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Wissenschaft
Bund finanziert nach dem Klimagipfel von Kyoto neues Forschungsprojekt:
Göttinger Wissenschaftler kartieren weltweit potentielle CO2-Speicher gegen den Treibhauseffekt
(pug) Ende vergangenen Jahres haben sich die Industriestaaten verpflichtet, die Produktion von klimawirksamen Spurengasen zu reduzieren. Nach dem Protokoll der Klimakonferenz von Kyoto ist dabei vorgesehen, auch biologische Quellen und Senken anzurechnen. Wird zum Beispiel Wald gerodet und dadurch zusätzliches Kohlendioxid freigesetzt, so muß der industrielle Ausstoß klimawirksamer Spurengase entsprechend stärker eingeschränkt werden. Durch Aufforstungen hingegen lassen sich die Reduktionsverpflichtungen mindern. Grundsätzlich ist eine solche Anrechnung auch dann möglich, wenn nicht im eigenen Land aufgeforstet wird, sondern in einem anderen Industriestaat (joint implementation). Eine Ausweitung dieser Regelung auf die Entwicklungsländer (clean development mechanism) ist derzeit in der Diskussion. Ein wesentliches Problem sind zweifellos die fehlenden Informationen über potentielle Aufforstungsflächen. Wo könnten neue Wälder wachsen, und wieviel überschüssiges Kohlendioxid könnten sie in organi-sche Substanz einbauen? Welches Speicherungspotential steckt in den Böden? Diese Wissenslücken zu verringern, haben sich Professor Dr. Friedrich Beese und Diplom-Geograph Gerald Busch vom Institut für Bodenkunde und Waldernährung der Universität Göttingen zum Ziel gesetzt. Das Projekt "Abschätzung des globalen Speicherpotentials für CO2-C in Böden und Beständen durch Aufforstungsmaßnahmen" hat kürzlich begonnen und ist auf zwei Jahre angelegt. Gefördert wird es als Teilprojekt des Forschungszentrums Waldökosysteme durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie.
Kohlendioxid und andere sogenannte Treibhausgase versperren einem Teil der eingestrahlten Sonnenenergie den Rückweg ins All. Mit den Glasscheiben eines Treibhauses vergleichbar, sorgen sie dafür, daß es auf der Erde nicht allzu kühl wird. Wenn mehr klimawirksame Spurengase in die Atmosphäre gelangen, kann das nicht ohne Folgen bleiben: Die Klimaforscher prognostizieren eine globale Veränderung des Klimas, die jede natürliche Klimaschwankung seit dem Ende der letzten Eiszeit bei weitem übertrifft. Von den zahlreichen Treibhausgasen, die der Mensch seit der Industrialisierung in der Atmosphäre anreichert, ist Kohlendioxid das wichtigste. Etwa die Hälfte des von Menschen verursachten Treibhauseffekts beruht auf der stetig steigenden Kohlendioxid-Konzentration. Seit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts hat sie um 30 Prozent zugenommen, seit 1960 bereits um 16 Prozent. Nach Einschätzung der Fachleute stammte in den achtziger Jahren etwa ein Viertel der anthropogenen Kohlendioxid-Emissionen aus Landnutzungsänderungen, vor allem aus der Entwaldung großer Landflächen. Waldgebiete können in Form von Holz, Wurzeln und Humus weitaus mehr Kohlenstoff speichern als Acker- oder Weideland. Wenn sie in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt werden, geht nicht nur das Holz der Baumstämme als Speicher für Kohlenstoff verloren. Auch der Kohlenstoffgehalt der Böden vermindert sich um bis zu vierzig Prozent.
Wird eine Brachfläche wieder aufgeforstet, so kann der heranwachsende Wald und der Boden über viele Jahrzehnte oder gar über Jahrhunderte Kohlenstoff aufnehmen und in organischer Substanz festlegen. Allerdings sind unter dem Aspekt des Klimaschutzes durchaus nicht alle Aufforstungs-maßnahmen gleich wertvoll. Wie gut ein junger Wald gedeiht und wieviel Kohlendioxid er speichern kann, ist vom jeweiligen Standort abhängig, vom Klima ebenso wie von der Qualität des Bodens.
Die Göttinger Wissenschaftler haben nun mit einer entsprechenden Bestandsaufnahme begonnen. Dabei geht es um Flächen, die nicht mehr für die landwirtschaftlichen Produktion benötigt werden oder die nicht mehr dafür geeignet sind. Wenn die Landwirte aufgeben, weil die Böden zu sehr herun-tergewirtschaftet sind, gilt es abzuschätzen, wieviel Wald dort noch wachsen kann. Neben ökologischen müssen dabei auch ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Nicht zuletzt ist zu bedenken, daß sich die zur Aufforstung bereitstehenden Flächen ständig verändern, etwa durch einen weiteren Verlust von Nährstoffen oder durch bereits einsetzende Klimaveränderungen.
Der Projektleiter, Prof. Friedrich Beese, ist seit fünf Jahren Mitglied des "Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU)" und deshalb wohlvertraut mit einschlägigen Untersuchungen. Bei ihrer Arbeit können die Göttinger Wissenschaftler auf eine Vielzahl eigener Forschungsergebnisse zurückgreifen. Vor allem aber nutzen sie die umfangreichen Datenbanken der FAO, der Weltbank und anderer internationaler Institutionen, um alle verfügbaren Informationen über Böden, Klima, Pflanzenwelt und andere relevante Faktoren zu sammeln. Diese Datensätze müssen dann gegebenenfalls noch ergänzt und bewertet werden, ehe mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems (GIS) eine Karte potentieller Kohlendioxidspeicher erstellt werden kann. Eine solche Karte ließe sich dann bei künftigen Aufforstungsmaßnahmen, die dem Klimaschutz dienen sollen, als Grundlage und Entscheidungshilfe für die Planung und Durchführung einsetzen.
Weitere Informationen bei: Forschungszentrum Waldökosysteme der Universität Göttingen
Frau Dr. Diemut Klärner, Büsgenweg 1, 37077 Göttingen
Tel. 0551/3935-09, -12, Fax 0551/399762
Criteria of this press release:
Biology, Environment / ecology, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research projects
German
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