Quellen besser eingebunden als dies bisher möglich war, und auch Kostenvorteile lassen sich so erzielen.
Um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, wurde für MERLIN ein Railway Energy Management System, kurz REM-S, entwickelt, dessen prinzipielle Architektur vorhandene Systeme für Smart Grids aufgreift. Angesichts der Komplexität, Dynamik und dezentralen Struktur des europäischen Bahnsystems ist es allerdings notwendig, zusätzlich intelligente Steuerungsmechanismen einzuführen. Die grundlegende Idee besteht darin, übergeordnete Aspekte des Bahnsystems (etwa der Energiemärkte) in einem Kontrollzentrum für den kommenden Tag zu optimieren und basierend darauf dezentrale Aspekte (wie etwa den Energieverbrauch der Züge) während des laufenden Betriebs, beispielsweise auf Viertelstundenbasis, immer wieder an die geltenden Tagesvorgaben anzupassen. Das ACS-Institut war im Rahmen des Projekts an der Entwicklung eines Software-Pakets beteiligt, mit dessen Hilfe sich die entwickelten Optimierungsmaßnahmen einerseits simulieren und andererseits aber auch im realen Bahnbetrieb anwenden lassen.
Im Rahmen der sogenannten Málaga-Demo wurden Anfang Oktober, unter der technischen Leitung des spanischen Eisenbahnfahrzeugherstellers CAF, außerhalb des regulären Bahnbetriebs vier Demonstrationsfahrten zwischen den andalusischen Städten Málaga und Fuengirola durchgeführt. Auf Basis der in der Lok erfassten Daten (Geschwindigkeit, Streckenkilometer, Leistungsaufnahme etc.) und der Daten, die mit der Basisstation per Mobilfunk ausgetauscht wurden, erhielt der Lokführer per Bildschirm Anweisungen wie etwa „Halten“, „Anfahren“ oder Hinweise zur Optimalgeschwindigkeit. Alternativ soll das System in einer späteren Entwicklungsphase bei Bedarf auch die direkte Einspeisung von Steuerdaten in den Fahrtrechner erlauben.
Getestet wurde das System sowohl unter normalen als auch unter erschwerten Bedingungen. Bei-spielsweise wurde während einer der Fahrten ein Defekt in einem der beteiligten Umspannwerke simuliert, bei einer weiteren Fahrt wurde eine der Traktionsregeleinheiten des Zuges ausgeschaltet und während der vierten Fahrt wurde ein Bahnsignal unplanmäßig auf „Halt“ gestellt. In allen Fällen hat das System adäquat – mit einer optimierten Leistungsaufnahme bzw. angepassten Fahrstilen – reagiert. Auch zeitweilige Störungen in der 3G-Mobilfunkkommunikation wurden gemeistert.
Die ersten Auswertungen der im MERLIN-Projekt betrachteten Szenarien zeigen eindeutig, dass sich das entwickelte Railway Energy Management System in der Praxis bewährt und selbst unter er-schwerten Randbedingungen funktioniert. Die energiewirtschaftlichen Auswirkungen werden derzeit untersucht und in einer abschließenden öffentlichen Konferenz am 10. Dezember in Madrid präsentiert.
Das Forschungsprojekt MERLIN wird nach über dreijähriger Laufzeit zum Ende dieses Jahres offiziell abgeschlossen und ist von der Europäischen Union im Rahmen ihres 7. Forschungsrahmenprogramms mit 4,5 Millionen Euro mitfinanziert worden.
Kontakt:
Lukas Razik
Lehrstuhl für Automation of Complex Power Systems
E.ON Energy Research Center
Mathieustraße 10
52074 Aachen
Tel.: +49 241 80 49720
Criteria of this press release:
Journalists
Electrical engineering, Energy, Traffic / transport
transregional, national
Cooperation agreements, Research results
German
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