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06/21/2017 09:51

Sonnencremes: Darauf kommt es bei der Darstellung der Wirksamkeit an

Nicole Siller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

    Selbst Hautärzte unterschätzen die Schutzwirkung von Sonnencremes, wenn diese ungünstig dargestellt wird, wie eine Studie unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung zeigt. Verbrauchern kann eine einfache Faustregel helfen.

    Richtiger Sonnenschutz ist angesichts der weltweit wachsenden Zahl der durch UV-Strahlung verursachten Hautkrebs-Fälle wichtig. Sonnencremes schützen vor schädlicher UV-Strahlung und der Lichtschutzfaktor (LSF) einer Creme ist eine zentrale Kennzahl für Verbraucher. Doch über die Wirksamkeit von Sonnencremes kursieren viele Mythen und Falschinformationen – deren Schutzwirkung wird tendenziell eher unterschätzt. Mitunter wird fälschlicherweise behauptet, dass Sonnencremes mit einem Lichtschutzfaktor höher als 30 kaum Verbesserungen im Schutz gegenüber Cremes mit geringerem Lichtschutzfaktor bieten. Selbst Dermatologen haben Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Wirksamkeit von Sonnencremes, wenn diese nicht mit dem gängigen Lichtschutzfaktor, sondern als Prozentzahl der durch die Sonnencreme absorbierten hautrötenden Strahlung angegeben wird. Das hat eine gemeinsame Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung unter anderem mit der Abteilung für Dermatologie am Henry Ford Hospital in Detroit und der Abteilung für Dermatologie am Universitätsspital Zürich herausgefunden, die in der Fachzeitschrift JAMA Dermatology veröffentlicht wurde.

    Insgesamt nahmen 261 Hautärzte aus Deutschland, den USA, der Schweiz und Australien an einem webbasierten Experiment teil, bei dem zehn Paare von Sonnencremes mit den fünf gängigen Lichtschutzfaktoren 10, 15, 20, 30 und 50 miteinander verglichen werden sollten. Informationen zu deren Wirksamkeit wurden den Ärzten auf drei unterschiedliche Arten präsentiert: dem Lichtschutzfaktor selbst, dem Anteil der durch die Sonnencreme absorbierten oder dem Anteil der durch die Sonnencreme durchgelassenen hautrötenden Strahlung in Prozent. Die Hautärzte sollten paarweise beurteilen, um wie viel länger die Schutzdauer der stärkeren im Vergleich zur weniger starken Creme ist.

    Das Ergebnis zeigt, dass die längere Schutzdauer, die Sonnencremes mit höherem Lichtschutzfaktor haben, von der überwiegenden Mehrheit der Dermatologen systematisch unterschätzt wurde, wenn die Wirksamkeit mit der Prozentzahl der durch die Sonnencreme absorbierten hautrötenden Strahlung angegeben wurde. Beispielsweise absorbiert eine Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von 30 bereits 96,7 Prozent der hautrötenden Sonnenstrahlung, während eine Creme mit einem Lichtschutzfaktor von 60 dann 98,3 Prozent absorbiert. Zunahmen im Lichtschutzfaktor wirken somit klein, der Schutz wird eher unterschätzt. „Diese Kennzahl ist irreführend. Wenn es zum Sonnenbrand kommt, dann spielt es keine Rolle, wie viel der Strahlen durch die Sonnencreme absorbiert werden, sondern wie viel die Haut davon aufnimmt“, sagt Erstautor Stefan Herzog vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Er untersucht am Forschungsbereich „Adaptive Rationalität“, wie man menschliche Urteile und Entscheidungen – insbesondere auch ärztliche Entscheidungen – verbessern kann.

    Tatsächlich bedeutet eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors von 30 auf 60, eine Halbierung der durch die Sonnencreme durchgelassenen Strahlung von 3,3 Prozent auf 1,7 Prozent und somit doppelten Schutz (siehe Abbildung). Am verständlichsten scheinen Angaben zu sein, die mit dem Lichtschutzfaktor arbeiten. Hier unterschätzten die Hautärzte die Schutzdauer nur ganz leicht.

    Das Ergebnis der Studie hat auch Implikationen für die Gesundheitskommunikation: „Aus unserer Sicht sollten sich Dermatologen bei der Beurteilung und Kommunikation der Wirksamkeit einer Sonnencreme ausschließlich auf den Lichtschutzfaktor konzentrieren. Andere Kennzahlen, wie durch die Sonnencreme absorbierte oder durchgelassene hautrötenden Strahlung, sind ungeeignet. Vereinzelt findet man solche Angaben beispielsweise in etablierten Medien oder sogar in Fachzeitschriften und in staatlichen Gesundheitsinformationen“, sagt Koautor Christian Surber von der Abteilung für Dermatologie am Universitätsspital Zürich. Als Faustregel für Patienten und Verbraucher könne gelten, Sonnencremes mit mindestens Lichtschutzfaktor 30 und einem „broad spectrum“ Schutz zu verwenden. Solche Cremes schützen sowohl gegen UVA- und UVB-Strahlen, die Hautalterung und Sonnenbrand verursachen. Neben dem Auftragen von Sonnencremes sind auch weitere Maßnahmen, wie beispielsweise ausreichend Schatten zu suchen oder schützende Kleidung zu tragen, ein wichtiger Bestandteil des richtigen Sonnenschutzes.

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    Erläuterung zur Abbildung
    Die Abbildung zeigt den Anteil der hautrötenden Strahlung, welche ungeschützte Haut erreicht (Lichtschutzfaktor oder LSF = 1) bzw. durch Sonnencremes (mit LSF 15, 30 und 60) durchgelassen werden und auf die Haut auftreffen. Der LSF einer Creme ist definiert als das Verhältnis der hautrötenden Sonnenstrahlendosis, welche die erste wahrnehmbare Hautrötung auf geschützter Haut hervorruft, im Vergleich zur hautrötenden Sonnenstrahlendosis, welche die gleiche Hautrötung auf ungeschützter Haut auslöst. Die Prozentzahl der durchgelassenen hautrötenden Strahlung hängt direkt mit dem LSF zusammen (% = 1/LSF): Wenn der LSF sich verdoppelt, halbiert sich die Strahlendosis (Anzahl Photonen), welche in die Haut eindringt und schädigt.

    Originalstudie
    Herzog, S. M., Lim, H. W., Williams, M. S., De Maddalena, I. D., Osterwalder, U., & Surber, C. (2017). Sun protection factor communication of sunscreen effectiveness: A web-based study of perception of effectiveness by dermatologists. JAMA Dermatology, 153, 348-350.
    doi:10.1001/jamadermatol. 2016.4924


    More information:


    http://www.mpib-berlin.mpg.de/de/presse/2017/06/sonnencremes-darauf-kommt-es-bei...


    Images

    Wirksamkeit von Sonnencremes
    Wirksamkeit von Sonnencremes
    MPI für Bildungsforschung
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology
    transregional, national
    Research results
    German


     

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