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Wissenschaft
Das Thema Flucht scheint sich verselbständigt zu haben, ist kaum mehr greifbar. Auch Statistiken und damit Fakten scheinen in oftmals ideologisierten Debatten nicht mehr zu fruchten. Diesen Eindruck hatten zumindest 16 Studierende aus dem dritten Semester Online-Journalismus am Mediencampus der Hochschule Darmstadt (h_da). Im Rahmen eines Semesterprojekts entwickelten die Studierenden aus dem Fachbereich Media daher eine Webseite, die einen anderen Zugang zum Thema Flucht schaffen möchte: „Bordertales“ (Grenzgeschichten) wirft Schlaglichter auf die jahrhundertealte deutsche Fluchtgeschichte in gut 20 Erzählungen, Berichten und Essays mit teilweise sehr persönlicher Note.
Ergänzend hierzu werden im faktenorientierten „Flüchtlings-FAQ“ wichtige Fragen zum Thema Flucht beantwortet.
Eine animierte Karte auf der Startseite zeigt, was die Studierenden mit ihrem Projekt zum Ausdruck bringen wollten: „Menschen sind schon immer nach Deutschland hinein, hindurch und auch aus Deutschland heraus geflohen. Flucht gehört zu unserer Geschichte und hat unsere Gesellschaft und unsere Kultur geprägt“, sagt Student und bordertales.de-Chefredakteur Lukas Blank. Im studentischen Projektteam hatte die Hälfte der 16 Beteiligten einen Flucht- oder Migrationshintergrund. Ihre Vorfahren kommen aus Afghanistan, der Türkei, aus Frankreich, Ostpreußen oder aus der ehemaligen DDR.
„Die Frage, ob wir nicht alle irgendwie Flüchtlinge sind, hatte letztendlich zu der Idee von bordertales.de geführt“, so Lukas Blank. Man habe das schwierige Thema mit einem weniger faktischen, als emotionalen Ansatz angehen wollen und entschied sich dazu, in der deutschen Geschichte nach Fluchtbeispielen zu recherchieren, aber auch eigene Familienschicksale zu thematisieren. Auch Geschichten prominenter Flüchtlinge werden aufgegriffen.
In „Wenn dein Schlepper nur eine Hand zum Fahren hat“ erzählt Studentin Sadaf Sharaf von ihrer Mutter, die 1988 von Afghanistan aus über Pakistan nach Deutschland floh. Das Leben der Familie steht während der Flucht auf Messers Schneide, als die Mudschaheddin den Vater verschleppen und die Mutter Courage zeigt und ihnen folgt. Sie bekocht die Kämpfer und wäscht deren Wäsche. Diese zeigen sich beeindruckt von dem Mut und lassen alle wieder frei. „Angst schaltete meinen Rekorder aus“ nennt Lukas Blank seinen Audiobeitrag: ein Interview mit einem afrikanischen Flüchtling, der fürchtet, dass selbst ein Audiointerview seine Familie und ihn in Gefahr bringen könnte.
Erzählt wird auf bordertales.de auch die reale Geschichte Hubert Hohlbeins, der unter der Eisdecke des Potsdamer Jungfernsees tauchend von der DDR aus in die Bundesrepublik flüchtete und später einen Tunnel zum Schmuggeln von Menschen baute. Vor den Nazis in die USA geflohen ist die Familie von Michael Blumenthal, der 1977 US-Finanzminister wird. Manche Geschichten beruhen auf historischen Gegebenheiten, werden aber fiktiv angereichert. „Die Odyssee der Westgoten“ etwa erzählt die Fluchtgeschichte der Goten aus der erfundenen Perspektive der historischen Persönlichkeit Roderich der Schmied im Jahr 395.
Für die „Flüchtlings-FAQ“ haben die Studierenden eingehend recherchiert und einen Flucht- und Migrationsexperten der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) für ein Impulsreferat gewinnen können. In den „Frequently Asked Questions“ geht es nun in kompakter Form zum Beispiel um die Auswirkungen des Fluchtgeschehens auf das Sozialsystem, den Ablauf eines Asylverfahrens oder Verteilerschlüssel für Asylbewerber, aber auch um Möglichkeiten, Geflüchteten zu helfen.
„Was als Übung in journalistischen Techniken und eine Auseinandersetzung mit dem komplexen Thema ´Flucht und Migration´ geplant war, wurde für einige der Studierenden eine Reise in die eigene Vergangenheit. Das war für mich bei der Arbeit an bordertales.de ein schöner Nebeneffekt“, sagt Projekt-Betreuer und h_da-Lehrbeauftragter Michael Hasenpusch. Mit dem Abschluss des Semesterprojekts sind nun auch die Inhalte der Webseite final. Die Erzählungen und Berichte ermöglichen zusammen mit Essays zu den Themen „Gefühlte Realität“ und „Fluchtgründe“ einen unkonventionellen und emotionalen Zugang zum Thema.
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Media and communication sciences, Social studies
transregional, national
Studies and teaching
German
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