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Wissenschaft
Die Bundesregierung will automatisiertes Fahren auf deutschen Straßen mit einer Änderung des Straßenverkehrsgesetzes möglich machen. Die letzte Verantwortung soll trotzdem der Mensch tragen. Das wird in den nächsten Jahren auch so bleiben, sagt Prof. Berthold Färber. Der Psychologe beschäftigt sich an der Universität der Bundeswehr München mit den Baustellen auf dem Weg zum fahrerlosen Auto.
Langsam kommt das Fahrzeug vor dem Fußgänger zum Stehen, der am Zebrastreifen in die Nachrichten-App seines Smartphones vertieft ist. Hinter dem haltenden Auto staut sich der Verkehr. Aufgeschreckt vom Hupkonzert der anderen Autofahrer, versucht der Fußgänger mit Zeichensprache darauf hinzuweisen, dass er die Straße nicht überqueren möchte. Er zeigt auf sich und schüttelt den Kopf, macht eine einladende Geste. Er wendet sich achselzuckend ab, als er die Sinnlosigkeit seines Unterfangens realisiert: Das Auto bewegt sich nach wie vor nicht vom Fleck. Was ist passiert?
Zu viele offene Fragen
Die Straßenverkehrsordnung ist schnell einprogrammiert, auch Bäume oder Fußgänger kann es erkennen und zuordnen. Das Entscheidende fehlt dem autonomen Auto jedoch: Situations- und Kontextwissen. Sobald die Gestik und Mimik über allgemein gültige non-verbale Kommunikationsregeln hinausgehen – z.B. Daumen hoch für „Alles ist in Ordnung“ oder ein kurzes Heben der Hand für „Sie können fahren“ – kann das Auto aus dem indivi-duellen Verhalten von Verkehrsteilnehmern keine Handlungsempfehlung mehr ableiten und bremst im Zweifelsfall ab. „Ein Auto ohne Lenkrad ist noch eine Illusion“, sagt Prof. Färber. Es sei zeitlich nicht absehbar, wann Autos sich ohne Fahrer unfallfrei im Straßenverkehr bewegen können. Noch zu viele offene Fragen gibt es in der Forschung, denen auch der Professor im Rahmen von Fahrstudien oder anhand von Aufzeichnungen kritischer Prüfsituationen auf den Grund gehen möchte: Wie kann das Auto informelle Regeln ab-speichern? Und auf welche Weise können Forscher die elektronischen Sys-teme absichern? Ein Ansatz ist es, aus der Blickrichtung und Stellung der Beine abzuleiten, was der Fußgänger als Nächstes tun wird. Zudem müssen andere Verkehrsteilnehmer autonome Autos im Straßenverkehr einfach erkennen und ihr Verhalten einschätzen können – denkbar wäre eine besondere Kennzeichnung wie bei Fahrschulautos. Auch ein Datenaustausch zwischen Fahrzeugen zu Verkehrslage und Fahrstil, die sogenannte Car2Car-Communication, kann helfen, den Verkehrsfluss zu optimieren und Straßen sicherer zu machen.
Technische und kulturelle Tücken
Hochautomatisiertes Fahren funktioniere momentan lediglich in ausgewählten Fahrsituationen und mittelfristig auf Autobahnen, so Prof. Färber, aber die Mehrzahl der Unfälle mit Todesfolge passiere auf Landstraßen und innerorts. Hier seien leicht bedienbare Assistenzsysteme gefordert, die Autofahrer in gefährlichen Situationen unterstützen. Die Kooperation zwischen Assistenzsystemen und Fahrer sei in kritischen Situationen hilfreich und ihre Auslegung schwierig. In den ersten 300 Millisekunden nach einer kritischen Verkehrssituation würde der Assistent Eingriffe des Fahrers am Lenkrad als eine reflexartige Gegensteuerung ignorieren und sich zum Schutz des Fahrers erst danach überstimmen lassen.
Schwierigkeiten ergäben sich auch, wenn selbstfahrende Autos international unterwegs seien, erklärt Prof. Färber. Ein anderer Fahrstil als in Deutschland, völlig andere informelle Verkehrsregeln und Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern stelle sie vor Herausforderungen. In südeuropäischen Ländern ist es zum Beispiel nicht üblich, sich bei einem Einschermanöver das Einverständnis anderer Autofahrer einzuholen. In nicht eindeutigen Verkehrssituationen sei es daher sinnvoller, sich auf den menschlichen Fahrer zu verlassen, so Prof. Färber. Bei fahrerlosen Autos könnte dies zukünftig auch eine Leitzentrale in Anlehnung an die Regelung des Luftverkehrs übernehmen. Unklar ist allerdings noch, wie ein autonomes Fahrzeug sicher und zeitnah feststellen kann, dass es an seine Grenzen geraten ist und die Leitstelle verständigen muss. (Text Eva Olschewski)
Michael Brauns
Pressesprecher
Universität der Bundeswehr München
Tel.: 089/6004-2004
E-Mail: michael.brauns@unibw.de
Criteria of this press release:
Journalists
Traffic / transport
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research projects
German
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