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Viele unnötige Mammografien und damit viele falsch positive Befunde ließen sich vermeiden, wenn Frauen mit geringem Brustkrebsrisiko in größeren Abständen zur Mammographie eingeladen würden, Frauen mit hohem Risiko dagegen die Untersuchung engmaschig in Anspruch nehmen könnten. Doch wie lässt sich das individuelle Brustkrebsrisiko einer Frau möglichst exakt ermitteln? Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum wollen die zur Risikobewertung verwendeten Rechenmodelle verbessern. Dabei helfen Blutproben, die bei der EPIC-Studie gesammelt wurden.
Fachleute gehen derzeit davon aus, dass von 1.000 Frauen, die zehn Jahre lang regelmäßig zur Mammographie gehen, etwa eine oder zwei vor dem Tod durch Brustkrebs bewahrt werden, weil ihr Tumor in einem noch heilbaren Stadium entdeckt worden ist. Diesem potenziellen Nutzen stellen die Kritiker der Mammographie mögliche Nachteile gegenüber: Die Strahlenbelastung, die unnötige Beunruhigung bei falsch positivem Befund und Überdiagnosen, d.h. die Entdeckung langsam wachsender Tumoren, die zu Lebzeiten keine Probleme bereitet hätten.
„Verbessern ließe sich die Situation durch eine personalisierte Früherkennung, die an das individuelle Brustkrebsrisiko angepasst ist“, sagt Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und erklärt: „Auf der einen Seite steht der Nutzen der Mammographie, nämlich eine gesenkte Brustkrebssterblichkeit. Dem gegenüber stehen die Risiken wie Überdiagnose, falsch positive Befunde und letztendlich auch die Kosten. Unser Ziel ist, diese Balance in Richtung Nutzen zu verschieben.“
Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko, also mit einer höheren Wahrscheinlichkeit, tatsächlich von einem Tumor betroffen zu sein, haben natürlich den größten Nutzen von der Untersuchung. „Diesen Frauen könnten engmaschige Mammographien angeboten werden, möglicherweise sollten sie mit dem Screening auch schon im Alter von 45 Jahren beginnen. Bei Frauen mit niedrigerem Risiko dagegen würden längere Intervalle zwischen den Mammographien ausreichen.“
Doch wie lässt sich das individuelle Brustkrebsrisiko einer Frau bestimmen? Für diese Vorhersage haben Wissenschaftler mathematische Modelle entwickelt. Die Modelle basieren in erster Linie auf Daten aus der Reproduktionsgeschichte: In welchem Alter fand die erste Regelblutung statt? Wann wurde das erste Kind geboren, wie viele Kinder waren es insgesamt? Wann sind die Wechseljahre eingetreten? Wurde hormonell verhütet oder eine Hormonersatztherapie eingenommen? Auch der Body Mass Index wird in die gängigen Modelle zur Risikobewertung einberechnet, ebenso die Anzahl der Krebsfälle bei direkten Angehörigen.
Annika Hüsing aus der Abteilung von Rudolf Kaaks konnte kürzlich zeigen, dass die Modelle noch genauer werden, wenn der Hormonspiegel einberechnet wird. Dies gilt zumindest für Frauen nach den Wechseljahren. Für diese Arbeit nutzte die Wissenschaftlerin Blutproben von Teilnehmerinnen der EPIC-Studie – der großen europäischen Untersuchung zu Ernährung, Lebensstil und Krebs. Die in diesen Proben ermittelten Konzentrationen der Geschlechtshormone Östradiol und Testosteron flossen in das Modell mit ein und verbesserten die Vorhersagekraft erheblich. Mit dieser Arbeit konnten die DKFZ-Epidemiologen erstmals die Ergebnisse einer Studie aus Harvard bestätigen.
Die Vorhersage-Modelle sind nicht konzipiert für Frauen, bei denen eine Mutation der berühmten „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2 bekannt ist und die dadurch ein außerordentlich hohes Risiko haben, an Brustkrebs zu erkranken. Neben den BRCA-Mutationen gibt es aber im Erbgut jedes Menschen eine Vielzahl kleinster Genvarianten, die jede für sich nur einen minimalen Einfluss hat. Zusammengenommen können sie das Brustkrebsrisiko jedoch spürbar steigern. Wie groß dieser Einfluss ist, ermitteln Wissenschaftler derzeit in großen internationalen Forschungskonsortien, an denen auch die DKFZ-Epidemiologen um Kaaks beteiligt sind. Diese genetischen Risikoprofile sollen als weitere biologische Marker in die Modelle mit einberechnet werden.
Wichtig ist außerdem, die Berechnungen an die jeweilige Bevölkerung anzupassen. Anne Hüsing ist dabei, die gebräuchlichen mathematischen Modelle, die auf Daten aus den USA beruhen, an deutsche Verhältnisse zu adaptieren: „Bei uns sind die Frauen älter, wenn sie ihr erstes Kind zur Welt bringen, und sie haben auch insgesamt weniger Kinder als Frauen in den USA. Außerdem wird die Verschreibung von Hormontherapien anders gehandhabt.“
„Die Herausforderung ist nun, alle diese Berechnungen zusammenzuführen“, sagt der DKFZ-Epidemiologe Rudolf Kaaks und ergänzt: „Screening-Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung betreffen Millionen von Menschen. Daher müssen wir beständig überprüfen, ob und wie sie sich weiter verbessern lassen.“
Mehr Information über das Mammographie-Screening vom Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums:
https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/frueherkennung/mammographie-fr...
Hüsing A, Fortner RT, Kühn T, Overvad K, Tjønneland A, Olsen A, Boutron-Ruault MC, Severi G, Fournier A, Boeing H, Trichopoulou A, Benetou V, Orfanos P, Masala G, Pala V, Tumino R, Fasanelli F, Panico S, Bueno de Mesquita HB, Peeters PH, van Gills CH, Quirós JR, Agudo A, Sánchez MJ, Chirlaque MD, Barricarte A, Amiano P, Khaw KT, Travis RC, Dossus L, Li K, Ferrari P, Merritt MA, Tzoulaki I, Riboli E, Kaaks R. Added Value of Serum Hormone Measurements in Risk Prediction Models for Breast Cancer for Women Not Using Exogenous Hormones: Results from the EPIC Cohort. Clin Cancer Res. 2017 DOI:10.1158/1078-0432.CCR-16-3011
Paige Maas, Myrto Barrdahl et al: Breast Cancer Risk From Modifiable and Nonmodifiable Risk Factors Among White Women in the United States. JAMA Oncology 2016, DOI 10.1001/jamaoncol.2016.1025
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Medicine
transregional, national
Research results
German
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