idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
05/31/2017 10:25

Wie Bakterien sich aus der Falle schrauben

Lisa Dittrich Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Interdisziplinäres Team der Universitäten Gießen und Marburg entdeckt ungewöhnliche Bewegungsform von Bakterien in Sedimenten

    Gießen/Marburg, 31. Mai 2017
    Pressemitteilung

    Eine Vielzahl von Bakterien ist mobil und sucht sich gezielt Umgebungen mit besseren Lebensbedingungen. Häufig bewegen sie sich mit Hilfe von langen, korkenzieherförmigen, schnell rotierenden Proteinfilamenten, sogenannten Flagellen. Doch freies Schwimmen ist für viele Bakterien nicht möglich: Sie befinden sich in Sedimenten, im Boden oder müssen sich durch Schleime von Polysacchariden bewegen – zum Beispiel im Darm oder in Biofilmen. Wenn sie dort steckenbleiben, können sie sich mit verblüffenden Bewegungsmustern wieder befreien, wie ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Gießen und Marburg durch Untersuchungen an einem Sedimentbakterium nun zeigt.

    Das Team um den Mikrobiologen Prof. Dr. Kai Thormann, Institut für Mikrobiologie und Molekularbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen, konnte unter dem Mikroskop beobachten, wie sich das Bakterium Shewanella putrefaciens mit Hilfe seiner Flagelle quasi aus der Falle schraubte. Um die Flagelle sichtbar zu machen, hatten die Forscherinnen und Forscher das Flagellenfilament mit stark fluoreszierenden Molekülen gekoppelt. Die marinen Sedimente, in denen Shewanella putrefaciens lebt, simulierten sie durch Polysaccharidstränge. In diesem künstlichen Sediment steckte das Bakterium immer wieder fest und konnte sich nicht mehr durch Schieben oder Ziehen mit der Flagelle befreien. Die Zellen schalteten dann überraschenderweise auf eine andere Bewegungsform um: Sie wickelten die Flagelle um den Zellkörper und die Zelle schraubte sich durch den Kontakt mit der umgebenden Oberfläche rückwärts aus der Falle. Anschließend nahm die Flagelle wieder die ursprüngliche Form an, und das Bakterium bewegte sich wieder im normalen Modus.

    Numerische Simulationen in der Arbeitsgruppe des Marburger Physikers Prof. Dr. Bruno Eckhardt, LOEWE-Zentrum SYNMIKRO und Fachbereich Physik der Philipps-Universität Marburg, konnten diese Bewegung des Flagellums reproduzieren und zur Aufklärung des Mechanismus beitragen. So setzt der Wechsel zu der um die Zelle aufgewickelten Form der Flagelle mit einer mechanischen Instabilität in der Nähe des Zellkörpers ein: Sobald die Kraft des Motors auf die Flagelle zu groß wird, knickt die Flagelle ab, nimmt eine andere molekulare Struktur an und bewegt sich in Richtung der Zelle.

    Diese Bewegungsart erweitert das Spektrum der Motilität von Bakterien um eine weitere, mit der Mechanik des Flagellums zusammenhängende Bewegungsform. Da eine Vielzahl bakterieller Spezies sich durch strukturierte Lebensräume bewegen muss, gehen die Forscherinnen und Forscher davon aus, dass die nun entdeckte bakterielle Bewegungsforum weitverbreitet und gerade in den bislang wenig untersuchten strukturierten Umgebungen von großer Bedeutung ist.

    Publikation:
    Marco J. Kühn, Felix K. Schmidt, Bruno Eckhardt, Kai M. Thormann: Bacteria exploit a polymorphic instability of the flagellar filament to escape from traps. Proc Natl Acad Sci USA, online veröffentlicht am 30. Mai 2017; DOI: 10.1073/pnas.1701644114
    www.pnas.org/content/early/2017/05/24/1701644114

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Kai Thormann
    Institut für Mikrobiologie und Molekularbiologie
    der Justus-Liebig-Universität Gießen
    Telefon: 0641 99-35541/45
    E-Mail: kai.thormann@mikro.bio.uni-giessen.de

    Prof. Dr. Bruno Eckhardt
    LOEWE-Zentrum SYNMIKRO und AG Komplexe Systeme
    Fachbereich Physik der Philipps-Universität Marburg
    Telefon: 06421 28-21316
    E-Mail: bruno.eckhardt@physik.uni-marburg.de

    Medienkontakte:
    Justus-Liebig-Universität Gießen
    Pressestelle
    Ludwigstr. 23
    35390 Gießen
    T: 0641 99-12041
    E: pressestelle@uni-giessen.de
    I: www.uni-giessen.de

    Philipps-Universität Marburg
    Pressestelle
    Biegenstr. 10
    35037 Marburg
    T: 06421 28-26216
    E: pressestelle@uni-marburg.de
    I: www.uni-marburg.de

    Technische Hochschule Mittelhessen
    Pressestelle
    Ostanlage 39
    35390 Gießen
    T: 0641 309-1040
    E: pressestelle@thm.de
    I: www.thm.de

    Forschungscampus Mittelhessen
    Geschäftsstelle
    Senckenbergstraße 3
    35390 Gießen
    T: 0641 99-16481
    E: geschaeftsstelle-fcmh@fcmh.de
    I: www.fcmh.de

    Der Forschungscampus Mittelhessen ist eine hochschulübergreifende Einrichtung nach §47 des Hessischen Hochschulgesetzes der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen zur Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung und Forschungsinfrastruktur.


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Biology, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).