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Mainz – Zyklus-Apps für Smartphones sollen jungen Frauen helfen, ihre fruchtbaren Tage zu erkennen. Für die Planung einer Schwangerschaft können die Programme nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) ebenso wie Zyklus-Computer durchaus hilfreich sein. Frauen, die eine Schwangerschaft verhindern wollen, sollten besser auf bewährte Verhütungsarten wie Kondom, Antibabypille, Spirale oder Methoden der natürlichen Familienplanung zurückgreifen, rät die DGE.
Zyklus-Computer werden bereits seit den 1980er Jahren angeboten. Einige messen die Temperatur in der Scheide, andere erleichtern die Beurteilung des Zervikalschleims. Selbst die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit im Speichel oder die Menge an Kohlendioxid in der Atemluft liefern Hinweise für einen bevorstehenden Eisprung. „Die Interpretation der Daten ist für medizinische Laien jedoch schwierig und bei Zyklus-Unregelmäßigkeiten oder einer unsachgemäßen Bedienung sind die Zyklus-Computer nicht besser als ein normales Fieberthermometer, Bleistift und Kalender“, erklärt Privatdozentin Dr. med. Vanadin Seifert-Klauss von der Frauenklinik der Technischen Universität München. Sie verweist auf wissenschaftliche Studien und Untersuchungen in der Zeitschrift „Gynäkologische Endokrinologie“ vom Mai 2016. Am besten evaluiert und am hilfreichsten sind nach Ansicht der Expertin noch Hormon-Computer, die mittels Teststreifen den Harn untersuchen. Diese Geräte könnten die fruchtbaren Tage mit hoher Sicherheit erkennen, eine Garantie zur Vermeidung einer Schwangerschaft oder eine Sicherheit, ob der Eisprung stattfindet oder nicht, bieten sie jedoch nicht. „Hormon-Computer werden häufig von Frauen verwendet, die eine Schwangerschaft anstreben“, sagt Dr. Seifert-Klauss. Zur Empfängnisverhütung könnten sie nur Frauen empfohlen werden, deren Zyklus und Lebensweise sehr regelmäßig ist, und die nicht unbedingt – zum Beispiel auch aus medizinischen Gründen – eine Schwangerschaft verhindern müssen, betont die Expertin.
Seit einiger Zeit verdrängen sogenannte Fertility-Apps die Zyklus-Computer vom Markt, berichtet Professor Dr. med. Matthias Weber, Leiter des Schwerpunkts Endokrinologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mediensprecher der DGE. Die Verkaufszahlen von Google und Apple zeigen, dass Anwendungen wie „Period Tracker“ oder „Ladytimer“ millionenfach auf Smartphones geladen wurden. Ob sie tatsächlich halten, was sie versprechen, ist nach Einschätzung des DGE-Mediensprechers völlig unklar. „Die Hersteller geben meistens nicht einmal an, welche Algorithmen sie verwenden“, kritisiert Professor Weber. Eine benutzerfreundliche Bedienung und die Werbeversprechen, die Zuverlässigkeit durch die Auswertung der Daten von Millionen von Usern zu erhöhen, überzeugen den Hormonexperten nicht. Professor Weber: „Wir brauchen klinische Studien, die uns zeigen, ob die Frauen durch die Anwendung der Apps ihr persönliches Ziel erreichen.“ Bei einem Kinderwunsch hat der Experte keine Einwände gegen die Apps. Das einzige Risiko bestehe ja darin, dass die Frau (vorerst) nicht schwanger werde. Möchte die Frau aber eine Schwangerschaft verhindern, sollte sie nach Ansicht von Professor Weber lieber nicht auf Zyklus-Computer und -Apps zurückgreifen. „Die Sicherheit ist nicht ausreichend gewährleistet“, warnt der Experte.
Dr. Seifert-Klauss rät Frauen, die andere Verhütungsmethoden vermeiden wollen, zur symptothermalen Methode, die die Sektion Natürliche Familienplanung (NFP) der Deutschen Gesellschaft für gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin seit den 1980er Jahren entwickelt hat. Dabei werden drei Methoden kombiniert: Temperaturmessung, Zervikalschleimuntersuchung und Kalendermethode. „Frauen, die einen Kurs besucht haben, erzielten einen Pearl-Index von 0,4, der der Zuverlässigkeit der Antibabypille nahe kommt“, berichtet die Münchener Expertin, die auch eine Hormonsprechstunde leitet. Inzwischen gibt es auch Apps, die auf den NFP-Regeln basieren. Dazu gehört OvuView, myNFP, Lady Cycle und Lily App. Ob sie allerdings einen Kurs ersetzen können, ist noch offen. DGE-Mediensprecher Weber ergänzt: „Auch diese Apps müssten sich klinischen Prüfungen stellen.“
Literatur:
G. Freundl, C. Gnoth, M. Krahlisch. Zykluscomputer und -Apps. Gynäkologische Endokrinologie 2016; 14: 93-104. Abstract
Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „außen“ ab.
– Bei Abdruck Beleg erbeten. –
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