idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/19/2016 09:56

Quanten-Jonglieren mit freien Elektronen

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Wissenschaftlern der Universität Göttingen ist es erstmals gelungen, einen Strahl freier Elektronen durch eine präzise Folge von Lichtpulsen quantenmechanisch „kohärent“ zu kontrollieren. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Physics erschienen.

    Pressemitteilung Nr. 161/2016

    Quanten-Jonglieren mit freien Elektronen
    Göttinger Wissenschaftler manipulieren Quantenzustand freier Elektronen mit Lichtfeldern

    (pug) In der klassischen Physik kann ein Elektron nur eine einzige, bestimmte Geschwindigkeit annehmen. Quantenmechanisch ist es jedoch möglich, dass es sich in einer Überlagerung verschiedener Geschwindigkeiten befindet. Im vergangenen Jahr hatten Wissenschaftler der Universität Göttingen gezeigt, dass ein solcher Überlagerungszustand freier Elektronen in einem ultraschnellen Elektronenmikroskop erzeugt werden kann, indem die Elektronen mit intensiven Lichtfeldern bestrahlt werden. Nun ist es ihnen erstmals gelungen, einen Strahl freier Elektronen durch eine präzise Folge von Lichtpulsen quantenmechanisch „kohärent“ zu kontrollieren. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Physics erschienen.

    Wenn wir einen Film sehen, der gerade rückwärts abgespielt wird, erkennen wir dies üblicherweise auf den ersten Blick. Unsere Alltagserfahrung lehrt uns, dass die meisten Vorgänge – beispielsweise das Zerspringen eines Blumentopfes – nicht ohne weiteres umkehrbar sind. Dieser „gerichtete Zeitpfeil“ entsteht durch die ungeordnete Wechselwirkung der großen Zahl daran beteiligter Atome und Moleküle. Ist man jedoch in der Lage, ein einzelnes Atom oder Elektron isoliert zu betrachten, lassen sich mikroskopische, quantenmechanische Prozesse häufig sehr gezielt steuern oder auch vollständig umkehren, was auch als „kohärente Kontrolle“ bezeichnet wird.

    Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Claus Ropers und Dr. Sascha Schäfer am IV. Physikalischen Institut der Universität Göttingen hat nun experimentell gezeigt, dass diese Konzepte auf einen Strahl freier Elektronen übertragen werden können. Im Experiment lenkten die Forscher einen kurzen Elektronenpuls durch eine nanoskopisch kleine Metallstruktur, in der die Elektronen mit mehrfachen, präzise gesteuerten Lichtfeldern wechselwirken können. Ausgehend von einer einzigen Anfangsgeschwindigkeit der Elektronen erzeugen diese Lichtfelder in der Nanostruktur quantenmechanische Überlagerungen verschiedener Geschwindigkeiten. Die genaue Intensität und die zeitliche Verzögerung dieser Lichtpulse beeinflusst dabei das Endergebnis. So kann beispielsweise in einem ersten Laserbeschuss eine breite Verteilung an Geschwindigkeiten erzeugt werden. Mit einem zweiten Puls kann diese dann entweder noch stärker verbreitert oder wieder in den Ausgangszustand zurückversetzt werden – vereinfacht ausgedrückt wie das Zusammensetzen des zersprungenen Blumentopfes.

    Eine analoge Form der mehrfach gepulsten Wechselwirkung mit Quantensystemen wird in verschiedenen Spektroskopie- und Abbildungsmethoden verwendet, beispielsweise in der Magnetresonanztomografie (MRT). Auf dem gleichen Prinzip beruhen Atomuhren für hochpräzise Zeitmessungen und damit sogar die Definition der Sekunde. Auch die Göttinger Forscher verbinden ihre Technologie mit der Hoffnung auf neue Anwendungen. „Wir möchten die extrem hohe zeitliche Empfindlichkeit des Phänomens nutzen“, so Katharina Echternkamp, Doktorandin am IV. Physikalischen Institut und Erstautorin der Studie. „In Zukunft werden wir Elektronenpulse mithilfe von Licht maßgeschneidert strukturieren können, was völlig neue Formen der zeitaufgelösten Elektronenmikroskopie ermöglicht.“

    Originalveröffentlichung: Katharina E. Echternkamp et al. Ramsey-type phase control of free-electron beams. Nature Physics 2016. Doi: 10.1038/nphys3844.

    Kontaktadressen:
    Prof. Dr. Claus Ropers
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Physik – IV. Physikalisches Institut
    Friedrich-Hund-Platz 1, 37077 Göttingen
    Telefon (0551) 39-4549
    E-Mail: cropers@gwdg.de

    Dr. Sascha Schäfer
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Physik – IV. Physikalisches Institut
    Friedrich-Hund-Platz 1, 37077 Göttingen
    Telefon (0551) 39-4576
    E-Mail: schaefer@ph4.physik.uni-goettingen.de


    More information:

    http://www.uni-goettingen.de/de/91116.html


    Images

    Gemessene Verteilungen der Elektronengeschwindigkeiten im Experiment.
    Gemessene Verteilungen der Elektronengeschwindigkeiten im Experiment.
    Source: Foto: Universität Göttingen

    In der makroskopischen Welt nicht ohne weiteres möglich: Wiederherstellen eines Ausgangszustands nach einer starken Störung.
    In der makroskopischen Welt nicht ohne weiteres möglich: Wiederherstellen eines Ausgangszustands nac ...
    Source: Foto: Universität Göttingen


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).