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04/15/2016 11:48

Die üblichen Verdächtigen: Eine eingeschworene Bakteriengemeinschaft räumt in der Nordsee auf

Dr. Manfred Schloesser Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie

    Jedes Frühjahr blühen in der Nordsee die Algen. Dabei können von Jahr zu Jahr unterschiedliche Algenarten die Überhand gewinnen. Bei den Bakterien, welche die Algen wieder abbauen, herrschen dennoch alljährlich dieselben spezialisierten Gruppen vor.

    Kleine Algen, die zu Abertausenden in jedem Milliliter Meerwasser leben, haben große Auswirkungen. Zusammen sind sie ebenso wichtig wie die Landpflanzen, um Sauerstoff zu produzieren und Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen. Doch die Algen sind kurzlebig. Nach ihrem Tod werden sie von Bakterien zersetzt. Dadurch wird das aufgenommene Kohlendioxid zum Großteil wieder frei.

    Über 5 Millionen Bakteriengene erlauben einen Einblick in mikrobielle Prozesse in der Deutschen Bucht

    Um diesen Teil des marinen Kohlenstoffkreislaufs zu verstehen, muss man also erforschen, wie genau die Bakteriengemeinschaft des Meeres die Algen abbaut. Deshalb haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Zusammenarbeit mit der Biologischen Anstalt Helgoland des Alfred-Wegener-Instituts in einer umfassenden Studie die Dynamik von Bakterien und Algen vor der Insel Helgoland während der alljährlichen Frühjahrsblüte untersucht. Die Forscher um Hanno Teeling, Bernhard Fuchs und Rudolf Amann vom Bremer Max-Planck-Institut analysierten über einen Zeitraum von vier Jahren mehr als 11.000 Datenpunkte. Sie sequenzierten fast 450 Milliarden Basenpaare aus dem Erbgut der ansässigen bakteriellen Gemeinschaften. So erhielten sie Informationen über mehr als 5 Millionen Bakteriengene – das entspricht etwa dem 200-fachen der Gene des menschlichen Erbguts. Es sind so viele Daten, dass die online frei zugängliche Veröffentlichung anstelle herkömmlicher Abbildungen ganze Poster enthält.

    Spezialisierte Bakterien zersetzen Algenbiomasse

    „Aus einer früheren Studie wissen wir, dass sich die Bakteriengemeinschaft verändert, während sie die Algen einer Frühjahrsblüte abbaut “, sagt Hanno Teeling. Spezialisierte Bakteriengruppen begleiten verschiedene Phasen der Blüte und bauen nach und nach einen Großteil der Algenbiomasse ab. „Die nun vorliegende Studie zeigt: Es scheint dabei weit weniger bedeutsam zu sein als wir dachten, welche Algen gerade ihre Blütezeit haben. In verschiedenen Jahren können unterschiedliche Algenarten die Frühjahrsblüte dominieren“, erklärt Bernhard Fuchs. „Aber trotzdem haben wir stets eine ähnliche Abfolge der vorherrschenden Bakteriengruppen beobachtet.“

    Offensichtlich sind also nicht die Algen selbst, sondern vor allem deren Bestandteile – allen voran die sogenannten Mehrfachzucker oder Polysaccharide – entscheidend dafür, welche Bakterien sich vorrangig vermehren. „So ist es möglich, dass Jahr für Jahr die gleichen Bakterien auftauchen, auch wenn die Frühjahrsblüte der Algen ganz unterschiedlich ausfällt“, so Fuchs. Ein Beispiel: Zwischen 2009 und 2011 waren Kieselalgen die häufigsten Algen in der Frühjahrsblüte, während 2012 Silikoflagellaten der Gattung Chattonella vorherrschten. Trotzdem war die während der Blüten auftretende Bakteriengemeinschaft sehr ähnlich, insbesondere innerhalb der Gruppe der sogenannten Flavobakterien, denen vermutlich eine Schlüsselrolle beim Abbau von Algenpolysacchariden zukommt. So dominierten beispielsweise während aller vier Studienjahre Flavobakterien der Gattungen Polaribacter und Formosa.

    Und nicht nur die Bakteriengruppen zeigen immer gleiche Muster. „Als wir einen genauen Blick darauf warfen, wofür die untersuchen Gene eigentlich verantwortlich sind, wurde deutlich: Es ist immer eine ähnliche zeitliche Abfolge von Genen, die den Abbau bestimmter Polysaccharide regeln“, sagt Hanno Teeling. „Das deutet darauf hin, dass unterschiedliche Algen in der Frühjahrsblüte ähnliche oder sogar die gleichen Polysaccharide haben.“

    Neue Teile im Kohlenstoffpuzzle

    Im nächsten Schritt wollen die Bremer Forscher denjenigen bakteriellen Enzymen auf den Zahn fühlen, die diese Polysaccharide abbauen. Welche Enzyme greifen welche Algenpolysaccharide an? Wie machen sie das? „Daraus können wir ableiten, welche die wichtigsten Algenpolysaccharide sind“, erläutert Rudolf Amann. „Und mit dieser Information können wir dann einen weiteren Puzzlestein in unserem Verständnis des Kohlenstoffkreislaufs des Meeres ergänzen.“

    Originalveröffentlichung (open access)

    Recurring patterns in bacterioplankton dynamics during coastal spring algae blooms
    Hanno Teeling, Bernhard Fuchs, Christin Bennke, Karen Krüger, Meghan Chafee, Lennart Kappelmann, Greta Reintjes, Jost Waldmann, Christian Quast, Frank Oliver Glöckner, Judith Lucas, Antje Wichels, Gunnar Gerdts, Karen Wiltshire, Rudolf Amann

    Rückfragen bitte an
    Dr. Hanno Teeling / 0421 2028 976 / hteeling@mpi-bremen.de
    PD Dr. Bernhard Fuchs / 0421 2028 935 / bfuchs@mpi-bremen.de
    Prof. Dr. Rudolf Amann / 0421 2028 930 / ramann@mpi-bremen.de

    oder an die Pressesprecher
    Dr. Manfred Schlösser / 0421 2028 704 / presse@mpi-bremen.de
    Dr. Fanni Aspetsberger / 0421 2028 947 / presse@mpi-bremen.de

    Beteiligte Institute
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiology, Bremen
    Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Helgoland und List auf Sylt


    More information:

    http://www.mpi-bremen.de
    http://Veröffentlichung: http://elifesciences.org/content/5/e11888v1


    Images

    Schematische Darstellung des Algenabbaus
    Schematische Darstellung des Algenabbaus
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Manfred Schlösser
    None

    Probenahme bei Helgoland
    Probenahme bei Helgoland
    Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Gunnar Gerdts
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    Attachment
    attachment icon Blick auf Helgoland

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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