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Wissenschaft
Eltern, die ihre Kinder bei der Nutzung neuer Medien einschränken, handeln langfristig gesehen möglicherweise kontraproduktiv – besonders, wenn sie die Hausaufgaben als Argument ins Feld führen. Die schulischen Leistungen ihrer Schützlinge liegen im Teenageralter unter denjenigen von gleichaltrigen Kollegen, wie eine Studie der Universität Zürich zeigt.
Modernen Technologien wie Computer, Handy, TV oder Spielkonsole werden vielfältige Auswirkungen attestiert: positive ebenso wie negative. So wird etwa befürchtet, dass ihre ständige Verfügbarkeit die Kommunikationsfähigkeit und die Gedächtnisleistung beeinträchtige – speziell jene von Teenagern. Eltern wird vor diesem Hintergrund gerne empfohlen, Grenzen zu setzen und klar zu regeln, wie lange Kinder bestimmte Technologien nutzen dürfen.
College-Studierende blicken zurück
Wie sich solche Regeln zur generellen Nutzung moderner Technologien auf spätere schulische Leistungen auswirken und welche Rolle dabei die Begründungen spielen, die Eltern für ihre Massnahmen liefern, haben die Kommunikationswissenschaftlerin Eszter Hargittai von der Universität Zürich und ihr Kollege Drew Cingel in einer Studie untersucht. Dazu befragten sie über 1100 Erstjahres-Absolventinnen und -Absolventen eines US-Colleges, dessen Studentenschaft für ihre grosse soziodemografische Vielfalt bekannt ist. Erfasst wurden die Erinnerungen und rückwirkenden Einschätzungen der Studierenden zu den Regelungen, mit denen sie in der Kindheit konfrontiert waren, sowie ihre soziodemografischen Charakteristika und die aktuellen schulischen Leistungen.
Gutgemeinte Gründe mit negativen Konsequenzen
Hagittai und Cingel konnten zeigen, dass Studierende, deren Eltern in früheren Jahren klare Regeln für die Nutzung neuer Medien aufstellten und dafür auch Gründe lieferten, im College nicht besser abschneiden als ihre Mitstudierenden. Im Gegenteil: Begründeten die Eltern die von ihnen aufgestellten Regeln ganz konkret damit, dass sonst Zeit für die Hausaufgaben fehle, fielen die Leistungen der Kinder am College sogar schlechter aus. Für Eszter Hargittai ein interessanter Befund: «Eltern stellen diese Regeln im Normalfall auf, um ihre Kinder zu fördern und sicherzustellen, dass sie genügend Zeit in die Schule investieren. Doch der Schuss könnte offenbar auch nach hinten losgehen: Die gutgemeinte Massnahme zieht möglicherweise unbeabsichtigte negative Konsequenzen nach sich.» Nun liesse sich argumentieren, dass Eltern von Kindern mit Schulproblemen eher Regeln zugunsten der Hausaufgaben aufstellen. Doch die schulischen Fähigkeiten wurden in der statistischen Analyse ebenfalls berücksichtigt. Der negative Einfluss von Technologieregeln auf die späteren Schulnoten zeigte sich unabhängig davon.
Gesundheit als erfolgsversprechendes Argument
Anders sieht es aus, wenn Eltern gesundheitliche Gründe für ihre Einschränkungen anführten, zum Beispiel Bewegungsmangel, überanstrengte Augen oder eine schlechte Haltung vor dem Computer. Ihre Kinder zeigten später im College vergleichsweise bessere schulische Leistungen. Eszter Hargittai vermutet, dass Eltern, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder sorgen, nicht nur deren Medienkonsum regeln, sondern zugleich andere Aktivitäten fördern, von denen die Kinder langfristig profitieren.
Sicherheitsrisiko für Mädchen, Zeitverschwendung für Knaben
Zudem konnten die Forschenden darlegen, dass soziodemografische Faktoren wie Geschlecht, Ethnizität oder das Bildungsniveau der Eltern eine Rolle spielen, wenn es um darum geht, Einschränkungen bei der Nutzung neuer Medien konkret zu begründen. So argumentierten Eltern Mädchen gegenüber eher mit Sicherheits- oder Datenschutzbedenken, während sie Knaben gegenüber eher gesundheitliche Gründe oder das Argument der Zeitverschwendung nannten. «Wir konnten zeigen, dass der soziodemografische und familiäre Kontext einen Einfluss darauf hat, wie Regeln begründet werden und dass diese Begründungen wiederum einen Einfluss auf den späteren schulischen Erfolg haben können», fasst Eszter Hargittai die Erkenntnisse zusammen. Deshalb sei es wichtig, dass Eltern den Einsatz moderner Technologien proaktiv mit ihren Kindern diskutieren und dabei auch die Besonderheiten verschiedener Anwendungen berücksichtigen. «Bestimmte Spiele können zum Beispiel hilfreich sein, um das strategische Denken und analytische Fähigkeiten zu entwickeln.» Laut Hargittai ergibt auch das gemeinsame Nutzen von Technologien Sinn: «So können Eltern ihren Schützlingen, die Vor- und Nachteile direkt und ganz praktisch erläutern.»
Literatur:
Drew P. Cingel and Eszter Hargittai. The relationship between childhood rules about technology use and later-life academic achievement among young adults. The Communication Review. May 15, 2018. DOI: 10.1080/10714421.2018.1468182
Kontakt:
Prof. Dr. Eszter Hargittai
Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 20 24
E-Mail: e.hargittai@ikmz.uzh.ch
http://www.media.uzh.ch/de/medienmitteilungen/2018/Medienkonsum.html
Criteria of this press release:
Journalists
Media and communication sciences, Psychology, Social studies, Teaching / education
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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