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Aktuelle Trends
Wer hätte noch vor einem Jahr erwartet, daß die Wechselkurse zwischen den künftigen EWU-Ländern trotz so merklicher Erschütterungen der Weltwirtschaft wie der Währungsturbulenzen und der wirtschaftlichen Einbrüche in Asien und Rußland stabil bleiben? Die Beschlüsse des Euro-Sondergipfels Anfang Mai dieses Jahres haben es ermöglicht. Dort wurden nicht nur die 11 Gründungsmitglieder der Europäischen Währungsunion bestimmt, sondern auch die bilateralen Umrechnungskurse der jeweiligen Währungen in den Euro. Da weder die Asien- noch die Rußlandkrise den Starttermin der EWU in Frage gestellt haben, berühren sie auch die Wechselkurse zwischen den 11 Euro-Währungen kaum.
Exemplarisch ist dies in der oberen Abbildung am Beispiel des französischen Franc, der von jeher zu den Kern-EWU-Währungen gehörte, und der italienischen Lira, deren Teilnahme in der ersten Runde bis zu den Mai-Beschlüssen unsicher war, dargestellt. Zwar hat die Lira im Zuge der Zuspitzung der Rußlandkrise Ende August geringfügig an Wert verloren, und auch die Zinsen zogen leicht an. Die Reaktion der Lira auf diese Erschütterung war jedoch minimal und merklich geringer als auf die vor dem Euro-Sondergipfel immer wieder aufkeimende Diskussion um die EWU-Teilnahme Italiens.
Seit den Euro-Beschlüssen Anfang Mai dieses Jahres liegt die Lira um durchschnittlich knapp 0,4 vH über dem bilateralen Umrechnungskurs zur D-Mark. Die entsprechende Wechselkursänderungserwartung spiegelt sich in der aktuellen Zinsdifferenz Italiens gegenüber Frankreich und Deutschland wider. Der Wert der Lira wird daher im Zuge der weiteren Zinskonvergenz bis zum Jahresbeginn 1999 gegenüber der D-Mark leicht abnehmen. Da die Zinsdifferenz um reichlich einen Prozentpunkt höher ist als die zu erwartende Wechselkursänderung, dürften zwei Risikoprämien eine Rolle spielen: Erstens das geringe Restrisiko, daß die EWU nicht den Beschlüssen entsprechend zustandekommt, und zweitens die etwas geringere Bonität der italienischen Finanzmarktteilnehmer - eine Differenz, die auch nach Beginn der EWU bestehen bleiben wird.
Silke Tober (sit@iwh.uni-halle.de)
Rußland-Krise: Ursachen, Folgen und Wege zu ihrer Überwindung
Die russische Währungskrise vom August 1998 ist der vorläufige Höhepunkt einer sich seit November des vergangenen Jahres verstärkenden Krise der russischen Staatsfinanzen und des Bankensektors. Diese Krise entstand durch eine wachsende kurzfristige Defizitfinanzierung und Spekulationsgeschäfte der Banken. Gefördert wurde beides durch die Geldpolitik der Zentralbank, die nicht nur hohe, sondern zuletzt sogar steigende Realzinsen in Kauf nahm, um den Wechselkurs zu stabilisieren. Dieses Ziel wurde zunehmend unrealistisch, weil die Exportpreise für Rohstoffe im Gefolge der Krisen in Asien sanken und zu einem Defizit in der Leistungsbilanz führten. Die not-wendigen Reformen der öffentlichen Finanzen und des Bankensektors sind über Jahre hinweg durch den grundlegenden Konflikt zwischen Regierung und Parlament einerseits und zwischen Regierung und Regionen andererseits verhindert worden. Dies alles bewirkte, daß sich die russische Wirtschaft bis heute nicht erholte. Das seit 1996 langsam gewachsene Vertrauen in die russische Währung ist nun wieder verloren gegangen. Die Flucht aus dem Rubel, seine Abwertung und die Anstrengungen der russischen Regierung, die Liquidität des Bankensektors zu sichern, werden wieder zu einer starken Beschleunigung der Inflation führen, die in eine Hyperinflation münden könnte. Es gibt auch erste Auswirkungen der russischen Krise auf mittel- und osteuropäische Länder in Form eines Abzugs von Kapital, weil institutionelle Anleger diese Länder in eine ähnliche Risikoklasse wie Rußland einordnen. Diese Länder müssen die Reaktionen der eigenen Aktien- und Devisenmärkte als Warnsignal sehen und die Reformen im Bankensektor beschleunigen, um robuster gegenüber einer Ansteckung zu werden. Manche Länder werden auch eine größere Bandbreite für ihre Wechselkurse in Erwägung ziehen müssen. Vor allem kommt es aber darauf an, daß Rußland selbst alle Anstrengungen unternimmt, die Krise zu überwinden. Das gegenwärtig diskutierte Currency Board ist dazu keine Lösung, weil es Rußland derzeit noch empfindlicher gegenüber einem weiteren Verfall der Weltmarktpreise für Rohstoffe machen würde. Die Bekämpfung der drohenden Hyper-inflation ist vorrangig eine Aufgabe der Fiskalpolitik. Diese setzt eine politische und möglichst dauerhafte Einigung zwischen Duma und Regierung voraus. Befürchtungen, eine derartige Einigung ziehe die Rückkehr Rußlands zur Planwirtschaft nach sich, sind wenig begründet. Die tem-poräre Rücknahme einiger Liberalisierungsschritte ist sogar sinnvoll (Kapitalverkehrskon-trollen). Eine andere angekündigte Maßnahme - die Re-Nationalisierung von insolventen Unternehmen - wird in ihrer Wirkung überschätzt, weil sie ohne zusätzliche Budgetbelastungen nicht zu haben ist. Die internationale Gemeinschaft sollte neue Kredite zur Unterstützung des Reformprozesses dann wieder in Erwägung ziehen, wenn die Märkte das Vertrauen in die Reform- und Politikfähigkeit der Regierung zurückgewonnen haben. Ein floatender Rubelkurs könnte der Indikator für entsprechende Fortschritte sein.
Hubert Gabrisch (gabrisch@iwh.uni-halle.de)
Thomas Linne (thl@iwh.uni-halle.de)
Keine Beschäftigungseffekte durch Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit
Ob eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit Be-schäftigungsgewinne nach sich zieht oder aber be-schäftigungshemmend wirkt, wird sowohl in der öffentlichen als auch in der wissenschaftlichen Diskussion kontrovers beurteilt. Die Befürworter einer geringeren Arbeitszeit stellen in erster Linie auf den Umverteilungsaspekt unter der Prämisse eines gegebenen Arbeitsvolumens ab. Die Kritiker weisen dagegen auf mögliche Kostensteigerungen hin, die im Ergebnis sogar zu einem Beschäftigungsverlust führen können.
Die Eignung einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit als beschäftigungspolitisches Instrument ist somit umstritten. Um der Diskussion eine fundiertere empirische Basis zu bieten, wird in diesem Beitrag der Beschäftigungseffekt der Arbeitszeitverkürzungen von 1960 bis 1994 mit panelökono-metrischen Verfahren eingeschätzt. Dabei werden die westdeutsche Industrie und die Bauwirtschaft betrachtet. Die Analyse zeigt, daß eine Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit im Untersuchungszeitraum keinen Einfluß auf die Höhe der Beschäftigung ausgeübt hat. Die beschäftigungspolitische Relevanz dieses Instrumentes ist deshalb als gering einzustufen. Andere Formen der Ar-beitszeitpolitik, wie z.B. die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen, lassen sich durch diese Ergebnisse jedoch nicht bewerten und sollten auf ihre Wirksamkeit geprüft werden.
Christian Dreger (cdr@iwh.uni-halle.de)
Jürgen Kolb (jko@iwh.uni-halle.de)
Criteria of this press release:
Economics / business administration
transregional, national
Research projects, Scientific Publications
German
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