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Ob Mann oder Frau – für beide Geschlechter wird es immer schwieriger, ausreichend Ansprüche oberhalb der Grundsicherung im Alter aufzubauen. Um zukünftiger Altersarmut vorzubeugen, muss sich die Rentenversicherung radikal ändern. „Hier wird ein ganzes Paket von Reformen nötig“, fordert Prof. Dr. Ute Klammer, Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Die nach wie vor große Rentenlücke zwischen Frauen und Männern in Deutschland hat Ursachen: Unterschiedliche Lebensläufe und die Bewertung durch das Rentensystem verschärfen die Lage im Alter. Erwerbsunterbrechungen und Minijobs beeinträchtigen den Aufbau von Rentenansprüchen, aber auch Arbeiten in Teilzeit, zu niedrige (Frauen-)Löhne und der Verzicht auf Karriere führen zu einem niedrigen Renteneinkommen – und damit zu keiner existenzsichernden eigenständigen Alterssicherung.
Doch es zeichnet sich auch eine positive Entwicklung ab: Mehr Frauen sind heutzutage gut qualifiziert und langfristig erwerbstätig. „Es ist aber immer noch so, dass der Niedriglohn- und Zuverdienstsektor, in dem überwiegend Frauen arbeiten, arbeits-, sozial- und steuerrechtlich begünstigt wird. Damit verschieben sich individuelle und gesellschaftliche Probleme nur in die Zukunft“, kritisiert Klammer.
Die IAQ-Chefin empfiehlt deshalb – auch als Arbeitsaufgabe für die nächste Legislaturperiode – den Aufbau von existenzsichernden Ansprüchen für alle durch die Einführung einer durchgängigen Versicherungspflicht: Jede bezahlte Arbeitsstunde sollte sozialversicherungspflichtig sein. Sorgearbeit muss richtig honoriert werden: Die Pflege von Angehörigen wird immer noch wesentlich geringer als Kindererziehung für die Rente angerechnet. Pflegezeiten müssen auch für Nichterwerbstätige und Pflegende, die selbst bereits in Rente sind, auf die Rentenansprüche angerechnet werden.
Ein Anwartschaftssplitting bei Ehepaaren soll dazu beitragen, die Ansprüche von der abgeleiteten Rente, die sich aus den Versicherungszeiten des Partners ergibt, zur eigenständigen Sicherung zu verlagern. Denn die Rentenversicherung honoriert nicht etwa die unbezahlte Arbeit von Frauen, sondern verweist Witwen über den Tod des Mannes hinaus auf dessen Erwerbsbiografie. Einen nachsorgenden sozialen Ausgleich hält Klammer für gerechtfertigt und sinnvoll, wenn trotz breiter Versicherungspflicht für alle jemand keine auskömmliche Rente erreichen kann. Vorgebeugt werden soll dem Problem des „moral hazard“ – Personen sorgen nicht vor, da sie bei Bedürftigkeit Anrecht auf Grundsicherung im Alter haben.
Begünstigungen für besonders langjährig Versicherte, wie die „Rente mit 63“ oder eine „Lebensleistungsrente“, müssen aus gleichstellungspolitischer Perspektive kritisch betrachtet werden. „Denn Frauen stellen sich damit erheblich schlechter als Männer. Sie erfüllen meistens wegen ihres Erwerbsverlaufs gar nicht die Zugangsvoraussetzungen, müssen die Leistung aber ungeachtet niedriger eigener Ansprüche über erhöhte Beitragszahlungen mitfinanzieren“, so Klammer.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Ute Klammer, IAQ, Tel. 0203 379-1827, ute.klammer@uni-due.de
Redaktion: Claudia Braczko, Tel. 0157/71283308, claudia.braczko@uni-due.de
Criteria of this press release:
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Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
transregional, national
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