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05/03/2017 11:48

Über die Bibel streiten – Ansatz für neue Verständigung

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Isaac Kalimi analysiert die Hebräische Bibel als Schnittstelle der abrahamischen Religionen und Ursache von Konflikten und Kontroversen

    Die Hebräische Bibel beziehungsweise das Alte Testament ist von grundlegender Bedeutung für alle abrahamischen Religionen. Der heilige Text hat Juden, Christen und Moslems in der Vergangenheit allerdings mehr gespalten als vereint. Die biblischen Schriften wurden regelmäßig als Waffe verwendet, um Gegner und Außenstehende zu verurteilen, anstatt dass sie der Vereinigung und Aussöhnung unter den Glaubensrichtungen gedient hätten. Die Ursachen dafür liegen nach Auffassung von Prof. Dr. Isaac Kalimi, Forschungsprofessor für Hebräische Bibel und Geschichte Israels an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), insbesondere daran, dass der gemeinsame Text komplett unterschiedlich gelesen und interpretiert wurde. „Die Interpretationen der Hebräischen Bibel und des Alten Testaments haben dazu beigetragen, die Spannungen zwischen Juden und Christen zu verstärken. Aber es gibt auch entscheidende Gemeinsamkeiten, die das Potenzial für gegenseitiges Verständnis bieten“, so Kalimi. Er plädiert dafür, dass Juden und Christen ihre Bemühungen um eine bessere Verständigung und respektvolle Akzeptanz intensivieren. „Wir sollten versuchen, die jeweils anderen Auffassungen, Interpretationen und Überzeugungen zu verstehen und zu respektieren, auch wenn wir nicht übereinstimmen“, so der Religions- und Geschichtswissenschaftler.

    In einer neuen Buchveröffentlichung geht Kalimi auf die Konflikte ein, die die Auslegung der Bibel nicht nur unter den abrahamischen Religionen, sondern auch unter jüdischen Gruppen hervorgerufen hat. Er bezeichnet es als ein Paradox, dass die Hebräische Bibel als Quelle der jüdischen Religion, Gedankenwelt, Kultur und Literatur gilt, tatsächlich aber häufig vernachlässigt wurde, weil die „Mündliche Tora“, das heißt die rabbinische Literatur, im Vordergrund stand. Diese Erklärungen, Überlieferungen und Auslegungen der Rabbis fußen auf der „Schriftlichen Tora“, also der Hebräischen Bibel, sind aber in der jüdischen Glaubensgemeinschaft von großer eigenständiger Bedeutung. Die jüdische Religionsgemeinschaft der Karaiten lehnt die Mündliche Tora schlichtweg ab, was zu bitteren Kontroversen geführt hatte.

    „Auch die landläufige Ansicht, dass die Hebräische Bibel und das Alte Testament im Wesentlichen deckungsgleich sind, ist schwer problematisch. Die beiden Kanons sind nicht nur anders arrangiert und werden anders interpretiert, sondern das Alte Testament enthält in den meisten christlichen Gemeinden zusätzliche und abweichende Versionen verschiedener Texte.“ Trotz aller Unterschiede ist Kalimi davon überzeugt, dass Juden und Christen jeweils auf den anderen Kanon angewiesen sind – als wichtiger Hintergrund für verschiedene Aspekte der eigenen Tradition und Historie.

    Für das jüdische Leben hat die Hebräische Bibel eine ganz entscheidende Rolle gespielt, indem sie nach der Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels 70 n.Chr. ein Vakuum gefüllt hat. In seinem Buch „Fighting Over the Bible“ zeigt Kalimi, wie die Beschäftigung mit der heiligen Schrift zu allen Zeiten und an allen Orten zum Fundament für das jüdische Leben und die jüdische Existenz wurde. Die Schriften, sowohl die biblischen als auch die rabbinischen, und ihre Interpretationen wurden die zentrale einigende Kraft, die einerseits das jüdische Volk zusammenhielt, andererseits aber auch die Spannungen zwischen den jüdischen Sekten und mit den Gesellschaften, unter denen Juden lebten, erhöhten.

    „Fighting Over the Bible“, Isaac Kalimis 25. Buchveröffentlichung, wurde unter anderem im Rahmen eines Round-Table-Gesprächs der Catholic Biblical Association of America an der University of Santa Clara, Kalifornien, USA, diskutiert. Zu den jüngsten Publikationen des international ausgerichteten Wissenschaftlers zählt auch eine Analyse der Chronikbücher in polnischer Sprache. Auf Einladung wird er Ende Mai zu einer Reihe von Vorlesungen an die Universitäten in Krakau, Poznan und Warschau reisen. Zudem sind weitere Buchpublikationen bereits in Vorbereitung.

    Isaac Kalimi ist seit Oktober 2013 Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Fellow des Gutenberg Forschungskollegs (GFK). Er zählt zu den weltweit führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Hebräischen Bibel/des Alten Testaments und der Geschichte Israels. Als Gutenberg-Forschungsprofessor konzentriert er sich auf die Zeit des zweiten Tempels, der nach dem babylonischen Exil in Jerusalem errichtet wurde. Während dieser Periode wurden entscheidende Weichen für die Entstehung einer schriftlichen Tradition gestellt, die den Weg für die Bibel und die Ausbildung des Judentums bereitet hat.

    Video:
    https://www.youtube.com/watch?v=puKvuQyYCCM&list=PL2512133BE1195FCB
    GRC FACES OF EXCELLENCE: Isaac Kalimi – Communicating between Judaism and Christianity

    Neueste Veröffentlichungen:
    Isaac Kalimi, Fighting Over the Bible
    Brill, Leiden, 2017

    Isaac Kalimi, Starożytny Historyk Izraelski
    Nomos Press, Krakau, 2017

    Isaac Kalimi (Herausgeber), Bridging between Sister Religions
    Brill, Leiden, 2016

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Isaac Kalimi
    Evangelisch-Theologische Fakultät
    FB 01: Katholische Theologie und Evangelische Theologie
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-25576
    Fax +49 6131 39-26536
    E-Mail: kalimi@uni-mainz.de
    http://www.gfk.uni-mainz.de/838.php
    http://www.ev.theologie.uni-mainz.de/3827.php

    Weitere Links:
    http://www.brill.com/products/book/fighting-over-bible
    http://www.nomos.pl/products/241/p/708
    http://www.brill.com/products/book/bridging-between-sister-religions


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    History / archaeology, Religion
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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