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Wissenschaft
Gießener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln mit der RNA-Interferenz-Technik eine hochspezifische und nachhaltige Alternative zum Einsatz von umweltschädlichem Kupfer im biologischen Pflanzenschutz
Pathogene Pilze der Gattung Fusarium sind ursächlich für eine Vielzahl schwerwiegender Pflanzenkrankheiten im Getreideanbau, die zumeist unter dem Begriff „Ährenfusariosen“ zusammengefasst werden und weltweit für immense Ernteverluste und Lebensmittelvergiftungen sorgen. Der Einsatz konventioneller chemischer und biologischer Pflanzenschutzmittel ist immer öfter wirkungslos, da Fusarien – wie andere Schaderreger auch – zunehmend Resistenzen gegen die wenigen noch zugelassenen Wirkstoffe entwickeln. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen(JLU) haben ein innovatives, hochspezifisches Verfahren entwickelt, mit dem sich der Getreidepilz Fusarium graminearum und auch andere Pilze gezielt unschädlich machen lassen. Der Vorteil dieser Technik ist die hohe Selektivität, mit der negative Effekte auf Nützlinge wie Bienen, aber auch auf den Menschen verhindert werden. Zudem bietet diese Technik breite Anwendungsmöglichkeiten. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift PloS Pathogens veröffentlicht.
Die Schlüsseltechnologie hinter dem Verfahren ist die RNA-Interferenz-Technik (RNAi-Technik). Sie basiert auf einem natürlichen Regelmechanismus, für dessen Entdeckung 2006 der Nobelpreis für Physiologie/Medizin vergeben wurde: Mit der RNAi-Technik lassen sich Gene gezielt inaktivieren – in Pflanzen werden auf diese Weise normalerweise Gene reguliert und Viruserkrankungen abgewehrt. Die Nutzung dieses natürlichen Prinzips für den Pflanzenschutz ist umweltfreundlich, nachhaltig und ermöglicht den Verzicht auf gentechnische Veränderungen von Pflanzen. Ein erheblicher Vorteil der neuen Methode ist zudem, dass sie im Prinzip auf jeden erdenklichen Schaderreger oder Schädling angewendet werden kann.
Dem Team von Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel und seiner Kollegin Dr. Aline Koch vom Institut für Phytopathologie der JLU war es bereits im Jahr 2013 gelungen, Pflanzen zu züchten, die ein RNAi-Molekül produzieren, das den Getreidepilz Fusarium graminearum gezielt unschädlich macht. Nun konnten die Forscherinnen und Forscher zeigen, dass gezielt hergestellt RNA-Moleküle auch dann gegen den Pilz wirksam sind, wenn sie – wie im Pflanzenschutz üblich –, einfach auf Pflanzen gesprüht werden. Bei Gerste erzielten die Forscherinnen und Forscher damit eine außergewöhnlich hohe Widerstandsfähigkeit gegen den Pilz.
„Langfristig wird diese innovative und umweltfreundliche Methode chemische und biologische Pflanzenschutzmittel, wie z.B. das für die Umwelt sehr problematische Kupfer ersetzen können“, so Prof. Kogel. „Wir gehen damit im künftigen Pflanzenschutz einen dritten Weg – jenseits konventioneller oder biodynamischer Strategien. Die neue Methode hat ein enormes Potenzial für die Landwirtschaft.“
Publikation
Koch A, Biedenkopf D, Furch A, Weber L, Rossbach O, Abdellatef E, Linicus L, Johannsmeier J, Jelonek L, Goesmann A, Cardoza V, McMillan J, Mentzel T, Kogel KH (2016) An RNAi-based control of Fusarium graminearum infections through spraying of long dsRNAs involves a plant passage and is controlled by the fungal silencing machinery. PLOS Pathogens, online veröffentlicht am 13. Oktober 2016
DOI: 10.1371/journal.ppat.1005901
Kontakt
Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel
Institut für Phytopathologie und Angewandte Zoologie
Heinrich-Buff-Ring 26-32, 35392 Gießen
Telefon: 0641 99-37490
E-Mail: karl-heinz.kogel@agrar.uni-giessen.de
Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die über 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen¬schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit 2006 wird die JLU sowohl in der ersten als auch in der zweiten Förderlinie der Exzellenzinitiative gefördert (Excellence Cluster Cardio-Pulmonary System – ECCPS; International Graduate Centre for the Study of Culture – GCSC).
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Chemistry, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Transfer of Science or Research
German
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