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Wissenschaft
Forschungsbericht zum Geschlechtervergleich anhand von Verfahrensakten der Justiz ist an der Frankfurt UAS erschienen
Das Forschungsprojekt „Eigentums- und Vermögensdelikte. Ein Geschlechtervergleich anhand von Verfahrensakten der Justiz.“ an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) hat die genannten Deliktarten auf Unterschiede zwischen den Geschlechtern untersucht. Ergebnisse sind folgende: Es besteht ein durchgängiger Unterschied zwischen den beiden untersuchten Deliktarten, Diebstahl und Betrug, u.a. hinsichtlich der Beschuldigten, ihres Verhaltens und der strafrechtlichen Folgen. Die Diebstahlbeschuldigten stammen aus gesellschaftlich benachteiligten Gruppen; es überwiegen alleinstehende Personen. Der größte Geschlechtsunterschied wurde beim relativen Anteil an den Delikten festgestellt: Männer werden doppelt so häufig wegen einfacher Eigentums- und Vermögensdelikte registriert wie Frauen. In den Verfahren zeigen dagegen weibliche Beschuldigte eine Tendenz, sich und ihr Handeln zu erklären. Der Forschungsbericht ist unter http://www.gffz.de/fileadmin/user_upload/Online-Publikation/web_16.179_Internetpublikation_Vermoegen_Delikte.pdf abzurufen.
Die Studie wurde unter Leitung von Prof. Dr. Dagmar Oberlies und Fredericke Leuschner durchgeführt, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS, sowie unter Mitarbeit von Julia Janke und Naomi Januschke. Hintergrund der Studie ist, dass im Kontext kriminologischer Forschung seit vielen Jahren das Phänomen beschrieben wird, der Anteil weiblicher Täterinnen falle geringer aus. Das wissenschaftliche Interesse an straffälligen Frauen konzentriert sich insbesondere auf Täterinnen von Gewaltdelikten; die Eigentums- und Vermögenskriminalität könnte demgegenüber als Stiefkind der Kriminologie gelten, und das, obwohl sie sowohl bei männlichen wie bei weiblichen Tatverdächtigen das am häufigsten registrierte Delikt ist. Im Rahmen des vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst geförderten Forschungsprojektes untersuchten die Wissenschaftlerinnen in der Amts- und Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main fast 3.000 Verfahrensakten von (angezeigten) gewaltlosen Diebstahls- und Betrugsdelikten, die im Jahr 2013 zum Abschluss gebracht wurden. Die Studie ist insofern repräsentativ. Die Delikte überschritten größtenteils keinen Schaden von 2.500 Euro. Die Studie vollzieht die Verfahren von der Anzeige bis zur verfahrensabschließenden Entscheidung nach und diskutiert u.a. die Frage, ob sich Unterschiede bei den Lebens- und Tatumständen von weiblichen und männlichen Beschuldigten erkennen lassen, welche Rolle diese bei der Begehung und Bearbeitung von Tathandlungen spielen und wie Unterschiede in den Verfahrensstrategien die Chancen im Strafprozess beeinflussen.
Unterschiede zwischen den Deliktarten Diebstahl und Betrug
Die Wissenschaftlerinnen stellten zunächst einen eindeutigen und durchgängigen Unterschied zwischen den beiden untersuchten Deliktarten, Diebstahl und Betrug, fest. Dabei unterschieden sich die Beschuldigten der jeweiligen Delikte, ihre Tathandlungen und die Schadensfolgen wie auch das Verhalten im Verfahren sowie die strafrechtlichen Folgen.
Diebstahlsbeschuldigte stammen aus gesellschaftlich erheblich benachteiligten Gruppen mit multiplen Problemlagen. Während bei den Männern eine Gruppe von Personen zu identifizieren ist, die sich durch Erwerbs-, oft auch Wohnsitzlosigkeit, Alkohol- und Drogenprobleme auszeichnet, finden sich bei den weiblichen Diebstahlsbeschuldigten oft ältere, alleinstehende Frauen mit geringen Renten. Auffällig ist, dass unter den Beschuldigten alleinstehende Personen überwiegen.
Ähnliche Erkenntnisse lassen sich bei den Betrugsverfahren nicht identifizieren. Bei der Deliktart Betrug ist der Altersdurchschnitt niedriger.
Geschlechtsunterschiede bei den Delikten und Verfahren
Bei Betrachtung sämtlicher Verfahren bleibt der größte Geschlechtsunterschied jedoch der
relative Anteil an den Delikten: Männer werden doppelt so häufig wegen einfacher Eigentums- und Vermögensdelikte registriert wie Frauen.
Deliktsübergreifend zeigen sich Geschlechtsunterschiede hinsichtlich der begehrten Güter und der dabei mutmaßlich verursachten Schäden. Im Durchschnitt verursachen männliche Beschuldigte einen Schaden, der um etwa 40 % höher liegt als der von weiblichen Beschuldigten. Die begehrtesten Güter sind für Männer Geld, Werkzeuge, Lebensmittel und Kleidung, für Frauen Kleidung, Geld, Lebensmittel und Kosmetika.
Im Verfahren zeigen weibliche Beschuldigte eine Tendenz, sich und ihr Handeln zu erklären, teilweise auch zu rechtfertigen oder gar zu entschuldigen. Männliche Beschuldigte sind deutlich weniger kooperations- und geständnisbereit. Beim Verfahrensausgang zeigt sich, dass Betrugsdelikte deutlich häufiger wegen mangelnder Beweislast eingestellt werden, vor allem, wenn kein Geständnis vorliegt. Generell überwiegt jedoch der Diebstahl bei den angezeigten Deliktarten. Die Schwere der strafrechtlichen Reaktion steigt dabei nicht linear mit dem Wert des erlangten Gutes an.
Ein Zehntel der Ermittlungen ergeben keinen hinreichenden Tatverdacht (§ 170 StPO). Hier unterscheiden sich eher Diebstahl und Betrug als das Geschlecht der Beschuldigten. Bei 30 % der Verfahren entschließt sich die Amts- oder Staatsanwaltschaft zur folgenlosen Einstellung wegen geringer Schuld (§ 153 StPO). Dies passiert etwas häufiger bei weiblichen Beschuldigten. Personen mit Vorstrafen haben in diesen Verfahren verhältnismäßig häufiger eine Einstellung nach § 154 StPO, die aber mit einer Verurteilung in einem anderen, parallel laufenden Verfahren einher geht, oder eine unbedingte Freiheitsstrafe erhalten, wobei bei letztem die Zahlen sehr niedrig sind. Beides kommt mehrheitlich bei männlichen Beschuldigten vor. Insgesamt selten kommt es zur Einstellung gegen Auflagen und Weisungen (§ 153a StPO), etwas häufiger, wenn Frauen eines Diebstahls beschuldigt sind. Verurteilungen, überwiegend zu Geldstrafen, kommen in jedem vierten Verfahren vor – relativ häufiger bei den Diebstahlsdelikten. Dies geschieht u.a. deshalb, weil die Betrugsdelikte in jedem fünften Fall mangels Tatnachweises eingestellt werden.
Weitere Informationen zu den Forschungsprojekten und Studiengängen am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS unter: http://www.frankfurt-university.de/fb4
http://www.gffz.de/fileadmin/user_upload/Online-Publikation/web_16.179_Internetp...
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
Law, Social studies
transregional, national
Research results
German
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