idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/03/2016 10:32

Ohrfeige oder Umarmung - wieviel erkennen wir aus dem Augenwinkel?

Christina Bornschein Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik

    Welche Handlungen wir von Personen am Rande unseres Blickfelds wahrnehmen

    Tübingen, 03. März 2016. Wir sind darauf angewiesen, Handlungen von anderen Menschen schnell und zuverlässig zu erkennen – nur so können wir einschätzen, wer Freund ist und wer Feind. Vieles aus unserer Umgebung spielt sich allerdings im Augenwinkel ab. Was nehmen wir von anderen Personen wahr, wenn wir sie gar nicht direkt anschauen? Forscher am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik haben entdeckt, dass wir sehr gut darin sind zu sagen, was Personen am Rande des Sichtfelds machen.

    Das menschliche Sehvermögen nimmt in der Peripherie schnell ab, weil die Auflösung dort geringer wird. Vieles nehmen wir daher nur verschwommen und ungenau wahr. Gilt das auch für überlebenswichtige Informationen wie die – möglicherweise feindseligen – Handlungen von Personen? Was wir über die Bewegungen einer Person aussagen können, wenn wir sie nicht direkt anschauen, haben sich Forscher aus Tübingen genauer angeschaut. Laura Fademrecht vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik hat in ihrer Doktorarbeit Versuchspersonen in eine virtuelle Umgebung versetzt.

    Die Probanden saßen während des Experiments vor einer drei Meter hohen, gebogenen Panorama-Leinwand, die ein Blickfeld von 230° abdeckt. Durch die übergroße Leinwand wirkte das visuelle Feld so groß wie im realen Leben und die Probanden hatten das Gefühl, in der Szene anwesend zu sein.

    Treten, Winken, Händeschütteln

    Die Versuchspersonen schauten geradeaus, während Avatare in Form lebensgroßer Strichmännchen am Sichtfeldrand verschiedene Bewegungen ausführten. Dabei maßen die Forscher auch per Eyetracking, ob die Probanden ihren Blick nach vorne richteten und nicht an die Seite schweifen ließen.

    Im Anschluss sollten die Versuchsteilnehmer angeben, ob die Handlung positiv oder negativ war, beziehungsweise welche Bewegung ausgeführt wurde. Das Repertoire der Strichmännchen reichte dabei von Faustschlägen, Ohrfeigen und Treten über Winken und Händeschütteln bis zur angedeuteten Umarmung.

    Zur Kontrolle zeigten die Wissenschaftler auch animierte Strichmännchen mit gänzlich bedeutungslosen Bewegungen, indem sie die Bewegung der Arme und der Beine vertauschten: Die Arme des Avatars führten die Beinbewegung aus und umgekehrt. So entstand eine ähnliche Bewegungsenergie, jedoch keine erkennbare Bedeutung.

    Auch erstarrte Bewegungen werden gut erkannt

    Die Teilnehmer erkannten Handlungen, die 45° von der Blickrichtung, d.h. zwei bis drei Handbreit von der Nase entfernt präsentiert wurden mit gleicher Genauigkeit wie Handlungen in direkter Blickrichtung.

    Die gute Erkennungsleistung lag nicht an der Bewegung selbst– das konnten die Forscher mit anderen Experimenten ausschließen. Die Probanden erkannten selbst bewegungslose Bilder der Avatare besser als andere statische Objekte, wie etwa simple geometrische Formen.

    „Diese Studie zeigt, dass wir menschliche Handlungen in der Peripherie besser wahrnehmen als bisher gedacht,“ schließt Laura Fademrecht, und vermutet zudem, dass hinter dem guten Abschneiden der Probanden evolutionäre Anpassungen stecken könnten: „Handlungen anderer Menschen aus den Augenwinkeln erkennen zu können ist vermutlich deshalb so wichtig, weil wir dadurch frühzeitig erkennen, ob eine sich nähernde Person gute oder schlechte Absichten hat.“

    Originalpublikation:
    Laura Fademrecht, Isabelle Bülthoff, Stephan de la Rosa; Action recognition in the visual periphery, Journal of Vision, 2016

    DOI:10.1167/16.3.33

    Ansprechpartner:
    Laura Fademrecht
    Tel.: 07071 601- 631
    E-Mail: laura.fademrecht@tuebingen.mpg.de

    Christina Bornschein (Presse- & Öffentlichkeitsarbeit)
    Tel.: 07071 601-777
    E-Mail: presse-kyb@tuebingen.mpg.de

    Druckfähige Bilder erhalten Sie von der Presse- und Öffentlichkeitsabteilung. Bitte senden Sie uns bei Veröffentlichung einen Beleg.

    Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik forscht an der Aufklärung von kognitiven Prozessen auf experimentellem, theoretischem und methodischem Gebiet. Es beschäftigt rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 40 Ländern und hat seinen Sitz auf dem Max-Planck-Campus in Tübingen. Das MPI für biologische Kybernetik ist eines der 82 Institute und Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.


    More information:

    http://www.kyb.tuebingen.mpg.de/de/forschung/abt/bu.html
    http://www.cyberneum.de/de/forschungseinrichtungen/panolab.html


    Images

    Probandin im Experiment
    Probandin im Experiment
    Source: Christina Bornschein / Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen

    Probandin vor der Panorama-Leinwand
    Probandin vor der Panorama-Leinwand
    Source: Christina Bornschein / Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen


    Attachment
    attachment icon Avatar, der am Blickfeldrand Bewegungen ausführt

    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Biology, Psychology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).