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Wissenschaft
Der Prozess der Photosynthese ist die Basis des Wachstums aller Pflanzen. Wissenschaftler wollen die Photosynthese ankurbeln, um der weltweit steigenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln zu begegnen. Dazu soll das Schlüsselenzym Rubisco gentechnisch verändert werden. Nun ist es Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biochemie gelungen, funktionelles Rubisco aus Pflanzen in einem Bakterium herzustellen. Dies ermöglicht eine gentechnische Veränderung des Enzyms. Die Studie könnte eines Tages zu höheren Ernteerträgen und Pflanzensorten mit verbesserter Wassernutzungseffizienz oder erhöhter Temperaturbeständigkeit führen. Die Ergebnisse wurden in Science veröffentlicht.
Die Weltbevölkerung wird Prognosen zufolge im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen überschreiten. Damit steigt auch der Bedarf an Nahrung. Um die weltweite Nachfrage nach Nahrungsmitteln zu decken, wollen die Wissenschaftler die Effizienz der Photosynthese und damit das Wachstum von Nutzpflanzen steigern.
Photosynthese ankurbeln
Die Photosynthese ist der grundlegende biologische Prozess, der alles Leben auf der Erde ermöglicht. Pflanzen nutzen die Energie des Sonnenlichts, um Kohlendioxid (CO2) und Wasser in Zucker und Sauerstoff (O2) umzuwandeln. Das Schlüsselenzym in diesem Prozess ist Rubisco. Rubisco katalysiert den ersten Schritt der Kohlenhydratproduktion in Pflanzen, die Fixierung von CO2 aus der Atmosphäre. Dabei nutzen die Pflanzen CO2, um Biomasse aufzubauen und die benötigte Energie für das Wachstum zu erzeugen. Rubisco ist jedoch ein ineffizientes Enzym, das langsam arbeitet. Zudem beeinträchtigen konkurrierende Reaktionen mit O2 die katalytische Effizienz von Rubisco. Aus diesen Gründen begrenzt Rubisco häufig die Photosyntheserate und letztendlich das Pflanzenwachstum. Das macht Rubisco zu einem heißen Ziel für die Gentechnologie.
Damit pflanzliches Rubisco und folglich die Photosynthese gentechnisch verbessert werden können, muss das funktionsfähige Enzym in einem alternativen Wirt, zum Beispiel einem Bakterium, produziert werden. Bisher gelang es den Wissenschaftlern jedoch nicht, eine enzymatisch aktive Form von Pflanzen-Rubisco in einem bakteriellen Wirt herzustellen. Ein Team um Manajit Hayer-Hartl, Leiterin der Forschungsgruppe "Chaperonin-vermittelte Proteinfaltung", hat nun die Voraussetzungen für die erfolgreiche Herstellung von Pflanzen-Rubisco in einem Bakterium identifiziert. Ihre Ergebnisse sollen die Bestrebungen zur Verbesserung der Photosynthese erheblich beschleunigen.
Fließbandarbeit
Das Rubisco-Enzym besteht aus acht großen und acht kleinen Untereinheiten. Die Proteinfaltung der großen Untereinheiten wird durch spezifische Chaperonine, makromolekulare Faltungskäfige, unterstützt. In ihnen können die neu synthetisierten Proteine ihre korrekte funktionelle Struktur einnehmen. Nach der Faltung unterstützen mehrere zusätzliche Helferproteine (Chaperone) die Untereinheiten dabei sich zu einem großen Enzymkomplex zusammenzulagern.
Die Forscher erzeugten funktionelles Pflanzen-Rubisco in einem bakteriellen Wirt, indem sie gleichzeitig Pflanzen-Chaperone und Rubisco in den Zellen herstellten. Dies ermöglicht den Wissenschaftlern zum einen den komplexen Zusammenbau von Rubisco nachzuvollziehen. Zum anderen können sie das Rubisco-Gen, die Bauanleitung, modifizieren, um die Eigenschaften des Enzyms zu verbessern. Sobald sie eine gewünschte Rubisco-Variante erhalten, können sie das modifizierte Gen wieder in die Pflanzenzellen einbringen. Das ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Photosynthese. "Das bakterielle Expressionssystem ähnelt einem Fließband für Autos. Früher musste jede optimierte Rubisco-Variante in einer transgenen Pflanze mühsam erzeugt werden, was ein Jahr oder länger dauert. Das kann man in etwa damit vergleichen ein Auto per Hand zu bauen. Jetzt können wir Hunderte oder Tausende solcher Rubisco-Varianten in Tagen oder Wochen herstellen. Es ist, als würde man Autos am automatisierten Fließband bauen", erklärt Hayer-Hartl.
Verbesserte Rubisco-Varianten
Die Gentechnik erleichtert es Rubisco-Varianten mit verbesserten Eigenschaften zu erzeugen. So könnten sich in Zukunft nicht nur die Ernteerträge erhöhen, sondern auch Pflanzensorten mit verbesserter Wassernutzungseffizienz oder erhöhter Temperaturbeständigkeit herstellen lassen - Eigenschaften, die angesichts der globalen Erwärmung und zunehmender Wasserknappheit von besonderer Bedeutung sind.
Originalpublikation
Aigner H*, Wilson RH*, Bracher A, Calisse L, Bhat JY, Hartl FU, Hayer-Hartl M. Plant Rubisco assembly in E. coli with five chloroplast chaperones including BSD2. Science, Dezember 2017. *These authors contributed equally to this work.
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Über Manajit Hayer-Hartl
Manajit Hayer-Hartl erwarb ihren Bachelor of Science an der University of Stirling, Schottland, UK, wo sie anschließend promovierte. Ihr Interesse an der Struktur- und Zellbiologie motivierte sie zu mehreren Postdoc-Aufenthalten an renommierten Forschungseinrichtungen wie dem Louis- Pasteur-Institut in Straßburg, Frankreich, und dem Sloan-Kettering-Institut in New York, USA. Hayer- Hartl kam 1997 als Gruppenleiterin in der Abteilung "Zelluläre Biochemie" an das Max-Planck- Institut für Biochemie. Seit 2006 leitet sie die Forschungsgruppe „Chaperonin-vermittelte Proteinfaltung". Ihre Forschung konzentriert sich auf Chaperone und wie diese molekularen Maschinen Proteine bei der richtigen Faltung unterstützen. Hayer-Hartl wurde 2016 EMBO-Mitglied und erhielt 2017 den Dorothy-Crowfoot-Hodgkin Preis.
Über das Max-Planck-Institut für Biochemie
Das Max-Planck-Institut für Biochemie (MPIB) in Martinsried bei München zählt zu den führenden internationalen Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der Biochemie, Zell- und Strukturbiologie sowie der biomedizinischen Forschung und ist mit rund 35 wissenschaftlichen Abteilungen und Forschungsgruppen und ungefähr 800 Mitarbeitern eines der größten Institute der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. Das MPIB befindet sich auf dem Life-Science-Campus Martinsried in direkter Nachbarschaft zu dem Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Instituten der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie (IZB). http://biochem.mpg.de
Kontakt:
Dr. Manajit Hayer-Hartl
Chaperon-vermittelte Proteinfaltung
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-Mail: mhartl@biochem.mpg.de
http://www.biochem.mpg.de/hayer-hartl
Dr. Christiane Menzfeld
Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
Tel. +49 89 8578-2824
E-Mail: pr@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de
http://www.biochem.mpg.de - Webseite des Max-Planck-Institutes für Biochemie
http://www.biochem.mpg.de/en/rg/hayer-hartl - Webseite der Forschungsgruppe von Manajit Hayer-Hartl
Fließbandarbeit: Das Chaperonin-System hilft dabei, die Rubisco-Untereinheiten korrekt zu falten und ...
Metz © Max Planck Institute of Biochemistry
None
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
Biology, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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