idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
11/08/2016 08:00

Nachwachsende Rohstoffe: Neue Miscanthus-Sorten erobern Grenzstandorte

Florian Klebs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim

    Universität Hohenheim erprobt Neuzüchtungen des Chinaschilfs zur Lignozellulose-Gewinnung in Baden-Württemberg / Themen-Serie Bioökonomie

    Kalte, flachgründige Böden, moorige Standorte – auf vielen Flächen in Baden-Württemberg gedeihen Nahrungspflanzen nicht besonders gut. Der Anbau des schnell wachsenden Grases Miscanthus zur Biomasse-Produktion könnte hier eine Alternative darstellen. Das Problem: Eigentlich behagen auch Miscanthus keine allzu rauen Bedingungen. Wissenschaftler der Universität Hohenheim machen sich deshalb auf die Suche nach neuen, robusteren Miscanthus-Sorten. Die hervorragende Ökobilanz der Kultur zeigt ihr Potential die Umwelt zu schonen – und ein vereinfachtes Anbauverfahren soll dem Landwirt nützen. Das Projekt ist Teil des Forschungsverbunds Lignozellulose.

    Es benötigt kaum Pestizide und Düngemittel, liefert hohe Erträge und schneidet als Dauerkultur bei der Ökobilanz besonders gut ab: das Chinaschilf Miscanthus. Wegen seiner geringen Auswirkungen auf die Umwelt gilt es als interessante Quelle für Lignozellulose zur stofflichen und energetischen Nutzung.

    „Grundsätzlich lässt sich Miscanthus auch auf nährstoffarmen Böden kultivieren, die für den Anbau von Nahrungspflanzen uninteressant sind“, erklärt Prof. Dr. Iris Lewandowski, Expertin für nachwachsende Rohstoffe an der Universität Hohenheim. „In Baden-Württemberg haben wir neben guten auch sogenannte marginale Flächen, auf denen Mais oder Getreide eher schlecht als recht gedeihen. Hier wäre Miscanthus eine gute Anbaualternative.“

    Doch die Sache hat einen Haken: Bis jetzt steht den Landwirten für den Anbau lediglich der Riesen-Chinaschilf vom Typ Miscanthus x giganteus zur Verfügung, und der ist nur bedingt für kalte, flachgründige oder feuchte Standorte geeignet. Gemeinsam mit Moritz Wagner sucht Prof. Dr. Lewandowski deshalb nach widerstandsfähigeren Miscanthus-Typen.

    Stresstoleranter Miscanthus für Baden-Württemberg

    Die beiden Forscher greifen dafür auf ein europäisches Züchtungsprogramm zurück, das seit 2012 stresstolerante Miscanthus-Pflanzen selektiert. „Fünf Genotypen, also Pflanzen, deren genetische Ausstattung auf höhere Stresstoleranz schließen lässt, haben wir für Baden-Württemberg ausgewählt“, erklärt Wagner. „Nun testen wir sie auf drei verschiedenen marginalen Standorten auf ihre Eignung in der Praxis.“

    Seit 2014 wachsen die neuen Genotypen neben M. x giganteus als Kontrollpflanze auf drei Hohenheimer Versuchsstationen mit unterschiedlichen Standortbedingungen: Am Ihinger Hof auf einem Teilstück mit sehr flachgründigen Böden, auf dem Oberen Lindenhof an einem Standort mit kühlem Lokalklima sowie bei Aulendorf, auf einem Standort mit moorigem Boden.

    „Wir erfassen zum Beispiel, wie gut die Pflanzen anwachsen und sich etablieren, wie viele Stängel sie bilden und wie hoch die Überwinterungsrate ist“, berichtet Wagner. „Einen Vollertrag gibt es bei Miscanthus zwar erst ab dem dritten Jahr. Aber bereits jetzt können wir sagen, dass einige Genotypen mit der Überwinterung sehr gut klarkommen und beim Ertrag mit M. x giganteus mithalten oder ihn sogar übertreffen“, fasst er erste Ergebnisse zusammen.

    Direktaussaat statt Auspflanzung

    Doch es gibt ein weiteres Problem, das den Anbau von Miscanthus derzeit noch einschränkt: Die Samen sind sehr klein, weshalb eine Direktaussaat nicht möglich ist. „Momentan wird Miscanthus über Rhizome vermehrt und ausgepflanzt, wodurch die Neuanlage pro Hektar sehr teuer ist“, sagt Prof. Dr. Lewandowski.

    Zusammen mit Prof. Dr. Michael Kruse vom Fachgebiet Saatgutwissenschaft und -technologie an der Universität Hohenheim suchen die Forscher daher nach einer Möglichkeit, die Samen zu ummanteln, damit sie einfacher ausgesät werden können. Auch Mikronährstoffe in der Ummantelung für eine verbesserte Keimung erproben sie. Ergebnisse werden im nächsten Jahr erwartet.

    Höhere Deckungsbeiträge auf Risikostandorten

    Am Ende des Projekts wollen die Forscher Miscanthus-Typen für die Landwirte in Baden-Württemberg selektieren, die diese dann zukünftig als Sorten über die Züchtungspartner käuflich zur Aussaat erwerben können.

    „Mit angepassten Sorten und kostengünstiger Aussaat könnte der Miscanthus-Anbau dann den Landwirten auch auf marginalen Flächen gute Einkommensmöglichkeiten bieten“, ist Prof. Dr. Lewandowski überzeugt.

    Hintergrund zum Projekt

    Das Projekt „Miscanthus-Genotypen für lignozellulosebasierte Wertschöpfungsketten“ startete am 1.9.2014. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg fördert es über drei Jahre im Rahmen des Forschungsprogramms Bioökonomie Baden-Württemberg.

    Mehr Infos: http://www.bioeconomy-research-bw.de/tp70

    Hintergrund: Forschungsverbund Lignozellulose im Forschungsprogramm Bioökonomie Baden-Württemberg

    Im Forschungsverbund Lignozellulose fördert das Land Baden-Württemberg 19 Teilprojekte, die Lignozellulose als alternativen Rohstoff für neue Materialien und Produkte untersuchen.

    Die Forscher nehmen dazu den gesamten Stoffstrom vom Acker bis zum Produkt in den Blick. Alle Pflanzenbestandteile sollen in der Wertschöpfungskette vollständig und, wenn möglich, mehrfach verwertet werden. Die Auswahl, Züchtung und Kultivierung der lignozellulose-liefernden Pflanzen spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Weiterentwicklung von Konversionsverfahren.

    Außer der Universität Hohenheim sind an dem Forschungsverbund die Universitäten Freiburg, Stuttgart, Ulm und Heidelberg sowie die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) beteiligt.

    Die Gesamtkoordination des Forschungsprogramms übernimmt die Landesgeschäftsstelle, die an der Universität Hohenheim angesiedelt ist.

    Mehr Infos: http://www.bioeconomy-research-bw.de

    Hintergrund: Bioökonomie – Leitthema der Universität Hohenheim

    Die Bioökonomie ist das Leitthema der Universität Hohenheim und einer ihrer drei Forschungsschwerpunkte. Sie verbindet die agrarwissenschaftliche, die naturwissenschaftliche sowie die wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Fakultät.

    Diese interdisziplinäre Thematik an der Universität Hohenheim zu koordinieren und umzusetzen ist Aufgabe des Forschungszentrums Bioökonomie. Ziel der Bioökonomie ist es die weltweite Ernährung zu sichern, die Agrarproduktion nachhaltig zu gestalten, gesunde und sichere Lebensmittel zu produzieren, nachhaltige Rohstoffe industriell zu nutzen sowie Energieträger auf der Basis von Biomasse auszubauen. Dabei genießt die Ernährungssicherung stets Vorrang vor anderen Nutzungen von Biomasse (Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030, BMBF).

    Die Bioökonomie greift ein zentrales Anliegen von Politik und Gesellschaft auf und berücksichtigt gleichermaßen ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Belange. Homepage: http://www.bioeconomy.uni-hohenheim.de/forschungszentrum

    Kontakt für Medien:
    Moritz Wagner, Universität Hohenheim, Fachgebiet Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen
    T 0711 459 23557, E mowagner@uni-hohenheim.de

    Prof. Dr. Iris Lewandowski, Universität Hohenheim, Fachgebiet Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen T 0711 459 22221, E Iris_Lewandowski@uni-hohenheim.de

    Text: Elsner


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Energy, Environment / ecology, Nutrition / healthcare / nursing, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).