idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/25/2018 08:00

Studie zu Bauprojekten: Transparente Kommunikation schafft Akzeptanz und Vertrauen

Florian Klebs Hochschulkommunikation
Universität Hohenheim

    Studie der Universität Hohenheim über Kommunikation aus Sicht der Projektleitungen zeigt: Eine frühzeitige Kommunikation kann Konflikte verhi

    Auf die richtigen Instrumente kommt es an: Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart und das österreichische Beratungsunternehmen wikopreventk haben 97 deutsche und österreichische Großprojekte mit einem Investitionsvolumen von 85 Milliarden Euro unter die Lupe genommen. Ihr Ergebnis: Der Nutzen einer transparenten, frühzeitigen und dialogorientierten Kommunikation übersteigt die Kosten – und lohnt sich vor allem, um Konflikte zu vermeiden. Die Studie im Detail unter https://bit.ly/2EBUX6v

    Bau- und Infrastrukturprojekte stoßen immer wieder auf Proteste von Teilen der Gesellschaft. Stets artikulieren lokale Bürgerinitiativen ihren Unmut, Umwelt- und Naturschutzverbände springen ihnen bei. Und auch von Parteien werden die Konflikte oft aufgegriffen, teilweise für die eigene Wahlwerbung genutzt.

    Die Protestgründe sind dabei vielfältig: Zum einen spielen sachliche, projektbezogene Kritik und Argumente eine Rolle. Aber eben auch das sogenannte NIMBY-Phänomen – Not in my Backyard. Hier sind die Bürger beispielsweise für die Energiewende – solange das Windrad oder die Stromtrasse nicht vor der eigenen Haustüre stehen. Auch das mangelnde Vertrauen in die Politik und die Projektverantwortlichen können zu heftigem Gegenwind und Protesten führen.

    Hinzu kommt oft eine falsche Kommunikation. „Zu spät, zu intransparent und von oben herab“, betont Prof. Dr. Frank Brettschneider vom Institut für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim.

    Freiwillige Kommunikation zahlt sich aus

    Die Studie der Universität Hohenheim und des österreichischen Beratungsunternehmen wikopreventk analysiert diese Kommunikationsprobleme von Bau- und Infrastrukturprojekten. Die Kommunikationsexperten haben dazu die Projektleiter von 97 Projekten – 35 davon in Österreich – mit einem Investitionsvolumen von 85 Milliarden Euro befragt.

    Knapp die Hälfte der Projekte kommt aus dem Bereich Verkehr (z.B. Bahntrassen, Autobahnen, Umgehungsstraßen), ein Viertel aus dem Energiesektor (z.B. Stromüberlandleitungen, Windenergieanlagen). 20 Prozent der Projekte sind im Bereich Stadtentwicklung angesiedelt (z.B. Sportstadien, Opern und Schauspielhäuser, Schwimmbäder) und neun Prozent im Bereich Landwirtschaft und Naturschutz (z.B. Schweinezuchtanlage, Hochwasserschutz, Naturschutzprojekte).

    „Eines der zentralen Ergebnisse: In fast drei Viertel der Projekte ist der Nutzen der freiwilligen Kommunikation größer als die Kosten dafür. Kommunikation und Beteiligung sind also nicht nur gesellschaftlich sinnvoll, sie zahlen sich auch für die Projektverantwortlichen aus“, sagt Prof. Dr. Frank Brettschneider.

    Freiwillig und transparent: Das kommt an

    Darüber hinaus hat die freiwillige Kommunikation in zwei Drittel der Fälle das Projekt auch positiv beeinflusst, erklärt Prof. Dr. Brettschneider weiter: „Die befragten Projektleiter gaben an, dass die Akzeptanz und das Vertrauen der Bürger gegenüber den Projekten gestiegen sind. Kritische Themen konnten dadurch frühzeitig gelöst werden. Auch wurde Gerüchten und Ängsten entgegengewirkt.“

    Die Hälfte der Projektleiter gibt an, dass die Einbindung aller wichtigen Gruppen die Diskussion versachlicht habe, 64 Prozent sagen sogar, dass die Akzeptanz gesteigert werden konnte.
    Am wichtigsten für den Kommunikationserfolg sind nach Ansicht der Projektleiter eine transparente Kommunikation (99 Prozent geben dies als wichtig an) und die eigene Glaubwürdigkeit (96 Prozent). „Dazu gehört auch, dass der Bauherr einhält, was er öffentlich verspricht“, sagt Prof. Dr. Brettschneider.

    Bei den eingesetzten Kommunikationsmaßnahmen ist die klassische Pressemitteilung (91 Prozent) meistgenutztes Mittel. Dann folgen Info-Veranstaltungen (83 Prozent), Pressekonferenzen (74 Prozent) sowie Visualisierungen (66 Prozent) und Projekt-Websites (65 Prozent).

    Konfrontationen vermeiden und sachliche Auseinandersetzung fördern

    Die Studie erbringe erstmals auch den wissenschaftlichen Nachweis, dass sich Beteiligung und Kommunikation für den Vorhabenträger auszahlt, so Prof. Dr. Frank Brettschneider. Bisherige quantitative Studien hätten in erster Linie auf die Zufriedenheit der Beteiligten bzw. der Öffentlichkeit abgestellt, nicht aber auf die Zufriedenheit der Investoren selbst.
    Viele Ergebnisse der Befragung würden die Erfahrungen aus der Praxis bestätigen, etwa dass die Kommunikationsmaßnahmen im Laufe des Projektes angepasst werden. „Der momentane Trend ist, dass frontale Formate und Großveranstaltungen verringert und persönliche Gespräche intensiviert werden“, erklärt Ulrich Müller, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens wikopreventk.

    Die Strategie dahinter: Konfrontationen und jedes Format, das starke Emotionen begünstigt, meiden und die sachliche Auseinandersetzung fördern. „Dazu passt auch, dass Social Media in der Kommunikation der Projektwerber so gut wie keine Rolle spielen“, sagt Müller.

    Beteiligung und Kommunikation gehen Hand in Hand

    Ein Drittel der Projekte ist aus Sicht der Projektleiter durch diese Beteiligung besser geworden: 31 Prozent sagen, dass die Expertise der Stakeholder Alternativen aufgezeigt bzw. das Projekt inhaltlich optimiert habe. Doch Ulrich Müller betont auch: „Ein Beteiligungsprozess alleine reicht aber nicht. Der Prozess muss auch durch Kommunikation nach außen verankert werden. Die Öffentlichkeit kann über die Legitimität des Vorgehens nur urteilen, wenn sie das Vorgehen kennt. Und wenn das Vorgehen als legitim angesehen wird, wird auch eher das Ergebnis des Beteiligungsprozesses akzeptiert.“

    Beteiligung und Kommunikation gehen für Brettschneider und Müller daher Hand in Hand: Beides müsse strategisch geplant werden. Laut der Studie hat nur die Hälfte der Projektträger ein vollständiges Kommunikationskonzept.

    Von der stolpernden zur dialogorientierten Kommunikation

    Das Fazit von Ulrich Müller: „Viele Projektwerber stolpern immer noch in die Kommunikation ihres Vorhabens. Das verwundert vor dem Hintergrund des ansonsten so hohen Professionalisierungsgrades.“

    „Mit durchschnittlich 0,1 Prozent des Projektvolumens liegt das Kommunikationsbudget weit unter dem vom Verein der deutschen Ingenieure (VDI) empfohlenen Wert von einem Prozent“, fügt Prof. Dr. Brettschneider hinzu, der zugleich Vorsitzender des VDI-Richtlinienausschusses für die Richtlinie 7001 („Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planung und Bau von Infrastrukturprojekte – Standards für die Leistungsphasen der Ingenieure“) ist.

    Der Kommunikationsexperte fasst zusammen: „Man kann gesellschaftlich tragfähige Lösungen finden. Aber das geht nicht ohne Kommunikation zwischen Bürgern, Verbänden, Initiativen, Projektleitern sowie Politik und Verwaltung. Die Legitimation von Bau- und Infrastrukturprojekten beruht nicht nur auf gesetzlich vorgeschriebenen, formalen Rechtsverfahren. Sie braucht auch eine frühzeitige und dialog-orientierte Kommunikation“.

    Kontakt für Medien
    Prof. Dr. Frank Brettschneider, Universität Hohenheim, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insbes. Kommunikationstheorie,
    T 0711 459 24030, E frank.brettschneider@uni-hohenheim.de

    Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
    https://www.uni-hohenheim.de/presse

    Text: C. Schmid


    Images

    Attachment
    attachment icon Studie

    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists
    Construction / architecture, Economics / business administration, Media and communication sciences, Traffic / transport
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).