idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
05/31/2017 17:00

Organoide mit ‚Rückgrat‘ – Die nächste Generation der Gehirnmodelle aus dem Labor

Mag. Ines Méhu-Blantar IMBA Communications
IMBA - Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften GmbH

    Forscher schafften es zum ersten Mal, Gehirn-Organoide im Labor biotechnologisch weiterzuentwickeln. Mit Hilfe spezieller Polymer-Mikrofasern, die eine Art Gerüst für die heranwachsenden Nervenzellen bilden, werden die Gehirnmodelle dem menschlichen Original in Form und Struktur noch ähnlicher. Die neue Methode birgt enormes Potential, um die komplexe Entwicklung des Großhirns, und Fehler, die dabei passieren können, noch besser zu verstehen.

    Vor wenigen Jahren schaffte das Forscherteam rund um Jürgen Knoblich am Wiener IMBA, dem Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, einen wichtigen Meilenstein für die Forschung. Erstmals wurden dreidimensionale Gehirnmodelle aus menschlichen Stammzellen in einem Labor gezüchtet. Damit ebneten die Forscherinnen und Forscher den Weg in eine neue Ära der Modelorganismen. Mit Organoiden kann man die menschliche Organentwicklung präzise studieren, neurologische Krankheiten gezielt erforschen, Medikamente direkt am menschlichen Gewebe testen und somit Tierversuche reduzieren. Seit ihrer Entdeckung konnten nicht nur neue Erkenntnisse über Krankheiten wie Epilepsie, Schizophrenie oder Mikrocephalie gewonnen werden. Das Forschungsteam feilte zudem an neuen Technologien, um die Gehirnentwicklung eines heranwachsenden Embryos noch besser simulieren zu können.

    Ein neuer Meilenstein in der Organoid-Technologie

    Nun konnte ein neuer wichtiger Meilenstein gesetzt werden. Wie das Fachmagazin Nature Biotechnology in der aktuellen Ausgabe berichtet, schafften es die Wissenschaftler, die Gehirn-Organoide biotechnologisch weiterzuentwickeln. „Wir kombinierten die erstaunliche Fähigkeit der Stammzellen, sich selbst in Zellverbänden zu organisieren, mit einer formgebenden Struktur. Dieses Gerüst aus Polymer-Fäden schwimmt im Nährmedium und wird von den Zellen bevölkert“, erklärt Madeline Lancaster, die Erstautorin der Studie. Während sich Organoide zuvor zu kleinen rundlichen Zellhaufen organisierten, wuchsen die biotechnologisch verstärkten Modelle zu länglichen, scheibenförmigen Gebilden heran, die dem embryonalen Gehirn im heranwachsenden Embryo noch stärker ähneln. „Diese sogenannten engineered Cortical Organoids oder enCORs sind in ihrer Entwicklung einheitlicher und lassen sich im Labor sehr gut reproduzieren, obwohl die für Organoide typische Selbst-Organisation erhalten bleibt. Es ist das erste Mal, dass Gehirn-Organoide mit biotechnologischen Methoden kombiniert wurden,“ ergänzt die junge Forscherin, die bereits 2013 zusammen mit Jürgen Knoblich die ersten Gehirnmodelle im Reagenzglas gezüchtet hat und nun am MRC Laboratory of Molecular Biology in Cambridge ihre eigene Forschungsgruppe leitet.
    Das biotechnologische „Upgrade“ erlaubt eine gesteuerte Selbst- Organisation der enCORs. Die Organoide wachsen vorhersehbarer und einheitlicher heran, obwohl die typischen Eigenschaften der verschiedenen Zellverbände erhalten bleiben. Die sogenannte Rindenplatte – aus der sich im Laufe der Entwicklung die Großhirnrinde bildet– entwickelt sich bei den „biotechnologisch aufgerüsteten“ Organoiden noch besser und erlaubt den Forschern noch präzisere Einblicke in die einzelnen Entwicklungsschritte.

    Eine „Neue Generation“ von Organoiden

    „Diese neue Generation von Organoiden zeichnet sich dadurch aus, dass sich längliche, scheibenförmige Strukturen bilden. Die enCORs ähneln dem Gehirn im menschlichen Embryo noch stärker als bisherige Modelle und bieten den Nervenzellen mehr Oberfläche. Dadurch können wir das Verhalten der Zellen noch besser beobachten, etwa wie Nervenzellen in einem Teil des Gehirns gebildet werden, in ein anderes Areal wandern und wie sie schließlich ihren richtigen Platz finden. Wir können auch gezielt erforschen, was dabei schiefgehen kann. Dank der neuen Methode werden wir hoffentlich in Zukunft weitere wichtige Erkenntnisse über Fehlbildungen und Fehlfunktionen des Gehirnes wie Schizophrenie, Epilepsie und Autismus ziehen können“, zeigt sich Jürgen Knoblich optimistisch über die nächste Generation der Gehirn-Organoide.

    Originalpublikation:
    "Guided self-organization and cortical plate formation in human brain organoids." Madeline A. Lancaster, Nina S. Corsini, Simone Wolfinger, E. Hilary Gustafson, Alex Phillips, Thomas R. Burkard, Tomoki Otani, Frederick J. Livesey, Juergen A. Knoblich
    Nature Biotechnology, doi:10.1038/nbt.3906

    Über IMBA
    Das IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie gehört zu den führenden biomedizinischen Forschungsinstituten in Europa. Im Fokus stehen medizinisch relevante Fragestellungen aus den Bereichen Stammzellbiologie, RNA-Biologie, Molekulare Krankheitsmodelle und Genetik. Das Institut befindet sich am Vienna Biocenter, einem dynamischen Konglomerat aus Universitäten, akademischer Forschung und Biotechnologie-Unternehmen. Das IMBA ist ein Tochterunternehmen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der führenden Trägerin außeruniversitärer Forschung in Österreich. www.imba.oeaw.ac.at


    More information:

    http://de.imba.oeaw.ac.at/index.php?id=516


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).