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10/07/1998 00:00

Pharmazeuten messen die Kräfte in Pulvern

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Wenn ein pharmazeutischer Technologe aus einer Mischung verschiedener Pulver brauchbare Tabletten herstellen will, dann muß er dafür sorgen, daß diese Mischung gleichmäßig fließt. Die dazu nötigen Kenntnisse werden bei einem Forschungsprojekt an der Universität Würzburg erarbeitet.

    Schüttet ein Koch Zucker auf die Küchenwaage, dann rieseln die süßen Körnchen gleichmäßig aus der Packung heraus. Das ändert sich, wenn der Zucker zu Puderzucker zerkleinert wird: Die einzelnen Partikel haften stark aneinander und der Puderzucker fällt in unterschiedlich großen Brocken aus dem Paket - die gute Fließfähigkeit ist verloren. Da sich die chemische Natur des Zuckers durch das Mahlen nicht geändert hat, muß das Fließverhalten mit der Größe und Form der Partikel sowie mit den Kräften zu tun haben, die zwischen den Partikeln wirken.

    Die Kenntnis dieser Kräfte ist zum Beispiel dann wichtig, wenn bei der Produktion von Arznei- oder Lebensmitteln verschiedene Pulver derart miteinander gemischt werden sollen, daß die Mischung "frei fließt", also gleichmäßig und ungehindert rieselt. Dieses freie Fließen ist dem Würzburger pharmazeutischen Technologen Prof. Dr. Ingfried Zimmermann zufolge eine Voraussetzung dafür, daß sowohl bei der Herstellung von Tabletten als auch beim Abfüllen von Pulvern in Tüten oder andere Verpackungen eine exakte Dosierung gewährleistet ist.

    Prof. Zimmermann und seine Mitarbeiter entwickeln im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes Verfahren, die es gestatten, die zwischen einzelnen Pulverteilchen wirkenden Kräfte direkt oder indirekt zu messen. Mit Hilfe eines Atom-Kraftfeld-Mikroskopes haben die Würzburger Wissenschaftler die Kräfte bestimmt, die zwischen Milchzuckerteilchen herrschen. Milchzucker ist der häufigste Füllstoff in Tabletten. Da sich mit der verwendeten Meßtechnik auch die Oberflächen der Partikel abbilden lassen, kann zudem der Einfluß von Oberflächenstrukturen, zum Beispiel Rauhigkeiten, auf die gemessenen Kräfte ermittelt werden.

    "Insbesondere bei Mischungen von Pulvern zeigt sich, daß das Fließverhalten stark durch die Struktur der Teilchen und auch durch deren relative Größe bestimmt wird", sagt Prof. Zimmermann. Beispiel: Wird Dikalziumphosphat mit Maisstärke gemischt, so hat diese in niedrigen Konzentrationen keinen Einfluß auf das Fließverhalten der Mischung. Das liegt daran, daß sich die relativ kleinen Stärkekörner in Vertiefungen der großen Kalziumphosphatpartikel einlagern und daher die Wechselwirkungen zwischen diesen nicht beeinflussen. Erst bei höheren Konzentrationen wirkt sich die Maisstärke aus, und zwar dann, wenn sie alle Vertiefungen in den größeren Teilchen ausgefüllt hat. Ähnliches haben die Mitarbeiter von Prof. Zimmermann auch bei anderen Pulvermischungen beobachtet.

    Weil mit dem Kraftfeld-Mikroskop aber nur Wechselwirkungen zwischen zwei Einzelteilchen untersucht werden, sind diese Ergebnisse nicht unmittelbar auf größere Mengen Schüttgut übertragbar. Also verwenden die Würzburger Pharmazeuten noch ein anderes Verfahren: Sie haben einen Auslauftrichter entwickelt, der mit einem Rührer mit variabler Drehzahl versehen ist. Damit läßt sich die Auslaufgeschwindigkeit des Pulvers sowie die zum Antrieb des Rührers erforderliche Kraft messen. Je mehr Kraft nötig ist, um das Pulver zum Fließen zu bringen, desto stärker sind die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen.

    Zudem bilden sich in dem Trichter bei einem schlecht fließenden Pulver infolge der zwischen den Teilchen wirkenden Kräfte "Brücken" aus, die so stark sind, daß sie unter dem Gewicht des darüberliegenden Materials nur unregelmäßig einbrechen. Mit Hilfe des neu entwickelten Gerätes können sowohl die zum Zerstören der Brücken erforderlichen Kräfte als auch die Geschwindigkeit gemessen werden, mit der sich diese Brücken wieder aufbauen.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Ingfried Zimmermann, T (0931) 888-5471, Fax (0931) 888-4608, E-Mail:
    zimmerm@pharmazie.uni-wuerzburg.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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